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Kommunalwahl

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Kommunalwahlen: "Die kümmern sich um die Alltagsprobleme der Menschen"

Es ist kein Geheimnis, dass Brandenburg ein politisches Problem am rechten Rand hat. Dennoch erschrecken die Zahlen. Ein Parteienforscher warnt, die NPD werde deutlich gestärkt aus den Kommunalwahlen am Sonntag hervorgehen.

Die Augen der politischen Beobachter richten sich an diesem Sonntag nach Bayern, wo ein neuer Landtag gewählt wird. Vergleichsweise unauffällig für den Rest der Republik verlief dagegen der Kommunalwahlkampf in Brandenburg.

Die Städte und Gemeinden des ostdeutschen Landes aber sind zugepflastert mit Wahlplakaten. In Potsdam etwa verschwindet mancher Mast hinter einem bunten Sammelsurium aller Gruppierungen - fast aller: Die Plakate der rechtsextremen DVU liegen meist am Boden. Trotz dieser offensichtlichen Abneigung im Wahlvolk gegen die DVU geht im Land die Sorge über das Abschneiden der rechtsextremen Parteien um.

Jeder zehnte Brandenburger verfügt über rechtsextremistische Einstellungen

2003 hielten sich die Erfolge von DVU und NPD noch in Grenzen. Die DVU, seit 1999 auch im Landtag vertreten, kam auf ein Prozent, die NPD auf ein halbes Prozent. Doch das war gestern und ist kein Grund zur Entwarnung, sagen die Politiker der anderen Parteien sowie der Verfassungsschutz. Eine Umfrage hatte im Januar ermittelt, dass die NPD in Bundesländern wie Brandenburg unter Jungwählern auf mehr als 12 Prozent der Stimmen kommen könnte.

Die Einschätzung wird von jüngsten Erhebungen gestützt. Demnach haben rund zehn Prozent der Brandenburger rechtsextremistische Einstellungen, sagt der Berliner Parteienforscher Oska Niedermayer. 30 Prozent der Befragten sprechen sich dafür aus, Ausländer in ihre Herkunftsländer abzuschieben, wenn die Jobs in Deutschland knapp sind. Jeder vierte stimmt zu, dass es wertvollere und minderwertigere Menschen gebe.

Trotz Warnungen vom Verfassungsschutz strömen den Braunen Kandidaten zu

Unablässig warnten denn auch Parteien und Verfassungsschutz, dass die NPD die Kommunalwahlen als Test für die Landtagswahl in Brandenburg in einem Jahr sehe. Mit Unterstützung der Landesverbände Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern - dort ist die NPD in den Landtagen vertreten - solle ein besonders gutes Ergebnis erzielt werden. Das wäre dann auch das Ende des sogenannten Deutschland- Pakts, wonach sich DVU und NPD nicht in die Quere kommen wollen, meinen Experten.

Doch offensichtlich hatten die beiden rechtsextremen Parteien Probleme, genügend Kandidaten zu finden. Die DVU, die außerhalb des Landtags fast nur mit Plakaten in Erscheinung tritt, stellt 72 Kandidaten, die NPD 49. Zum Vergleich: Allein für die Kreistage gibt es mehr als 4400 Kandidaten. Da schien es DVU und NPD sinnvoller, Brandenburg aufzuteilen. Nur im Kreis Oder-Spree treffen beide aufeinander.

Der nette junge Mann von nebenan

Für einen Aufschrei sorgte zuletzt die Kandidatur eines Mannes für die NPD in Guben (Spree-Neiße), der für den Tod des Asylbewerbers Omar Ben Noui verurteilt worden war. Der 28-jährige Asylbewerber Farid Guendoul alias Omar Ben Noui war in der Nacht zum 13. Februar 1999 in Guben auf der Flucht vor rechten Schlägern in Panik durch die Glasscheibe einer Haustür gesprungen und verblutet. Der NPD-Kandidat, Jahrgang 1979, saß zwei Jahre ab und will nun in den Kreistag und in das Stadtparlament. Seine Partei spricht von "Resozialisierung". Derweil ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen Körperverletzung.

"Die NPD hat in Brandenburg keine Ressourcen", sagt Niedermayer. In Guben "Verbrecher" aufzustellen, sei ein schwerer Fehler gewesen. Dennoch bleibe die Partei gefährlich, denn sie wolle langfristig ein Bundesland nach dem anderen erobern. Das Prinzip sei immer das gleiche: "Die kümmern sich um die Alltagsprobleme der Menschen, veranstalten Fußballturniere und Jugendfreizeiten." Experten befürchten zudem, dass viele vermeintlich parteilose Kandidaten sich erst nach dem Wahltag als NPD-Anhänger zu erkennen geben.

Matthias Benirschke[dpa]

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