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Das „Unwort des Jahres“ 2019 heißt „Klimahysterie“.

© Stephan Jansen/dpa

Update

Sprachkritik: „Klimahysterie“ ist Unwort des Jahres

Das Unwort des Jahres 2019 heißt „Klimahysterie“. Die Wahl der Jury wendet sich gegen die Kritiker der Klimaschutzbemühungen.

Das Unwort des Jahres 2019 heißt „Klimahysterie“. Das gab die Jury der sprachkritischen Aktion am Dienstag in Darmstadt bekannt. Mit dem Wort würden "Klimaschutzbemühungen und die Klimaschutzbewegung diffamiert und Debatten diskreditiert", erklärte eine Jury aus Sprachwissenschaftlern der Technischen Universität Darmstadt am Dienstag zur Begründung.

Der Begriff sei gleich von mehreren Vertretern von Politik, Wirtschaft und Medien benutzt worden. Beispielsweise AfD-Politiker Alexander Gauland hatte im Juni vergangenen Jahres gesagt: „Die Klimahysterie der anderen Parteien wird die AfD nicht mitmachen.“

Insgesamt wurden dieses Mal 671 Einsendungen mit 397 Vorschlägen eingereicht. Rund 50 Vorschläge entsprachen den Kriterien, wie etwa „Bauernbashing“, „Ökodikatur“, „Umvolkung“, „Bevölkerungsexplosion“ oder „Ethikmauer“.

Der Ausdruck „Umvolkung“ habe 2019 durch ein ZDF-Interview mit dem neuen AfD-Vorsitzenden Tino Chrupalla größere Aufmerksamkeit erhalten. Es handele sich um einen Schlüsselbegriff einer rechtsextremen Verschwörungstheorie. Diese behaupte, dass es einen geheimen Plan der „Eliten“ gebe, die weiße Mehrheitsbevölkerung in Europa, Australien und Neuseeland sowie den USA durch vornehmlich muslimische Flüchtlinge und andere nicht-weiße Einwanderer auszutauschen. Sie sei fester Bestandteil der Ideologie der AfD und diskriminiere Zuwanderer insofern, als sie diese als gefährliche, sich schnell vermehrende „Austausch“-Masse darstelle. Der Begriff wurde zweimal eingesandt.

Der Ausdruck „Ethikmauer“ ist nach Angaben der Jury in einem Kommentar der Zeitung „Die Welt“ verwendet worden. Der Kommentar habe sich auf japanische Forschungen zur Züchtung menschlicher Organe in Tieren zu therapeutischen Zwecken bezogen. Gegenüber der Kritik an solcher Forschung habe der Autor vermerkt: „Bei dieser Forschung zum Wohl des Menschen kann man sich nicht hinter einer Ethikmauer verstecken.“ Mit der Wahl dieses Ausdrucks werde „jede ernsthafte Auseinandersetzung mit ethischen Grundsatzfragen als Fortschrittsverweigerung diskreditiert“, stimmte die Jury dem Einsender zu. Der Begriff wurde einmal eingesandt.

Unwort des Jahres 2018 war „Anti-Abschiebe-Industrie“

Die Zahl der Einsendungen ging in diesem Jahr damit aber erneut zurück. Im vergangenen Jahr waren es mehr als 900 gewesen. Früher gab es auch schon mal deutlich über 2000 Vorschläge.

Das Unwort wird seit 1991 gekürt. Im vergangenen Jahr war es „Anti-Abschiebe-Industrie“ vom CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt. 2017 fiel die Wahl auf „Alternative Fakten“.

Die sprachkritische Aktion möchte mit ihrer alljährlichen Aktion auf unangemessenen Sprachgebrauch aufmerksam machen und so sensibilisieren. Dabei werden Wörter gerügt, die gegen die Prinzipien der Menschenwürde oder Demokratie verstoßen, die gesellschaftliche Gruppen diskriminieren oder die euphemistische, verschleiernde oder irreführende Formulierungen sind. Reine Schimpfwörter zählen nicht. Die Jury richtet sich nicht nach der Menge der Vorschläge für ein einzelnes Wort.

Die sprachkritische Aktion wurde von dem Frankfurter Germanistikprofessor Horst Dieter Schlosser initiiert. Seit 2011 ist Janich Jury-Sprecherin. Weitere Mitglieder sind die Sprachwissenschaftler Jürgen Schiewe (Universität Greifswald), Kersten Sven Roth (Universität Düsseldorf), Martin Wengeler (Universität Trier) sowie der freie Publizist Stephan Hebel. Als jährlich wechselndes Mitglied war dieses Mal der Kabarettist Urban Priol beteiligt. (dpa, epd)

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