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"Hochzeit" mit Millimeterarbeit: Montage des C 40 Recharge Pure Electric im belgischen Gent.

© Volvo

Volvo C 40 Recharge Pure Electric: Da springt der Funke über

Der erste, allein auf Elektroantrieb angelegte Volvo verbindet auf attraktive Weise SUV-Gene mit Coupé-artiger Linie - und jedes Extra ist serienmäßig.

In Gent wird jeden Tag rund tausend Mal geheiratet – im Volvo-Werk. In der belgischen Stadt, wo seit dem 7. Oktober der neue vollelektrische C40 montiert wird, ist der Aufwand dabei freilich weit größer als auf einem normalen Standesamt. Vier riesige Roboter sind hier in der großen Werkhalle notwendig, um zusammenzubringen, was zusammengehört. Mit „heiraten“ bezeichnen die Beschäftigten nämlich den Moment, wenn von oben die bereits lackierte Karosserie mit der zuvor auf dem Band mit den Achsen, zwei Elektromotoren und Batteriezellen bestückte Plattform vereint wird. Ein fein abgestimmtes Ballett der orangeroten vier Roboterarme ist dabei zu besichtigen, wie sie die schweren Elemente federleicht aussehen lassen; dazu kommen die Facharbeiter, die sachkundig Hand anlegen. Eine großartige Hochzeit. In der Fabrik, in der über 6500 Menschen arbeiten, wird alle 58 Sekunden ein Fahrzeug fertiggestellt – 1000 Volvo-Modelle am Tag. Da sitzt jeder Handgriff, auch wenn die Motorisierungen wechseln oder die Lenkung von links auf rechts, weil es hoher Anteil nach Großbritannien ausgeführt wird. Die hier jährlich produzierten rund 200.000 Fahrzeuge – bislang die Limousine V60 und der Kompakt-SUV XC 40 - werden zu 96 Prozent exportiert: Aus Gent in die ganze Welt. Schwedische Designarbeit trifft belgische Handwerkskunst.

Beeindruckend, wie die Facharbeiter das Fahrgestell bestücken oder beim Einbau der Heckklappe penibel die Spaltmaße überprüfen und korrigieren, bis alles stimmt, oder an anderer Stelle ein Roboterarm das gesamte vormontierte Armaturenbrett feinfühlig-präzise in den Innenraum bugsiert, damit auch ja keine Schramme entsteht. Rund 15.000 Teile werden zu einem fertigen Fahrzeug verbaut. Eine unvorstellbare Zahl, die in einem hochpräzisen Arbeitsablauf gebändigt wird. In einer Ecke der riesigen Werkhalle werden Achsen und Bremsen zusammengebaut, auch die Batterien werden in Gent selbst konfiguriert. Fachkunde ist Trumpf, outgesourct wird nicht. Für die C40-Produktion, der hier bunt gemischt mit den anderen Modellen vom Band läuft, werden noch einmal 500 Facharbeiter eingestellt. Vom Coupé C40 Recharge Pure Electric sollen jährlich rund 135.000 Fahrzeuge produziert werden, hat sich Volvo vorgenommen.

Montiert und total duchgecheckt: Gleich ist die Klappe zu und der C40 rollt vom Band.
Montiert und total duchgecheckt: Gleich ist die Klappe zu und der C40 rollt vom Band.

© Volvo

Nachhaltig und ohne Leder 

Die selbstbewusste Einschätzung könnte aufgehen. Denn mit dem ersten Volvo, der ausschließlich als reines E-Car konzipiert wurde, kommt ein attraktives Crossover-Modell mit SUV-Attributen und Coupé-artiger Silhouette, das ebenso beeindruckend ist wie die Produktion im belgischen Werk. Kraftvoll vollelektrisch, mit ausnehmend schöner Hecklinie, nachhaltig mit vielen Bauteilen aus recyceltem Kunststoff. Zudem wird grundsätzlich auf Leder verzichtet.

Die Zugehörigkeit zur Volvo-Familie ist dabei trotzdem unverkennbar. Schließlich teilt sich der C 40 die Plattform mit dem Kompakt-SUV XC 40, den es seit Jahresbeginn ebenfalls als vollelektrische Variante gibt. Volvo macht Tempo in Sachen Elektromobilität: 2025 soll weltweit jeder zweite Volvo ein Elektro-Fahrzeug sein; 2030 sollen nur noch E-Autos im Angebot sein.

Der vordere Karosseriebereich ist nahezu identisch mit der XC-Schwester; das abfallende Heck mit gelungener Linienführung, kleinem Heckspoiler und attraktiven Rückleuchten aber wird viele Liebhaber finden, denen der XC 40 zu wuchtig ist. Das stark abfallende Dach bedingt aber eine ziemlich flache Heckscheibe, an die man sich erst gewöhnen muss. Muskulös kommt die Front des C 40 daher. Die flachen Leuchten im prägnanten Thors Hammer-Design sind dynamischer als bei XC40, darunter kraftvoll wirkende Lufteinlässe. Zwischen den Scheinwerfern sitzt das aktuelle Trauma aller Auto-Designer: Was tun mit dem traditionellen Kühlergrill, wenn es gar keinen Kühler mehr gibt? Beim C 40 hängt hier einfach eine glatte Platte, verziert mit Volvo-Logo. Ob das die letzte Antwort ist?

Elegante Linie. Trotz abfallendem Dach gibt es hinten genug Kopfhöhe.
Elegante Linie. Trotz abfallendem Dach gibt es hinten genug Kopfhöhe.

© Volvo

Permanent-Allrad mit zwei Motoren 

Angetrieben wird er C 40 von zwei Elektromotoren, einer für jede Achse. Damit hat der C40 immer Allradantrieb – wobei die elektrische Kraft je nach Straßenlage elektronisch dosiert auf die Achsen verteilt wird. Der Gleichstrom der Batterien wird per Konverter in Wechselstrom umgewandelt - das gibt den Motoren mehr Antriebsbums. Und davon hat der C 40 mehr als genug. Ein mächtiges Drehmoment von 660 Newtonmeter beschleunigt den immerhin 2, 2 Tonnen schweren Wagen in 4,7 Sekunden auf Tempo 100. Die elektrische Reichweite des 300 kW (408 PS) starken Wagens wird mit 444 Kilometer angegeben – bei einem Verbrauch von rund 22 Kilowattstunden auf 100 Kilometer. Bei der Testfahrt waren es im dichten Verkehr mit höchstens Tempo 120 rund 30 kWh. Bei einem durchschnittlichen kWh-Preis von 32 Cent/kWh entspricht das preismäßig einem Verbrauch von rund sechs Liter Benzin. Schluss ist übrigens bei Tempo 180 – das ist Haus-Philosophie bei Volvo. Dessen Deutschland-Chef hat sich übrigens schon vor Jahren für Tempo 130 auf deutschen Autobahnen ausgesprochen. Ob es künftig eine schwächere Motorisierung geben könnte, lässt man bei Volvo offen.

Die  Batteriepakete sitzen nicht nur im Unterboden, sondern auch im nun überflüssigen Kardantunnel. Volvo hält an der massiven Mittelkonsole zwischen Fahrer und Beifahrer fest. Es wird aber nicht dementiert, dass sich dies ändern könnte – spätestens dann wohl, wenn die Ladedichte weiter zunimmt und damit die Batterien trotz wachsender Reichweite kleiner werden. Entfällt der Tunnel, so ist bei Wettbewerbern zu sehen, bieten sich kreative Lösungen für die Mittelkonsole und auch der mittlere Sitz der Rückbank wird aufgewertet. Geschützt sind die Batterien übrigens durch einen zusätzlichen Sicherheitskäfig.    

Kraftpaket mit 300 KW und ziemlich massiver Front.
Kraftpaket mit 300 KW und ziemlich massiver Front.

© Volvo

Enorme Raumqualitäten 

Mit einer Länge von 4,44 Meter ist der C 40 äußerlich kein Platzprotz – der Golf 8 Variant und selbst die Kombi-Version des gerade vorgestellten Peugeot 308 SW sind mit 4,63 Meter deutlich länger. Für den C 40 bedeutet das zum einen eine sehr stadttaugliche Wendigkeit. Außerdem hat er innere Werte: sobald man die Türen öffnet, zeigt der 1,59 Meter hohe  C40 enorme Raumqualitäten. Nicht nur für den Fahrer, sondern auch für Gäste in der zweiten Reihe. Zumal ist der C40 Recharge mit exzellenten Sitzen ausgestattet – das geht auch ganz ohne Leder. Dazu kommt ein erstklassiges Innenraum-Design, aufgeräumt-sachlich und mit Chic sowie etlichen Stauflächen. Das serienmäßige Panorama-Glasdach unterstützt das Gefühl von Geräumigkeit und Leichtigkeit. Das hochwertige Sound System von Harman Kardon mit 600 Watt Leistung und 13 Lautsprecher sorgt für einen eindrucksvollen Klang. Der Kofferraum ist mit 413 Liter nicht gerade üppig – dazu kommt die zusätzlichen Ablage unter der Motorhaube, die 31 Liter fasst. Werden die hinteren Sitze umgelegt, vergrößert sich der Stauraum aber auf durchaus geräumige 1205 Liter.

Nur echt mit kleinem Heckspoiler über dem Volvo-Schriftzug.
Nur echt mit kleinem Heckspoiler über dem Volvo-Schriftzug.

© Volvo

Infotainment leicht gemacht

Neben dem volldigitalen Fahrer-Display mit zwei wählbaren Funktionsebenen sitzt der große, senkrecht gestellte Touchscreen über der Mittelkonsole als zentrale Funktions- und Infotainment-Einheit – eingerahmt jeweils von den charakteristisch geschlitzten Belüftungsdüsen. Volvo hat die Entwicklung eines eigenes Systems aufgegeben. Das gemeinsam mit Google entwickelte Android-System bietet einen besonders einfachen, intuitiven Zugriff auf den Karten- und Navigationsdienst Google-Maps, viele zusätzliche Apps und Spotify-Zugang. Schließlich ist den meisten Menschen die Funktionsweise etwa von Google-Maps so vertraut, das praktisch jeder damit sofort zurecht kommt. Außerdem spart es Volvo enorme Entwicklungskosten. Mal sehen, wie lange Mitbewerber noch auf eine eigene Systementwicklung setzen.

Entspannt fahren

Volvo setzt auf entspanntes fahren. Das fängt beim Start an. Die Türen entriegeln sich beim herantreten ans Auto automatisch und einen Startknopf gibt es nicht mehr  – reinsetzen, Bremse treten, Fahrthebel einlegen, los geht‘s. Weiter geht es mit dem One-Pedal-Drive: Sobald die Fahrer*in vom Gaspedal geht, bremst der Rekuperationsmodus so stark ab, dass im Stadtverkehr fast kein aktives bremsen mehr nötig ist. Sehr bequem. Auf der Autobahn ist der Modus aber lästig, wenn man ohne Fuß auf dem Gaspedal einfach weitergleiten möchte. In einer solchen Situation dann die starke Rekuperation auszuschalten, ist nicht per Knopfdruck möglich, sondern geht etwas umständlich nur über das Funktionsmenü. Die Lenkung fühlt sich bei niedrigerer Geschwindigkeit etwas weich an; bei mehr Tempo wird die Lenkung straffer – auch im halbautonomen Pilot-Assist-Modus.

Überhaupt ist der serienmäßige Pilot-Assist, der sowohl die Spur hält und notfalls selbstständig gegenlenkt, rechtzeitig bei vorausfahrenden Fahrzeugen bremst und bei freier Strecke auch wieder selbsttätig auf die zuvor eingestellte Geschwindigkeit beschleunigt, allemal ein Gewinn in Sachen Sicherheit. Das System arbeitet erstaunlicherweise auch schon bei Geschwindigkeiten unter 50 Kmh; da tun sich Konkurrenten schwerer. Wie Volvo-Ingenieure mögliche Probleme durchdenken, zeigt ein Detail. Der Pilot Assist, so wundert man sich zunächst, ist nicht koppelbar mit der Verkehrszeichenerkennung. Damit soll, so die Techniker, im halbautonomen Fahrmodus ein abruptes Beschleunigen nach dem Ende einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Autobahn verhindert werden. Ist der Pilot Assist ausgeschaltet, kann man selbstverständlich die Tempo-Begrenzung über die Verkehrszeichenerkennung einstellen.

Selbstbewusst verzichtet hat Volvo übrigens auf die Möglichkeit, verschiedene Fahrwerkseinstellungen zu wählen. Bei der Testfahrt erwies sich die Fahrwerk-Abstimmung auch allen Situationen auf unterschiedlichen Streckenprofilen mehr als gewachsen. Für eine gute Straßenlage sorgt zudem der niedrige Schwerpunkt durch die schwere Batterie im Boden.

Ein Heck zum hinschauen.
Ein Heck zum hinschauen.

© Volvo

Sicherheit für alle Fälle 

Hinzu kommt eine große Zahl von serienmäßigenAssistenzsystemen. Im Bereich der aktiven Sicherheitssysteme gibt es dazu die neue „Advanced Driver Assistance Systems“-Sensorplattform, die Kameras, Radar- und Ultraschallsensoren für Assistenzsysteme kombiniert. Die digital generierte Rundum-Kamera-Sicht mit Vogelperspektive macht das Einparken selbst in enge Lücken erheblich einfacher. Das ebenfalls serienmäßige Volvo City Safety Notbremssystem trägt dazu bei, Kollisionen mit anderen Fahrzeugen, Motorrädern sowie mit Fußgängern und Fahrradfahrern zu vermeiden. Bestandteil von City Safety ist auch der Kreuzungs-Bremsassistent, der Kollisionen beim Linksabbiegen an Kreuzungen verhindert.Die Road Edge Detection hält das Fahrzeug auf der Fahrbahn, die Oncoming Lane Mitigation mit aktivem Lenkeingriff verhindert Kollisionen mit dem Gegenverkehr und cloud-basiert wird vor Glatteis und Gefahrenstellen gewarnt. Serienmäßig gibt es bei der Basisversion übrigens neben LED-Scheinwerfern, induktiv-kabelloser Ladefunktion für Handys, Standheizung mit Smartphone-Fernbedienung auch eine Sensorsteuerung für die Heckklappe. Ein 11-kW-Bordladegerät ermöglicht das einfache und schnelle Laden zuhause und unterwegs; an Gleichstrom-Schnellladestationen genügen zehn Minuten Ladezeit, um weitere 100 Kilometer fahren zu können.

Entspannt fahren beginnt mit schlüssellosem Start und intuitivem Infotainment-System.
Entspannt fahren beginnt mit schlüssellosem Start und intuitivem Infotainment-System.

© Volvo

Verkauf nur Online

Zur Markteinführung bietet Volvo den C 40 Recharge Pure Electric  ausschließlich in der umfangreichen First Edition für 62.500 Euro an. Hört sich happig an. Noch nie aber hat der Autor eine solch kurze Aufpreis-Liste gesehen – denn alle oben beschriebenen üppigen Sicherheitspakete und Komfort-Highlights sind serienmäßig. Bestellen ist deswegen einfach – kein Stress mit unzähligen Extra-Listen und Ausstattungs-Paketen. Der C40 ist deshalb auch der erste Volvo, der ausschließlich online gekauft oder abonniert werden kann. Die aufpreispflichtigen Extras beschränken sich auf spezielle Metallic-Lackierungen und die Wallbox. Im Kaufpreis inbegriffen ist auch das „Care“-Servicepaket. Es umfasst die Beiträge für Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung sowie die Kosten für reguläre Wartungsarbeiten und den Austausch von Verschleißteilen für bis zu drei Jahren. Zieht man die staatliche Förderung noch ab, dann ist der C 40 ein ziemlich attraktives Angebot – für voraussichtlich viele Kunden so passgenau, wie die millimeterexakte Arbeit der Monteure und Roboter bei der „Hochzeit“ im Werk Gent.

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