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Er ist wieder da. Bald zumindest. Karl Ove Knausgård setzt sich in seinem letzten Band intensiv mit Hitler und seiner eigenen Poetologie auseinander.

© dpa

,Karl Ove Knausgård und der Fußball: Das reale Leben ist rund

Mit Karl-Ove-Knausgård-Büchern ist es im Moment wie mit Fußballspielen: Es gibt unwahrscheinlich viele davon. Eine Glosse

Das Schöne, Komplizierte und Tragische an so einer Fußball-Weltmeisterschaft wie der gerade in Russland stattfindenden ist, dass sie immer auch als gesellschaftliches Stimmungsbarometer dient, dienen muss. Mit dem, was auf dem Rasen passiert und drumherum, wird häufig gleich die ganze Welt erklärt oder wenigstens die politische und emotionale Lage der Länder, deren Mannschaften an der WM teilnehmen. Tragisch ist das deshalb, weil einerseits die Welt sich natürlich weiterdreht und wahnsinnig viel passiert.

Andererseits kann man aber auch das Gefühl bekommen, es gehe fünf lange Wochen um nichts anderes als Fußball, um das Stottern im Team der Deutschen beispielsweise, um Rudy statt Khedira und Reus statt Özil, ja, als stehe die Zeit endlich einmal richtig still.

Denn egal, was passiert – heute kommt wieder Fußball. Heute habe ich wieder keine anderen Sorgen, weil ich gucken muss, ob Marokkaner und Iraner noch die Kurve bekommen gegen Portugiesen und Spanier. Und weil es nun weiß Gott nichts Wichtigeres gibt als diese Mannschaften. Wer weiß, wie lange sie noch dabei sind, für was diese Spiele sonst noch gut sind? Der norwegische Schriftsteller Karl Ove Knausgård hat das so beschrieben: „Bei der Weltmeisterschaft gibt es viele solcher Spiele, die einigermaßen egal sind, schnell vergessen, die man sich aber trotzdem ansieht, denn es geht darum, bestimmte Dinge schon früh in einem Turnier zu erkennen; dieses Gefühl, einen großen Spieler zu entdecken zum Beispiel, der dann ,meiner‘ wird, oder von mir aus auch eine Mannschaft.“

In Knausgårds Briefen geht es nicht nur um Fußball

Schon wieder Knausgård, wird jetzt sicher die eine oder der andere denken. Lebt der auch? Oder schreibt der nur? Tatsächlich ist das mit Knausgård-Büchern im Moment wie mit Fußballspielen: Es gibt unwahrscheinlich viele davon. Kurz hintereinander sind gerade auf Deutsch die Jahreszeitenbände „Im Frühling“ und „Im Sommer“ erschienen, in denen der in Schweden lebende Norweger seiner jüngsten Tochter die Welt jenseits des Fußballs erklärt. Und Fußball-Fan, der selbst früher leidenschaftlich gespielt hat, ist er überdies. Weshalb Knausgård vor vier Jahren, während der WM in Brasilien, einen Briefwechsel mit seinem damals in Rio weilenden Freund und Kollegen Frederik Eklund geführt hat, der pünktlich zur Russland-WM unter dem Titel „Kein Heimspiel“ erschienen ist.

Natürlich geht es in diesen Briefen nicht nur um Fußball, die Spiele bilden mehr den narrativen Rahmen. So reflektiert Knausgård einmal sein eigenes Tun, um es sogleich zu hinterfragen: „Diejenigen, die in der Sprache und von der Sprache leben, glauben, dass der Kampf dort ausgetragen wird, aber so ist es nicht, er findet im realen Leben statt.“ Womit wir wieder zurück auf dem Rasen sind: Das reale Leben, das ist der Fußball.

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