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Die Kreuzberger Bühne HAU

© Jürgen Fehrmann / HAU

15 Jahre HAU: Zukunftslabor Stresemannstraße

Internationalität als Markenzeichen: Das Kreuzberger Theaterhaus HAU feiert 15-jähriges Bestehen, das Hebbel-Theater wird 30.

Der 15. Geburtstag ist ja eigentlich eine scheußliche Sache. Man ist nicht mehr Kind, aber auch nicht erwachsen, die Party steht unter einem wenig zuträglichen Coolness-Zwang und die meisten Gäste wissen mit Alkohol nicht umzugehen. Es geht aber zum Glück auch anders. Die Mitten-in-der-Pubertät-Sause kann tatsächlich ohne Entgleisungen, grundernst und trotzdem ansteckend gut gelaunt über die Bühne gehen. Mit Luftballons, Laternen, knalllauter Musik, lustigen Kostümen und zwangloser Nacktheit. Das haben sie jetzt am HAU bewiesen, wo das 15. Jubiläum als Kombinat aus HAU 1, 2 und 3 anstand. Außerdem waren bei der Gelegenheit gleich noch 30 Jahre Hebbel-Theater und 30 Jahre Tanz im August mitzufeiern.

Wir erinnern uns: Anlässlich der 750- Jahr-Feier Berlins entdeckte Nele Hertling das zuvor von Konkursen und Leerstand gebeutelte, 110 Jahre alte Hebbel- Theater an der Stresemannstraße wieder (das heutige HAU 1) – und überzeugte den damaligen Kultursenator Volker Hassemer, aus dem Oskar-Kauffmann-Bau ein internationales Gastspielhaus zu machen. Mit Auftritten der Wooster Group, von Richard Foreman, Arbeiten von Robert Wilson und eben: viel Tanz aus aller Welt.

Hertling, von der moderierenden Gruppe Gob Squad entsprechend angekündigt als „Mother of HAU“, blickt auf die Anfangszeit mit dem schönen Satz zurück: „Wir haben uns in dieses Haus hineingearbeitet“. Ein ziemlich gravierender Unterschied zu den nicht selten seelenlosen Intendanz-Übernahmen der Gegenwart. Hertling erinnert sich auch, dass sie bei der Eröffnungsgala im Januar 1989, mit rotem Teppich quer über die abgesperrte Stresemannstraße, noch von der Berliner Presse angefeindet wurde. Weil sie in diesem Traditionstheater keine deutsche Kunst zeige. So ändern sich die Zeiten, möchte man sagen. Stimmt aber Politbarometer-mäßig leider nicht ganz.

Vanackere hält das Haus auf Erfolgskurs

Internationalität ist jedenfalls das Markenzeichen der Kreuzberger Bühnen geblieben. Forciert von Matthias Lilienthal, der 2003 die frisch geschmiedete Vereinigung aus HAU 1,2 und 3 übernahm und Menschen mit blau geschlagenen Augen plakatieren ließ. Motto: HAU rein. Eine Bewegtbilderschau, quer durch die Jahrzehnte, lässt im grellbunten Luftballon- Meer auf der Bühne auch diese berühmte Kampagne noch mal über die Leinwand ziehen. Der eigens aus München angereiste Lilienthal erhält für seine Verdienste um Kreuzberg und Neukölln stürmischen Applaus, was der Staatssekretär a.D. André Schmitz gerührt kommentiert: „Siehst du, Matthias, in Berlin wirst du geliebt!“

Bei der Gelegenheit erzählt Schmitz auch gleich, wie er Lilienthals Nachfolgerin Annemie Vanackere bei der ersten Begegnung in der Senatskanzlei erlebt hat: „Eine große, beeindruckende Gestalt, wallende schwarze Haare“, und wie er dachte: „Hoffentlich macht sie nie einen Deutschkurs!“ Okay, so ganz ohne Peinlichkeit kommt ein 15. Geburtstag halt doch nicht aus. Schwamm drüber. Fest steht, dass Annemie Vanackere seit 2012 das HAU bruchlos auf Erfolgskurs hält, mit einem wohlbalancierten Mix aus Kontinuität und Erweiterung.

Blick in die Zukunft

Das Festprogramm gibt einen guten Eindruck davon. Neben Gob Squad, die abwechselnd im Hippie-Gewand, Western-Dress oder nackt moderieren, sind Rimini Protokoll, She She Pop, Rabih Mrouè und Lina Majdalanie, Tamer Yigit und seine Band Haram (mit großartig gewitterndem Metal), Natasha A. Kelly und Kevin Sholar, Ligia Lewis, andcompany, Jeremy Wade und der Jugendclub des HAU als fest assoziierte Künstlerinnen und Künstler vertreten.

Angesichts dieser geballten künstlerischen Potenz der Gegenwart macht Annemie Vanackere in ihrer Festrede das einzig Richtige. Sie hält sich nicht lange in der Vergangenheit auf, sondern schaut in die Zukunft, ins Jahr 2033. Wo sie „ein voll finanziertes Produktionshaus“ erblickt. Außerdem die hinzugewonnenen Spielstätten „HAU 5, 6 und 7“. Schöne Aussichten.

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