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So flitzt unser Autor gerne durch die Stadt - das Bild zeigt allerdings einen anderen Rollerfahrer.

© imago images/Westend61

Warum ich E-Scooter fahre: Sieht peinlich aus, ist aber sehr praktisch

Elektroroller verschandeln die Stadt? Unser Kolumnist findet ein anderes Verkehrsmittel viel schlimmer – und erklärt, warum er auf E-Scooter(n) steht.

In meiner vorigen Kolumne habe ich etwas über Lastenräder geschrieben. Sie wissen schon, diese fahrenden Kisten. Eigentlich war es fast nur ein Nebensatz, hauptsächlich ging es in dieser Kolumne eigentlich darum, dass ich ziemlich viel peinliche, entwürdigende oder lästige Dinge mache, um meinem Sohn einen gute Kindheit zu ermöglichen. Oder ihn zumindest am Leben zu halten.

Und dann erwähnte ich eben noch beiläufig, dass ICH (!) PERSÖNLICH (!!) nicht allzu gerne auf einem Lastenrad durch Berlin fahren würde. Doch leider hat sich die Diskussion ein bisschen auf diese Aussage versteift. Der Tenor war ungefähr: Wittkamp will Lastenräder abschaffen.

Die Folge war ein heftige Debatte. In den Kommentaren online, in den sozialen Medien natürlich – aber auch auf der Straße wurde ich auf den Text angesprochen. Dabei ist das Lastenrad meiner Meinung nach überhaupt nicht das peinlichste Fortbewegungsmittel, das es gibt. Dafür wurde schließlich das Stand-up-Paddeln erfunden. Vom Liegerad ganz zu schweigen.

Wie auch immer: Ich möchte in dieser Sache nicht mehr weiter … nun ja … nachtreten. Vielmehr möchte hier an dieser Stelle gerne ein Friedensangebot unterbreiten: Ich sage fortan nichts schlechtes mehr über Lastenräder. Vielleicht probiere ich es demnächst sogar mal selbst aus. Ich habe ohnehin keine Lust mehr auf Sex.

Heute hingegen soll es um ein ganz anderes Verkehrsmittel gehen: den E-Scooter! Sie wissen schon, die grünen oder roten Dinger, die überall und ständig auf dem Gehweg herumliegen und stehen. Das Motorrad des kleinen Mannes. Die einzige Sache, nach der man im Landwehrkanal noch ernsthaft angeln kann.

Ist die Batterie leer, werden sie einfach liegengelassen

Dass die Dinger überall herumliegen und – sagen wir – nicht immer vollkommen ordnungsgemäß aufgestellt werden, ist natürlich ein Ärgernis. Allein bei uns im Hauskomplex vegetieren derzeit ungefähr vier Scooter einfach so herum. Auf den Gehwegen. Zwischen den Büschen. Im Eingangsbereich.

Tagesspiegel-Kolumnist Peter Wittkamp.
Tagesspiegel-Kolumnist Peter Wittkamp.

© Peter von Felbert

Das liegt unter anderem daran, dass die Kids relativ schnell herausgefunden haben, wie man sie knacken kann. Also kostenfrei und leicht illegal „mieten“. Leider ist die Batterie dann irgendwann leer und das ganze Gerät damit unnütz. Also werden sie einfach liegengelassen.

Wenn man sie hingegen aufgeladen und fahrend sieht, fällt etwas zusätzliches auf: Obwohl kein Helm dabei ist, können sie ganz schön flott werden. Allzu sicher sieht das nicht immer aus.

Wie der Besitzer einer Großraumdisko, der den Gästen was bieten will

Aber wissen Sie was das Schlimmste an den Dingern ist? Ich liebe es, ab und an damit zu fahren. Und ich sehe mit meinen 1,93 Metern Körpergröße auf dem fahrenden Meter definitiv peinlicher als jeder Lastenradfahrer aus – aber es macht eine Menge Spaß. Außerdem ist es sehr praktisch.

Umgestürzte E-Roller liegen auf einem Gehweg in Berlin.
E-Roller auf dem Gehweg.

© imago images/Jochen Eckel

Ich bewege mich ausschließlich zu Fuß, mit dem Taxi oder – aus alter Verbundenheit – mit der BVG durch Berlin. Aber manchmal gibt es Strecken, die perfekt für den Roller sind. Zu lang zum Gehen, zu kurz für ein Taxi und nicht vom Netz der BVG verbunden. Also App starten und dann – wie ein Besitzer einer Großraumdisko, der den Gästen mal was bieten will – Scooter buchen.

Deswegen kann ich leider kaum ein schlechtes Wort über sie verlieren. Klar ärgert es mich, wenn ich wieder mal einen Haufen von drei, vier achtlos hingeworfenen Rollern sehe. Aber ich kann die Menschen nicht verstehen, die direkt von einer Verschandelung des Stadtbildes reden. Oder gar ein Scooter-Verbot fordern.

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Nach meiner Erfahrung verschandeln achtlos auf die Straße gelegte Matratzen das Stadtbild ebenso. Achten Sie mal darauf. Irgendwo in ihrer Nähe liegt mit Sicherheit eine alte Matratze, die nicht den Weg zum Sperrmüll gefunden hat. Und trotzdem wollte bisher niemand Matratzen verbieten.

Aber es gibt eine Sache, die wirklich die Stadt verunstaltet. Die überall rücksichtslos abgestellt wird. Die uns jede Menge Raum nimmt. Die gefährlich ist. Sie heißt Automobil. Da müssen wir mal ran. Ich gehöre nicht zu den Menschen, die direkt ein Verbot von Autos in Innenstädten fordern würden. Weil ich mir durchaus vorstellen kann, dass einfach zu viele Menschen darauf angewiesen sind. Zumindest derzeit noch.

Aber im Vergleich zu dem, was Autos alles vollstellen, besetzen und verdrecken, fallen die paar Scooter nun wirklich nicht ins Gewicht. Freie Fahrt also für mich auf meinem Scooter. Und von mir aus auch für alle Lastenradfahrer.

Peter Wittkamp ist Werbetexter und Gagschreiber. Er ist derzeit Hauptautor der „Heute Show Online“ und hat die Kampagne #weilwirdichlieben der Berliner Verkehrsbetriebe mit aufgebaut. Ab und zu schreibt er ein Buch, publiziert bei Instagram als Peter_Wittkamp oder twittert unter dem leicht größenwahnsinnigen Namen @diktator. Im Tagesspiegel beleuchtet Peter Wittkamp alle 14 Tage ein Berliner Phänomen.

Peter Wittkamp

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