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Arztbrief: Trommelfell-Operationen

Unser Experte Parwis Mir-Salim ist Chefarzt der HNO-Abteilung im Vivantes Klinikum im Friedrichshain. Die Klinik ist das von niedergelassenen HNO-Ärzten Berlins für die stationäre Trommelfell-Operation am häufigsten empfohlene Krankenhaus (Ärzteumfrage 2015 von Tagesspiegel und Gesundheitsstadt Berlin).

ERKLÄRUNG Unserem Trommelfell kommt eine wichtige Rolle in der Schallleitung zu, gleichzeitig grenzt es unser Innenohr von der Außenwelt ab. „Ist das Trommelfell nicht mehr intakt, kann eine Operation notwendig werden“, sagt Parwis Mir-Salim, HNO-Chefarzt im Vivantes Klinikum im Friedrichshain. „Damit wollen wir gewährleisten, dass es wieder richtig schwingen kann, und verhindern, dass Fremdkörper wie Wasser oder Bakterien von außen tiefer ins Ohr gelangen.“

Schallwellen werden über die Ohrmuschel (1) und den äußeren Gehörgang (2) bis zum Trommelfell (3) geleitet. Dessen Schwingungen bewegen die Gehörknöchelchen (4), wodurch Vibrationen die Hörschnecke und den Hörnerven (5) im Innenohr erreichen.
Schallwellen werden über die Ohrmuschel (1) und den äußeren Gehörgang (2) bis zum Trommelfell (3) geleitet. Dessen Schwingungen bewegen die Gehörknöchelchen (4), wodurch Vibrationen die Hörschnecke und den Hörnerven (5) im Innenohr erreichen.

© Fabian Bartel

SYMPTOME Ist das Mittelohr unzureichend belüftet und der Abfluss von Sekreten verhindert, kann es verstopfen. Dann folgen nicht selten schmerzhafte Mittelohrentzündungen. Doch nicht immer tun Trommelfelldefekte weh - sie können sich auch schmerzlos bemerkbar machen, etwa dadurch, dass Betroffene mit der Zeit schlechter hören, ihnen Flüssigkeit aus dem Gehörgang suppt oder dass das entzündete Ohr unangenehm zu riechen beginnt. „Wenn ein geschädigtes Trommelfell bereits Folgeschäden verursacht und umliegende Bereiche in Mitleidenschaft zieht, klagen die Patienten beispielsweise auch über Schwindel“, sagt Chefarzt Mir-Salim. Das liegt daran, dass sich im Innenohr auch unser Gleichgewichtsorgan befindet. In fortgeschrittenen Fällen, die bereits die knöchernen Bestandteile betrifft, seien außerdem Komplikationen wie eine Gesichtsnervenlähmung, Hirnhautentzündung oder eine eitrige Entzündung des Warzenfortsatzes hinter der Ohrmuschel möglich.

URSACHEN Besonders bei Kindern liegt die Ursache oft bei den Rachenmandeln, wenn diese durch eine Infektion anschwellen und die Eustachie_SSLqsche Röhre - den Belüftungsgang zum Mittelohr - verschließen. Aber auch bei Erwachsenen kann diese Belüftung zwischen dem Nasenrachenraum und dem Mittelohr gestört sein. „Dadurch kommt es oft zu Mittelohrentzündungen, bei denen Eiter das Trommelfell durchbricht und nach außen gelangt“, sagt Mir-Salim.

Oftmals verheile die Membran dann zwar von allein, manchmal blieben jedoch Perforationen, also Löcher, darin zurück. Aber solche Verletzungen kann man dem Trommelfell auch von außen zufügen: etwa wenn man sich mit einem Wattestäbchen zu weit ins Ohrinnere wagt und damit das Trommelfell durchsticht.

Ob von außen oder von innen: Diese eigentlich nicht vorgesehenen Öffnungen verursachen Probleme. Denn ist die Barriere zwischen Außen- und Mittelohr langfristig aufgehoben, können sogenannte Plattenepithelzellen, die sich normalerweise im äußeren Gehörgang befinden, in die Paukenhöhle, den Hohlraum mit den Gehörknöchelchen, einwachsen, wo sie eigentlich nicht hingehören. Die flachen Plattenepithelzellen bilden an vielen Stellen im Körper die oberste Schicht von Geweben und liegen wie eine Pflasterung aneinander. Breiten sich diese Zellen in den normalerweise von einer Schleimhautschicht überzogenen Mittelohrräumen aus, gibt es Probleme. Denn durch die Pflasterung wird der natürliche Sekretabfluss gestört und ein chronischer Entzündungsprozess in Gang gesetzt. „Eine chronisch-eitrige Infektion droht, die schließlich sogar auch knöcherne Anteile des Ohres befallen und zerstören kann.“ Mediziner sprechen dann von einem Cholesteatom.

DIAGNOSE „Allen Patienten schauen wir mit einem Mikroskop ins Ohr, um es von innen beurteilen zu können“, sagt Mir-Salim. Mit einer Stimmgabel prüft der HNO-Arzt, ob Hörprobleme an einer gestörten Luft- oder Knochenleitung liegen. Außerdem werden noch spezielle Hörtests durchgeführt: „Bei Kindern misst eine Sonde die Trommelfellbeweglichkeit automatisch, bei Erwachsenen führen wir zusätzlich Tests durch, die so viel Mitarbeit des Patienten erfordern, dass sie für die meisten Kinder zu kompliziert sind.“ Mit diesen Tests lassen sich noch einzelne Ton- und Sprachschwellen erfassen.

THERAPIE Liegt die Ursache der Mittelohrerkrankung bei der vergrößerten Rachenmandel, ist in der Regel bei Kindern unter zwei Jahren ein Krankenhausaufenthalt erforderlich. Sollte sich nur Flüssigkeit hinter einem intakten Trommelfell angesammelt haben, so wird in einem Eingriff zuerst das Trommelfell behandelt und anschließend die Rachenmandel entnommen. Mit einem Skalpell führt der Chirurg eine Parazentese durch, das heißt, er sticht ein winziges Loch in das Trommelfell - in einem frühen Stadium reicht bereits eine Punktierung aus. Dadurch wird das Trommelfell entlastet, das Mittelohr wieder besser belüftet und die Entzündung kann abheilen. Erfolgt die Behandlung jedoch zu spät, wird das Sekret zu dickflüssig. Dann muss eine Paukendrainage, ein Röhrchen aus Titan, in das Trommelfell eingebaut werden. „Durch die Öffnung in dem Röhrchen gelangt Luft ins Mittelohr und der Schleim kann abfließen“, sagt HNO-Operateur Mir-Salim. Damit wird verhindert, dass der Schnitt schon nach wenigen Tagen wieder verwächst. Nach mehreren Monaten fällt das Röhrchen in der Regel von selbst heraus.

Nach dem Trommelfellschnitt entnimmt der Chirurg die Rachenmandel. Sie wird mit einem löffelähnlichen Instrument abgetragen. Komplikationen sind dabei sehr selten und Schmerzen nach der Behandlung eher nur kurz anhaltend. Solange das Trommelfell mithilfe eines Röhrchens offengehalten wird, dürfen die Kinder nur mir Ohrstöpseln baden.

Liegt bereits eine chronische Mittelohrentzündung oder ein Cholesteatom vor, kann den Betroffenen mit einer sogenannten Trommelfellplastik geholfen werden: Die dafür nötige OP führen HNO-Ärzte meist minimalinvasiv durch. Sie arbeiten hierbei mit winzigen Instrumenten bei nur kleinen Schnitten. Für die Plastiken selbst bedienen sie sich üblicherweise kleiner Stücke Knorpel aus der inneren Ohrmuschel. „Knorpelgewebe ist sehr elastisch und gleichzeitig sehr stabil“, sagt Mir-Salim. Daher sei es ein idealer Ersatz für ein kaputtes Trommelfell. Bedeckt mit Knorpelhaut, die anwächst und das Konstrukt schützt, können Operateure so heute zerstörte Trommelfelle wiederherstellen.

Die Redaktion des Magazins "Tagesspiegel Kliniken Berlin 2016" hat die Berliner Kliniken, die diese Erkrankung behandeln, verglichen. Dazu wurden die Behandlungszahlen, die Krankenhausempfehlungen der ambulanten Ärzte und die Patientenzufriedenheit in übersichtlichen Tabellen zusammengestellt, um den Patienten die Klinikwahl zu erleichtern. Das Magazin kostet 12,80 Euro und ist erhältlich im Tagesspiegel Shop.

Leonard Hillmann

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