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Kämpfernatur. Schauspieler Kida Khodr Ramadan.

© Eeva Fleig

"4 Blocks"-Star über das Kino in der Krise: "Ohne Corona wäre die Konkurrenz viel größer"

Der Thriller "Man from Beirut" startet exklusiv in Autokinos. Hauptdarsteller Kida Ramadan erklärt, warum er nicht über die Krise jammern will und wie es ist, mit der eigenen Tochter zu drehen.

Kida Khodr Ramadan, 43, ist Film- und Theaterschauspieler. Er trat seit 2003 in zahlreichen Produktionen auf. 2017 spielte er die Hauptrolle in der preisgekrönten Serie "4 Blocks", in der es um Mafiaclans in Berlin Neukölln geht. Ab Mittwoch ist er gemeinsam mit seiner Tochter Dunya im Thriller "Man from Beirut" zu sehen. Der Film wird aufgrund der geltenden Beschränkungen in der Coronakrise deutschlandweit in Autokinos gezeigt.

Herr Ramadan, wann waren Sie das letzte Mal im Autokino?
Als Teenager, da muss ich 15 Jahre alt gewesen sein. Ein Kumpel hatte Führerschein und ist gefahren. Wir haben einen amerikanischen Highschool-Film geguckt, an dessen Titel ich mich nicht mehr erinnern kann. Ich weiß aber noch, dass ich das Ganze ziemlich abgefahren fand: Du sitzt in einem Auto und guckst einen Film, irgendwie für dich, irgendwie aber auch nicht.

In Ihrem neuesten Film "Man from Beirut" spielen Sie einen blinden Auftragskiller und sind gleichzeitig Co-Produzent. Weil die Kinos derzeit geschlossen sind, startet der Film ab diesem Mittwoch in ausgewählten Autokinos. Eine Notlösung?
Ganz im Gegenteil, wir haben uns mit dem Team bewusst dafür entschieden. Was hätten wir auch tun sollen? Der Film ist fertig und die Leute sollen ihn sehen. Also haben wir das Beste aus der Situation gemacht. Vielleicht haben wir sogar Glück im Unglück.

Wie meinen Sie das?
Wer weiß, ob der Film unter normalen Umständen überhaupt sein Publikum gefunden hätte. Ohne Corona wäre die Konkurrenz riesig, da tritt man gegen fette Produktionen an, gegen die man mit einem kleinen Arthouse-Film keine Chance hat. Ich hatte mal gelesen, dass Sido ein Konzert in einem Autokino gibt. Ich dachte: eine echt geile Idee. Daraufhin habe ich zum Telefon gegriffen und angefangen herumzutelefonieren. Ich wollte nicht, dass der Film ungesehen im Archiv landet.  

In Deutschland gibt es aktuell knapp 50 Autokinos. Ist da eine lukrative Auswertung überhaupt möglich?
Ich glaube, man unterschätzt das. Die Autokinos haben zum Teil 1000 Stellplätze, und viele Stationen unserer Tour sind fast ausverkauft. Das ist schon krass. Aber mir geht es gar nicht darum, ob sich das rechnet oder nicht. Ich finde es einfach gut, etwas Neues ausprobieren, anstatt den Kopf in den Sand zu stecken. Unser Film startet als erster europäischer Film überhaupt im Autokino. Darauf bin ich stolz. 

Der Film spielt in Berlin, nur leider wird er hier nicht gezeigt werden können, weil es aktuell kein Autokino gibt. Ist das für Sie als Lokalpatriot nicht bitter?
Absolut, da blutet mir das Herz. Aber wie ich gelesen habe, soll in ein paar Wochen eins in Neukölln eröffnen. Vielleicht könnte der Film dann auch dort laufen.

Haben Sie es in Betracht gezogen, direkt auf ein Streamingportal zu setzen?
Nein, das behalten wir uns lieber für später vor. Der Film ist für die große Leinwand gemacht, deshalb soll er dort zuerst gezeigt werden. Es geht mir auch um die Message: Das Kino darf nicht sterben, egal was passiert.

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Streamingangebote haben derzeit einen enormen Zulauf, Sie könnten auf diesem Weg ein viel größeres Publikum erreichen.
Mag sein, aber ich glaube, die Leute haben langsam keinen Bock mehr, jeden Abend zuhause zu hocken. Die haben Netflix komplett durch und wollen mal wieder raus aus den eigenen vier Wänden, was erleben. Es ist eben was anderes, in ein Kino zu gehen und Filme auf einer großen Leinwand zu sehen, als daheim auf dem Sofa zu liegen und auf einen 13-Zoll-Monitor zu starren. 

In "Man from Beirut" spielt Ihre elfjährige Tochter Dunya zum wiederholten Male an Ihrer Seite. Können Sie ihr angesichts der aktuellen Situation noch ruhigen Gewissens zur Schauspielerei raten?
Ich werde ihr keine Vorschriften machen, egal in welche Richtung sie im Leben geht. Mal abgesehen davon, halte ich sie für ein großes Talent. In einer Szene musste ich ihr eine Waffe an den Kopf halten. Wie sie da gespielt hat, war so real, dass wir nach einem Take durch waren. Ich hätte die Szene auch nicht nochmal drehen können. Zu grausam. So was werde ich nie wieder in meinem Leben tun. 

Wie wird sich die Filmbranche Ihrer Meinung nach künftig verändern?
Ich denke, sie wird neue Wege finden, Geschichten zu erzählen und diese Geschichten an die Zuschauer zu bringen. Wir müssen einfach weiterkämpfen. Aufgeben ist keine Option. Da ist viel Flexibilität im Denken gefragt. Als “Narziss und Goldmund“ ...
… in dem Sie mitgespielt haben …
… wenige Tage nach dem Start von der Kinoschließung betroffen war, wurde er kurzerhand zum Kaufdownload angeboten. Da hilft kein Jammern, man muss einfach mit der Situation umgehen und reagieren.

So langsam wird auch wieder gedreht, in kleinen Teams und Sets, mit dem geforderten Abstand, die Darsteller machen ihre Maske selbst, solche Sachen. Da werden noch einige Veränderungen auf uns zukommen, die wir jetzt noch gar nicht abschätzen können, die aber enorme Auswirkungen aufs Filmemachen haben werden.

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