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Dynamisch. Mittelständler sind angesagt in Korea, wie der Online-Versand Ggumddakji für trendige Paarkleidung, den das Paar Baek Eun-Joo (rechts) and Lee Sang-Jun (links) gegründet hat.

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Botschafter Kim Jae-shin im Interview: „Wir wollen den Dialog“

Koreas Botschafter Kim Jae-shin im Gespräch über Wirtschaft, Frauenpower und Nordkorea.

Der letzte Besuch eines koreanischen Präsidenten liegt drei Jahre zurück, der letzte Staatsbesuch neun Jahre. Was hat sich seither verändert?

Die Beziehungen sind stabil und wachsen verlässlich. Das Handelsvolumen beträgt 30 Milliarden Dollar. Deutschland ist Koreas größter Handelspartner in Europa und zugleich der zweitgrößte europäische Investor in Korea. Der Studentenaustausch blüht.

Wir sehen mehr koreanische Autos auf deutschen Straßen.

Ja, fünf Prozent der deutschen Autoimporte kommen inzwischen aus Korea.

Auch „Frauenpower“ verbindet. Koreas erste Präsidentin, Park Geun-hye, besucht die erste Kanzlerin. Wie verändert Koreas „Eiserne Lady“ den politischen Stil?

Frau Merkel und Frau Park kennen sich seit 2000. Damals waren beide in der Opposition. Frau Park ist eine starke Persönlichkeit. Sie hält sich an ihre Prinzipien, schwankt nicht und gewinnt so die Unterstützung der Bürger. Sie hat die zweithöchste Zustimmung aller Präsidenten.

Präsidentin Park hat „ökonomische Demokratisierung“ versprochen. Was heißt das?

Unsere Wirtschaft war lange von Großkonzernen dominiert. Sie möchte die kleinen und mittleren Unternehmen stärken und strukturell neben dem klassischen produzierenden Gewerbe die IT-Firmen fördern. Durch die Verbindung der beiden Branchen können viele neue Jobs entstehen. Daneben möchte sie die Sozialsysteme verändern, um den schwächeren Bürgern zu helfen.

Was erhofft sie von Deutschland?

Sie möchte mit Kanzlerin Merkel über den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen sprechen. Und sie trifft deutsche Unternehmer, um sie zu Investitionen in Korea zu ermuntern. Sie wird von vielen koreanischen Managern begleitet, die auf fruchtbare Kooperationen hoffen.

Dass Deutsche in Asien investieren, ist hierzulande bekannt. Über koreanisches Investment in Deutschland weiß die Öffentlichkeit wenig.

Der Besuch dient dem Ziel, koreanische Wirtschaftsbosse neugierig auf Deutschland und die Chancen hier zu machen. Mit 2,3 Milliarden Dollar sind koreanische Unternehmen die größten Investoren aus Asien in Deutschland.

In Handelsfragen ist die EU der Hauptansprechpartner. Die einzelnen Nationalstaaten haben aber weiter großen Einfluss. Wie geht Korea mit dieser doppelten Partnerschaft um und was kommt im politischen Alltag zuerst: die EU oder Deutschland?

Über Handel und andere vergemeinschaftete Fragen sprechen wir mit der EU, über bilaterale Themen mit Deutschland. Zum Bilateralen gehören freilich auch Wirtschaftsthemen: Präsidentin Parks „kreative Ökonomie“, die Stärkung des Mittelstands, die erneuerbaren Energien. Präsidentin Park besucht deutsche Betriebe, um sich das vor Ort anzusehen.

Kim Jae-Shin ist seit 2012 außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Republik Korea in der Bundesrepublik Deutschland.
Kim Jae-Shin ist seit 2012 außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Republik Korea in der Bundesrepublik Deutschland.

© pa/dpa

Korea schaut bei seinem Wunsch nach Wiedervereinigung auf Deutschland als Vorbild. Darüber wird Frau Park mit Bundespräsident Gauck sprechen. Wo stehen Süd- und Nordkorea auf diesem Weg?

Unsere Regierung unternimmt kontinuierliche Anstrengungen, um Frieden zwischen Süd- und Nordkorea zu erreichen und die Beziehungen zu verbessern. Es ist sehr bedauerlich, dass Nordkorea keine Resonanz zeigt und es keine besonderen Fortschritte gibt. Zwischen Ost- und Westdeutschland gab es vor der Wiedervereinigung in beschränktem Umfang Reiseverkehr. Zwischen Süd- und Nordkorea gibt es keinen solchen Austausch.

Zur Zeit der „Sonnenschein-Politik“ vor einem Jahrzehnt gingen die Kontakte weiter?

In den Beziehungen gab es viele Aufs und Abs. In Zeiten, in denen die Anspannungen ihren Höhepunkt erlebten, kam ein Dialog zustande. Und in Zeiten, in denen Gespräche geführt wurden, kam es zu einer Zuspitzung der Situation. Präsidentin Park Geun-hye treibt einen Prozess der Vertrauensbildung voran, um die brüchigen Beziehungen zwischen Süd- und Nordkorea weiterzuentwickeln. Kürzlich kam es nach langer Zeit wieder zu Familientreffen. Wir haben dem Norden vorgeschlagen, diese Treffen regelmäßig durchzuführen, aber der Norden verweigert das Gespräch darüber.

Was ist das nächste strategische Ziel?

Wir wollen intensiveren Dialog. Das größte Problem ist Nordkoreas nuklearer Ehrgeiz. Sie wollen Atomwaffenprogramme entwickeln. Wir versuchen sie davon abzubringen und bieten Wirtschaftshilfe an. Die Bevölkerung leidet unter dem Mangel an Nahrungsmitteln und Energie. Friedlicher Dialog ist der einzige Weg, aber selbst der ist manchmal schwierig. Präsidentin Park Geun-hye wird Dresden besuchen, um die Bedeutung der Wiedervereinigung zu zeigen, die mit Frieden und wirtschaftlicher Entwicklung einhergeht.

In Europa fürchten viele, dass es in Asien zu militärischen Konflikten kommen kann. 2012 führte Nordkorea die Region an den Rand eines Kriegs, es gab Feuergefechte. Jetzt ist der Streit um Inseln zwischen China, Japan und Korea ein Grund zur Sorge. Manche vergleichen die Zuspitzung mit der Lage in Europa vor dem Ersten Weltkrieg. Sind solche Ängste übertrieben?

Die Europäer reagieren nicht übernervös. Auch wir machen uns Sorgen über die Entwicklung. Die Nationen in Asien haben ihre Vergangenheit nicht überwunden. In letzter Zeit leugnet Japan die Geschichte und macht einen Rückschritt. Die Beziehungen zwischen Korea und Japan verschlechtern sich. Das ist schade. Lässt sich die Geschichte der Vergangenheit verändern, indem man seine eigenen Fehler der Vergangenheit abstreitet und seiner Verantwortung ausweicht? Wir setzen die regionale Kooperation dennoch fort und treffen uns regelmäßig auf Gipfeln der Asean und anderer Organisationen. Die EU ist dabei unser Vorbild. Der Weg ist noch weit, aber wir arbeiten daran. Durch Handel und Wirtschaft sind wir eng verbunden.

Die gegensätzlichen Geschichtsbilder sind das größte Problem und die gegenseitige ökonomische Abhängigkeit ist die größte Hoffnung oder jedenfalls die beste Rückversicherung?

Die Geschichtsbilder sind der schwierige Teil. Diese dornigen Fragen versuchen wir durch Konsultationen zu lösen. Japan ist für uns ein äußerst wichtiges Land. Wir möchten die Kooperation ausbauen.

Mit Botschafter Kim sprach Christoph von Marschall.

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