zum Hauptinhalt
Vizepräsidentin für Internationales: Professorin Verena Blechinger-Talcott.

© Bernd Wannenmacher

Internationale Universitätsallianz: Europa rückt zusammen

Das länderübergreifende Hochschulnetzwerk Una Europa nimmt Fahrt auf. Ein Gespräch mit Professorin Verena Blechinger-Talcott, Vizepräsidentin der Freien Universität, über die Allianz.

Von Carsten Wette

Acht renommierte europäische Hochschulen, fünf Millionen Euro – ein Ziel: Im Juni 2019 erhielt die Universitätsallianz Una Europa den Zuschlag für Fördermittel der Europäischen Kommission für die Vertiefung der Zusammenarbeit. Der Zusammenschluss aus Freier Universität Berlin, Alma Mater Studiorum Università di Bologna, University of Edinburgh, Helsingin Yliopisto, Uniwersytet Jagiellonski w Krakowie, KU Leuven, Universidad Complutense de Madrid und Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne wurde als eines von 17 Konsortien in der ersten Runde ausgewählt, in der zweiten Runde kamen 2020 noch 24 Netzwerke hinzu. Die Allianzen sollen die Qualität der europäischen Hochschulbildung verbessern und die Zusammenarbeit zwischen den Einrichtungen, ihren Studierenden sowie Beschäftigten fördern. Anfang dieses Jahres trat eine neunte Hochschule dem Verbund Una Europa bei: die Universität Leiden.

Frau Professorin Blechinger-Talcott, hatten Sie 2019 mit dem Erfolg gerechnet?
Ja, und zwar vor allem deswegen, weil sich in unserem Netzwerk herausragende Universitäten zusammengefunden haben. Wir haben vor der Antragstellung eine gemeinsame Rechtsgrundlage geschaffen, indem wir uns als Verein nach belgischem Recht konstituiert haben.

Zur Allianz zählen Universitäten aus allen Teilen Europas – und mit der University of Edinburgh infolge des Brexit sogar eine außerhalb der EU. Was sind für Sie die wichtigsten Gemeinsamkeiten aller Partner?
Am wichtigsten ist sicherlich, dass alle in ihren Ländern zu den besten und forschungsstärksten Universitäten zählen. Zudem prägen sie die jeweilige Universitätslandschaft: die Freie Universität etwa durch ihre besondere Geschichte in Zeiten des Kalten Krieges und der deutschen Teilung, andere Partner gehören zu den ältesten Einrichtungen in ihren Ländern oder sogar weltweit – mit langer Geschichte und Tradition. Darüber hinaus sind praktisch alle Einrichtungen große Volluniversitäten, mit einem breiten Fächerspektrum und vielen Studierenden.

Im Januar konnten Sie ein neues Mitglied begrüßen. Wie kam es dazu?
Seit ein paar Monaten gibt es sehr viel Bewegung in den europäischen Allianzen, weil die EU-Kommission die Förderkriterien für die Folgeausschreibung geändert hat. Verbünde, die mindestens neun Mitglieder aus der EU haben, können pro Partner deutlich mehr Mittel einwerben. Das hat dazu geführt, dass fast alle Allianzen dabei sind, weitere Partner aufzunehmen. Auf direktem und indirektem Wege haben sich auch bei Una Europa mehrere Unis sozusagen beworben. Mit der Universität Leiden, die sich vorher in einer anderen Allianz engagiert hat, haben wir eine wirklich tolle Hochschule hinzubekommen. Voraussichtlich werden wir bald noch einen oder zwei weitere Partner aufnehmen.

Welche inhaltliche Ergänzung der Allianz bringt der Neuling?
Leiden ist die älteste Universität der Niederlande, gehört dem Ranking von Times Higher Education zufolge wie die Freie Universität und einige der anderen Una-Unis zu den 100 besten der Welt. Sie ist besonders stark in den Rechts-, Sozial- und Geisteswissenschaften sowie in den Regionalstudien. Es gibt Anknüpfungspunkte nahezu in allen Themenbereichen, in denen die Una-Partner schon kooperieren.

In welchen Fächern kooperieren die Partner?
Im ersten Antrag hatten wir vier Themen festgelegt, in denen wir besonders eng zusammenarbeiten wollten: Europäische Studien, Nachhaltigkeit, Kulturelles Erbe sowie Data Science & Künstliche Intelligenz. Später kam als fünftes Thema auf Initiative von Forschenden „One Health“ dazu, also ein Ansatz, in dem man transdisziplinär im Bereich öffentliche Gesundheit und Gesellschaft zusammenarbeitet.

Welchen Nutzen hat der Zusammenschluss für die Mitglieder und Studierenden der Hochschulen?
Unser größter Erfolg ist sicherlich der neue Bachelor-Studiengang „European Studies“, der zum kommenden Wintersemester startet. Er wird von vier der Partnerinstitutionen angeboten, wobei die anderen fünf als Mobilitätspartner den Studiengang unterstützen. Für Studierende gab es weitere Angebote: Während der Pandemie hat Una Europa etwa Hackathons zu gesellschaftlichen Themen angeboten, die sehr gut angenommen wurden. Auch haben wir spontan die Möglichkeit geschaffen, dass Studierende an ausgewählten Kursen der anderen Unis teilnehmen und dort auch Leistungspunkte erwerben konnten. Wir hatten aber auch Erfolge in der Promotionsausbildung, in der es jetzt etwa ein gemeinsames Doktorandenprogramm zum kulturellen Erbe gibt; es gibt gemeinsame Weiterbildungen wie „Staff Weeks“ für Mitarbeitende aus bestimmten Bereichen, Kongresse für Studierende sowie mehr als 30 geförderte grenzübergreifende Forschungsprojekte.

Die EU-Kommission verfolgt mit der Förderung der Konsortien den Anspruch, einen europäischen Bildungsraum bis 2025 zu schaffen. Ein Luftschloss?
Einen einheitlich geregelten Bildungsraum wird es bis 2025 in Europa definitiv nicht geben, den gibt es ja schon in Deutschland nicht. Aber zweifelsohne werden durch die bloße Existenz und die ambitionierten Pläne der europäischen Netzwerke Fragen aufgeworfen und Ansprüche geweckt, auf die demnächst auch Antworten gefunden werden müssen. Was uns antreibt, ist das Ziel einer wirklich einfachen und grenzüberschreitenden Mobilität für unsere Studierenden, für die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und überhaupt für alle Uniangehörigen. Daran arbeiten wir mit großer Leidenschaft, über Ländergrenzen hinweg.

Infos unter: www.una-europa.eu

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false