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Von Spardose bis Türöffner. Was ein Tennisball noch alles kann, außer Sportgerät zu sein.

© Illustration: Hau Le

Wozu Tennisbälle noch gut sind: Ganz großer Sport

Profis hauen sich die gelben Filzbälle mit mehr als 200 Stundenkilometern um die Ohren. Doch die praktischen Kugeln können noch viel mehr.

Läuse, Hüte, Mauscheleien. Filz hat keinen guten Ruf. Außer, er ist kugelrund und gelb. Ob auf dem Rasen von Wimbledon, dem Sand des französischen Grand-Slam-Turniers oder wie jetzt wieder auf dem Hartplatz der Australian Open – der Tennisball bleibt stets gleich umwickelt. Versuche im 19. Jahrhundert mit Flanell hatten sich nicht bewährt, der machte stattdessen modisch Karriere als Hose und an Menschen, die entweder Holz mit der Axt oder Businesspläne in ihre mit Stickern beklebten Macbooks hacken.

Filz hat drei für den Tennissport attraktive Eigenschaften: Er schützt den hohlen Gummikern vor Verschleiß, lässt den Ball weniger heftig auftupfen und ruhiger fliegen. Wobei ruhig nicht gleich langsam ist. Den schnellsten im Tennis je gemessenen Aufschlag schlug Sam Groth 2012 mit nicht weniger als 263 Stundenkilometern.

Die Farbe verdankt der Ball dem Fernsehen. 1972 wurde festgelegt, dass er in der Regel gelb zu sein habe, weil das bei TV-Übertragungen am besten zu sehen sei. Nur Wimbledon zog zunächst nicht mit, noch bis 1986 galt dort die Regel, der Ball müsse weiß sein.

Noch mehr Vorschriften hat der Internationale Tennisverband ITF festgelegt: Der Ball muss mindestens 56 und höchstens 59,4 Gramm wiegen, der Durchmesser liegt zwischen 6,54 und 7,3 Zentimetern. Es gibt präzise Parameter, wie das Gummiteil im Innern beschaffen sein muss und wie etwa die Sprunghöhe zu sein hat.

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Schätzungen zufolge liegt Tennis auf Platz vier der weltweit beliebtesten Sportarten mit etwa einer Milliarde Fans – nach Feldhockey, Cricket und Fußball. Und so werden laut Wikipedia jedes Jahr bis zu 240 Millionen Tennisbälle hergestellt. Was man mit denen außer Sport noch so anstellen kann, dazu gibt es im Internet mehr Tipps und Tutorials als Pannenvideos von Balljungen und -mädchen. Wir haben sie gesammelt. Von ein Ball (Netzball) bis fünf Bälle (Ass).

Nr. 1 Masseur
Fast schon ein Klassiker und hilfreich bei Verspannungen, wenn gerade mal weder Partner oder Partnerin noch ein Physiotherapeut in der Nähe sein sollten. Einfach zwischen Wand und Rücken klemmen und sich schubbern wie Baloo der Bär an einem Baum. Einige schwören sogar darauf, dass eine Massage der Fußsohlen (draufstellen!) gegen Kopfschmerzen helfen soll.

Nr. 2 Spardose
Auch für untalentierte Bastler machbar: Wer einen Schlitz in den Ball schneidet, kann darin zum Beispiel Schmuck, Taschengeld oder die Urlaubskasse lagern. Für Letzteres aber nur mit großen Scheinen geeignet, mit Münzen bräuchte man schon einige Bälle. Zwischen verschwitzten Schuhen auch unscheinbar und unattraktiv für Einbrecher. Bloß nicht versehentlich mit zum nächsten Training nehmen, sonst droht beim ersten Aufschlag ein dekadenter Konfettiregen.

Nr. 3 Verstärker
Den Tennisball halbieren, knapp unterhalb der Schnittkante einen weiteren Schlitz einschneiden. Dort nun das Smartphone oder Tablet mit der Ecke einstecken, an der sich der Lautsprecher befindet. Die Halbkugel sollte mit der offenen Seite zum Hörer gerichtet sein. Die Form lenkt den Schall nun in dessen Richtung. Eher was für Bastelfreunde oder als Notlösung für einen Grillabend im Park als für Audiophile.

Nr. 4 Tassenhalter
Wer mehr schnibbelt, bekommt mehr Möglichkeiten an die Hand. Einen breiten Streifen ausschneiden, der hilft gleich doppelt. Zum Beispiel beim sonst mühsamen Öffnen von Gurkengläsern. Das Gummi gibt guten Halt auf der glatten Deckel-Oberfläche, der Filz festen Griff für die Finger. Auch einsetzbar, um heiße Teetassen anzufassen, ohne sich zu verbrennen. Zugegeben: Man könnte die Tasse einfach am Griff halten und fürs Gurkenglas ein Trockentuch nehmen.

Nr. 5 Putzlappen
Der Umzug ist erledigt, das teure Eichenparkett liegt, die Einweihungsparty ist gerade vorbei. Und am nächsten Morgen sieht man die Spuren der Tanzeskalation zur 90er-Playlist. Alles voller schwarzer Streifen. Simpler, aber effektiver Haushaltstipp: Mit einem Tennisball lassen sich die Verfärbungen wegschrubben. Geht angeblich auch mit einem Radiergummi, das macht jedoch Krümel. Was auch hilft: Einfach den Gästen Tennisbälle auf die Absätze stopfen, freut obendrein die Nachbarn von unten. Keine Haftung bei verstauchten Knöcheln.

Harvey Weinstein erscheint zum Prozessauftakt mit einem Rollator. Darunter klemmen zwei Tennisbälle.
Harvey Weinstein erscheint zum Prozessauftakt mit einem Rollator. Darunter klemmen zwei Tennisbälle.

© Reuters

Nr. 6 Gleitschutz
Als Harvey Weinstein neulich zum Prozessauftakt vor Gericht erschien, stützte er sich auf einen Rollator. Und auf den Füßen der Gehhilfen steckten: aufgeschlitzte Tennisbälle. Vielleicht für besseren Halt, vielleicht hatte er auch gerade neues Laminat in seiner Villa verlegt und wollte es nicht zerkratzen (siehe oben). Es bleibt der schauderhafte Eindruck, dass der Filmproduzent sich offenbar mehr um Bodenbeläge als um seine Mitmenschen sorgt. Praktisch ist die Idee trotz allem, funktioniert auch gut bei Stühlen und Tischen.

Nr. 7 Tankhilfe
Es scheint Menschen zu geben, die Tanken als schwere Last empfinden. So hat sich jemand überlegt, man könne doch prima einen Tennisball in den Griff der Zapfpistole klemmen, damit Diesel und Benzin von allein weiterlaufen. Immerhin können auf die Weise erfahrene Verkehrsteilnehmer jungen Fahranfängern an Säule 3 knallgelb signalisieren: Ich weiß mir zu helfen. Wenn auch unnötig umständlich.

Nr. 8 Waschmittel
Online und im gut sortierten Drogeriemarkt gibt es für knapp 15 Euro ein Viererset „Wäschebälle“. Ein praktischer Haushaltshelfer, der in Waschmaschine und Trockner dabei helfen soll, Daunenjacken fluffig zu halten. Tennisbälle sind deutlich günstiger und leisten das Gleiche. Einfach zwei oder drei von ihnen mit dem Wintermantel in die Maschine werfen. Die Bälle sorgen dafür, dass die Federn (Achtung, nicht verwechseln mit Federer!) durch die Feuchtigkeit nicht verkleben, so bleibt die Jacke flauschig.

Nr. 9 Türöffner
In Filmen hat man es schon häufig gesehen, selbst der „Spiegel“ schrieb 1992, der Trick würde funktionieren. Wer ein Auto öffnen will, ohne im Besitz des Schlüssels zu sein, nimmt einfach einen Tennisball. Ein Loch reinbohren und kräftig vors Schloss drücken. Angeblich klappt das bei älteren Modellen, deren Verriegelung mit Unterdruck funktioniert. Solide belegt ist das allerdings nicht. Mindestens aber bei neueren Modellen, die ab Mitte der 90er Jahre gebaut wurden, ist das unmöglich. Da könnte man genauso gut versuchen, das Seitenfenster mit dem Tennisball einzuwerfen.

Nr. 10 Helmersatz
Scharfe Kanten an Kommoden und Co. können für Kleinkinder schmerzhaft werden, gerade dann, wenn die ihre ersten Ausflüge unternehmen und der Kopf sich auf Höhe der Tischplatte befindet. Man muss ja nicht gleich die Ecken rund schleifen, zumal Tochter und Sohn schnell aus dieser kurzen Episode rauswachsen. Ein aufgeschnittener Tennisball, der auf die Kante gestopft wird, schützt genauso effektiv vor Beulen. Auch praktisch, um Möbel bei Umzügen vor Macken zu schützen. Der Trick ist artverwandt mit dem wohl prominentesten Einsatz von Tennisbällen abseits des Center-Courts: Als Schutz für die Anhängerkupplung verhindert er, dass die neue, beige Cargohose von Papa beim Wochenendeinkauf mit Schmierfett eingesaut wird, wenn der Caravan gerade nicht hinterm VW Kombi hängt.

Nr. 11 Poolreiniger
Wer kennt das nicht? Da räkelt man sich genüsslich unter der Berliner Sonne, gut eingecremt gegen Sonnenbrand, und springt anschließend zur Erfrischung in den hauseigenen Pool. Ein typisches Ärgernis: Sonnenmilchspuren, die sich auf der Wasseroberfläche bilden. Ein paar Tennisbälle, die im Becken schwimmen, helfen. Sie saugen den Schmutz auf. Je nach Größe des Pools bräuchte man davon allerdings einige, um einen Effekt zu erzielen. Und dann kann man auch gleich ein Bällebad aufstellen. Anders als beim Daunenjackentipp lohnt es sich also, zum Tausende Euro teuren Becken ein paar Scheine mehr für eine Reinigungsanlage zu investieren. Zur Erinnerung: Die stecken, siehe oben, im Tennisball.

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