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Der Ort Courchevel ist ein Retortendorf für Skifahrer und Gourmets.

© mauritius images

Skiort in den französischen Alpen: Hoch zu den Sternen

Skistock statt Schneebesen: Auf Courchevels Pisten unterwegs mit dem Gourmetkoch Jean-Luc Lefrancois

Von Barbara Nolte

Der Spitzenkoch Jean-Luc Lefrancois sitzt in der Gondel hinauf zum Saulire, dem Hausberg von Courchevel, als das Gespräch zum ersten Mal das Thema Essen streift. Zum Frühstück, sagt er, möge er für sein Leben gern Nüsse, ungefähr acht Stück. Dazu esse er manchmal neun Mandeln.

Heute habe er sich allerdings einen Magermilch-Joghurt aufgemacht und eine Mango reingeschnitten, ein bisschen Müsli drübergestreut – „voilà!“. Lefrancois grinst belustigt, so als habe er gerade ein besonders exquisites Rezept verraten.

Ihm gefällt es, Rollenklischees zu unterlaufen. Der Koch, der am liebsten Ungekochtes isst, trägt einen türkisfarbenen Helm und deutet mit der Hand zum Fenster hinaus.

Nach dem Frühstück, erzählt er, sei er oft auf dieser Piste hier anzutreffen. Er steigt mit Tourenski zum Gipfel hinauf, um anschließend einmal abzufahren. Courchevel gehört zu „Les Trois Vallées“, dem größten Skigebiet der Welt. Es gibt 174 Lifte, die stündlich 250 000 Menschen die Berge hinaufbefördern können. Und Lefrancois läuft!

Dass er sich heute zum Saulire hinaufgondeln lässt, liegt an der kleinen Ski-Gruppe, die er dabei hat, um ihr seine Lieblingspisten zu zeigen – ein regelmäßiger Programmpunkt des Fünf-Sterne- Hotels „L’Apogée Courchevel“, in dem er die beiden Restaurants leitet.

In Courchevel ist die Konkurrenz an Luxushotels groß. Es gibt 14 Häuser der höchsten Komfortkategorie mit entsprechend anspruchsvollen Gästen. Dass sich Lefrancois einen Michelin- Stern erkocht hat, ist in diesem Dorf nichts Besonderes.

Nirgends sonst auf der Welt ist die Dichte an Sterne-Restaurants so hoch wie in der französischen Ski-Station mit ihren 2400 Einwohnern. Doch einen Chefkoch, der zugleich Triathlet ist, gibt es nur im „L’Apogée“.

Courchevel selbst sieht gar nicht so vornehm aus, wie es die vielen Sterne, die hier überall auf den Hotelfassaden und Speisekarten prangen, nahelegen. Es ist die Mutter aller Retortenorte. Erstmals in der Geschichte des alpinen Wintersports wurde kein Dorf gesucht, um Lifte zu errichten, sondern ein ideales Skigelände, um darauf ein Dorf zu bauen.

1947 war Eröffnung. Selbst der Name war erfunden. Die Höhenlage des Ortes, eines der Hauptauswahlkriterien der Pioniere, wurde hinten drangehängt: Courchevel 1850. In den folgenden Jahren entstanden neue Ortsteile, die nach demselben Schema benannt wurden: Courchevel 1550 und 1650.

Architektonisch versuchten die drei Courchevels erst gar nicht, vorzugeben, gewachsene Alpendörfer zu sein. Frankreich schlug in der Erschließung seines Hochgebirges lange einen eigenen Weg ein. Es sollte futuristisch, nicht gemütlich aussehen.

Zu besichtigen ist das noch im Zentrum von Courchevel 1850, das, konsequent für eine Ski-Station, ein Umsteigebahnhof von vier Eiergondeln ist. Der elegante Komplex aus Glas und Holz heißt „La Croisette“ wie die Promenade in Cannes. Courchevel hatte schon immer einen kleinen Hang zum Snobismus.

Als Urlauber profitiert man bis heute von der Gigantomanie der alten Planer, die die Hochalpen-Biotope so behandelten, als seien sie der Mond. Auf wirklich jeden umliegenden Berg führt eine Seilbahn.

Ausgestattet mit einem zwangsläufig unübersichtlichen Pistenplan kann man Tagesausflüge auf 25 Gipfel und in drei verschiedene Täler unternehmen. Das Ganze ist immer mit dem Nervenkitzel verbunden, ob man es vor Liftschluss noch zurückschafft. Eine Taxifahrt von Val Thorens, das am anderen Ende des Gebietes liegt, nach Courchevel kostet 140 Euro.

Supertyp auf Superski: Der französische Koch Jean-Luc Lefrancois.
Supertyp auf Superski: Der französische Koch Jean-Luc Lefrancois.

© Promo

Im etwas eckigen Stil eines Tourenskiläufers brettert Koch Lefrancois jetzt mit ziemlichem Tempo voran. Rechts und links wird er flankiert von zwei Frauen der Gruppe, die überraschend gewandt, wenn auch etwas altmodisch-elegant den Hang hinunterschwingen.

Hinter dem Trio schaut sonnenbeschienen der Mont Blanc hervor, unter ihm liegt das Hochplateau mit dem Flugplatz von Courchevel, auch eine Attraktion. Auf der extrem kurzen, abschüssigen Rollbahn werden die Maschinen nach dem Prinzip einer Skischanze in den Himmel katapultiert.

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Das Ganze könnte der Vorspann zu einer Retro-Krimi-Serie sein. Courchevel wäre ein ideales Setting dafür. Im 70er-Jahre-Chic gestylte Detektivinnen verfolgen finstere Männer über die endlosen Pisten der „Trois Vallées“. Mitunter wird eine an den Rand eines Abgrunds gedrängt, hängt da an nur einer Hand und muss unbedingt gerettet werden. Auftritt: kerniger Koch, der nur Nüsse isst.

Auch für die Rollen der Verdächtigen fallen einem in Courchevel schnell geeignete Vorbilder ein. Der Mann zum Beispiel, der am Vorabend im sonst verwaisten Poolbereich des „L’Apogée“ in fremder Sprache telefonierte.

Als er bemerkte, dass er nicht mehr allein war, rief er kurz „Do you speak Russian?“ herüber, um, als man verneint, weiter in sein Handy zu brüllen. Bei was wollte er wohl nicht belauscht werden?

Oder, umgekehrter Fall: der Empfangsmanager des Hotels, der zur Begrüßung sagte: „Ich freue mich, dass Sie hier sind! Schön, dass Sie unser Gast sind!“ Und kurz darauf: „Ich freue mich so.“ War das nicht einmal zu viel gefreut?

Nein, so hat man nach zwei Tagen gelernt: Das ist Fünf-Sterne-Standard. „Wir tun alles, damit sich unsere Gäste wohlfühlen“, sagt Lefrancois beflissen, als man ihn am Abend in seiner Küche besucht. Er zum Beispiel hat gestern auf Wunsch eigens Paella gekocht, obwohl die Restaurants, die er leitet, auf französische beziehungsweise japanische Küche spezialisiert sind.

Als Snack hat Lefrancois einen Teller mit Sushi auf den Edelstahl-Tresen gestellt. Auf den Trend zur regionalen Küche angesprochen – hier in den französischen Alpen sind das Kartoffeln, Käse und Würste –, lacht er kurz auf. Er hält sie für indiskutabel, weil: zu fett.

„Darauf haben sich andere spezialisiert“, antwortet er diplomatisch. Wie ist es für ihn, in einem Dorf mit so vielen Spitzenköchen zu arbeiten? Jeder koche sein eigenes Süppchen, sagt er.

Er geht nie in die Etablissements der anderen, auch hat er noch nie einen Kollegen bei sich entdeckt. Nicht einmal im Supermarkt von Courchevel sei er irgendwann einmal einem anderen Sterne-Koch begegnet, sagt er, was daran liegen könne, dass sie oft gar nicht da sind.

Yannick Alléno zum Beispiel, der hier ein Drei-Sterne-Lokal betreibt. Lefrancois nennt ihn „Kamerad“, beide haben früher mal in Paris zusammengearbeitet. Mittlerweile ist Alléno Großunternehmer – mit Filialen auf der ganzen Welt.

Jean-Luc Lefrancois steht dagegen mit seinen 54 Jahren nach wie vor selbst am Herd, was, kombiniert mit seinem Sportprogramm, ein ziemliches Pensum ist. Hier, sagt er und zeigt auf eine Ecke der Küche, habe er sich am Vortag auf den Boden gesetzt und ein wenig geschlafen.

HINKOMMEN

Easyjet fliegt zweimal täglich von Berlin nach Genf (ca. 40 Euro). Von dort aus fährt Altibus in dreieinhalb Stunden nach Courchevel (89 Euro).

UNTERKOMMEN
Während Preisbewusste eher in Courchevels tiefer gelegenen Ortsteilen fündig werden, gibt es in Courchevel 1850 viele Luxushotels. Eines der jüngsten ist das Fünf-Sterne-Haus „L’Apogée Courchevel“ (Doppelzimmer ab etwa 1150 Euro), das zur Oetker-Collection gehört. Das Hotel hat die Reise unterstützt.

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