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Schwacher Charakter, dennoch beliebt: der Kopfsalat. Auch er wird - wie seine Blattsalat-Geschwister - nur wirklich lecker mit einem guten Dressing.

© Getty Images/iStockphoto

Schnell mal entblättern: So schmeckt Salat richtig gut

Die leichteste aller Lieblingsspeisen überlebte als Buffetklassiker und macht praktisch jeden Trend mit. Eine Charakterstudie, drei Rezepte

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Zuerst die wichtigste Frage: Was ist überhaupt Salat? Die Wortherkunft hilft nicht viel weiter bei der Erklärung, weil sie auf die indogermanische Wurzel „sal“ zurückführt, die Salz und eingesalzene Speise bedeutet. Deutlich erhalten ist sie noch im italienischen „Insalata“, der aber wiederum praktisch nichts mit dem bei uns einst populären „italienischen Salat“ zu tun hat.

Blätter, Kräuter, Sauce

Salat, das sind für uns zunächst einmal Blattpflanzen, die dann, gesäubert und gewürzt, einen grünen Salat ergeben. Viele von ihnen stammen vom Kopfsalat ab und wurden zu großer Vielfalt gezüchtet vom Eisberg bis zum Eichblatt in Rot oder Grün. Andere gehen auf die Wegwarte oder Zichorie zurück, Radicchio, Chicorée, Endivie und so weiter. Da „Salat“ keine biologische Definition ist, nehmen wir in diesem engen Sinn längst alles als Salat, was aus Blättern und Kräutern besteht und mit einer kalten Sauce, typischerweise einer Vinaigrette oder einer Cocktailsauce, gewürzt ist.

Was auch immer genau darin enthalten ist, es gilt erst einmal pauschal als gesund, obwohl doch 95 Prozent eines Salatkopfs aus Wasser bestehen und der Rest, nun ja ... Der allgemeine küchentechnische Begriff „Salat“ ist, wie wir schon gesehen haben, ziemlich allumfassend, steht für eine Mischung verschiedener Zutaten und schließt eigentlich nur warme Speisen aus, wenngleich auf dem Höhepunkt der Speisekartenlyrik des späten 20. Jahrhunderts auch „warmer Salat“ vorkam.

Mayonnaise ist gnädig

Russischer und Italienischer und Heringssalat, das hat lange Tradition und läuft meist darauf hinaus, dass eine Basiszutat mit Gemüsen und Gewürzen abgeschmeckt und schließlich in gnädige Mayonnaise gehüllt wird, wobei die geographischen Zuschreibungen später kaum noch nachvollziehbar sind. So geht der Russische Salat, auch „Salat Olivier“, angeblich auf den französischen Koch Lucien Olivier zurück, der im zaristischen Russland um 1860 eine Mischung aus dem Fleisch wilder Haselhühner, Kalbszunge, Kaviar, Blattsalat, gekochten Krebsen, Cornichons, Kapern und hartgekochten Eiern erfand und alles unter einer Art Mayonnaise begrub. Heute ist daraus eine Art Fleischsalat geworden, das mit dem Original nichts mehr zu tun hat, wie so oft bei historisch verwurzelten Rezepten.

Neben solchen Buffetklassikern hat sich in den traditionellen Länderküchen aber auch der Salat im engeren Sinn erhalten. In Italien isst man ihn immer noch gern, kräftig mit Olivenöl, Weinessig und Salz gewürzt, eher vor als zum Hauptgang, während sich in Deutschland lange der „gem. Salat“ als Hauptgang-Beilage gehalten hat, ein meist unselig vorgefertigtes Standardsortiment mit eingelegten Roten Beten, Gurken, Kartoffeln oder auch Knollensellerie, die aber nicht vermischt, sondern nebeneinander auf einem separaten Teller angerichtet waren. Die Küchenerneuerung des späten 20.Jahrhunderts hat diese Marotte zu Recht von den Speisekarten gefegt – aber es kamen andere Salate.

Und dann "Nouvelle Cuisine"

Einer, der geradezu ikonische „Salade folle“ von Michel Guerard, gehört zu den Gründungsmythen der französischen „Nouvelle Cuisine“ um 1970, eine Mischung von grünen Blattsalaten und Rucola mit Garnelen, Tomaten, knapp gekochten grünen Bohnen, gekochten Wachteleiern und Gänsestopfleberparfait in komplexer Vinaigrette, die die Türen zu jeglicher Kreativität und Willkür öffnete und im Zuge der Neuerfindung der mediterranen Küche auch dem „Salade Nicoise“ zu neuer Wertschätzung verhalf. „Jahrhundertkoch“ Eckart Witzigmann ließ sich nicht lumpen und erschuf komplizierte Klassiker wie seinen „Salat von grünem Spargel mit gefüllten Jakobsmuscheln und weißem Trüffel“.

Gipfel der Salatkunst

Gegen Ende des Jahrhunderts folgte die Rückbesinnung aufs Regionale, die in Michel Bras’ „Gargouillou“, einer komplexen Mischung aus Wildkräutern, Blüten, Keimlingen sowie frischen und getrockneten Gemüsen, einen wahren Salatgipfel erreichte, wenngleich der Meister das S-Wort vermied und lieber den historischen Begriff seiner Region benutzte. Weiter unten in den Restaurants und Bistros der halben Welt machte parallel der herbe „Wildkräutersalat“ Karriere, in dem dann auch kulinarische Mauerblümchen wie Giersch oder Gundermann ihren Platz fanden.

Heute ist alles und nichts Salat. Bei René Redzepi im alten „Noma“ in Kopenhagen gab es mal Salat mit Meeresschnecken, Rosen und Schneckenrogen, aber das war eigentlich in keinem der bekannten Zusammenhänge ein Salat. Die Topgastronomie scheint den Salat komplett vergessen zu haben. Stattdessen blüht die Salatkultur in der vegetarischen und veganen Szene, alles darf, nichts muss. Und wer Lust auf leichten Genuss hat, der macht sich seinen Salat einfach selbst.

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REZEPTE - auch für Salathasser

Italienischer Brotsalat

Was den Griechen ihr Bauernsalat, ist den Italienern ihr Panzanella, der typische toskanische Brotsalat. Er ist perfekt, um altbackenes Bauernbrot oder Ciabatta zu verwerten, mit frischem schmeckt er aber auch. Ins Basisrezept gehören nur Gurke, Tomate, rote Zwiebel, Basilikum, Salz, Pfeffer und Olivenöl. Zusammen mit Rucola hat er aber gleich mehr Schmackes. Noch gehaltvoller wird er, wenn Kapern hinzukommen und mit dem Olivenöl etwas Knoblauch angebraten wurde. Das kleingeschnittene Brot wird in Italien in Wasser eingeweicht. Im Kühlschrank muss der Salat ein, zwei Stunden gut durchziehen. Unsere frühlingshafte Variante ist knackiger und bietet mehr Aromen, denn es kommen Senf, Honig, Sardellen und Essig ins Dressing.

Zutaten (4 Personen)

150 g Roggenbrot oder Ciabatta 1/2 Knoblauchzehe 1 EL mittelscharfer Senf 30 ml Sherryessig (oder Rotweinessig) 2 TL Honig 2 Sardellen in Öl 120 ml Olivenöl Prise Salz schwarzer Pfeffer aus der Mühle 3 mittlere rote Zwiebeln 250 g Kirschtomaten 1 TL Zucker 2 EL Kapern 50 g schwarze Oliven 100 g gemischter Blattsalat (etwa Frisée, Babyspinat, Rucola, roter Mangold, Radiccio)

Zubereitung
Backofen auf 200 Grad (Umluft 180 Grad) vorheizen. Brot entrinden und in mundgerechte Stücke zupfen. Im Ofen 8 Minuten goldbraun rösten.

Knoblauch, Senf, Essig, 3 EL Wasser und Honig mit dem Zauberstab pürieren, dann nach und nach 100 ml Olivenöl zufügen, bis eine Emulsion entsteht. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Zwiebeln schälen und in feine Ringe schneiden. 1 EL Öl in der Pfanne erhitzen, Tomaten und Zucker zugeben und einige Minuten braten, bis die Haut aufplatzt. Auf einem Teller abkühlen lassen. Das restliche Öl erhitzen, Zwiebelringe kurz anbraten. Mit den Tomaten, Kapern, Oliven und dem Brot mischen.

Eine Viertelstunde vor dem Servieren das Dressing zur Brotmischung geben und vorsichtig unterheben. Erst kurz vor dem Servieren den Salat dazugeben, untermischen und anrichten.

Frisch aus dem Garten: der Mittsommer-Kräutersalat von Karoline Jönsson.
Frisch aus dem Garten: der Mittsommer-Kräutersalat von Karoline Jönsson.

© Karoline Jönsson / Thorbecke

Mittsommer-Kräutersalat

Wenn eine Schwedin ein Kochbuch schreibt, muss es auch um Gerichte für den „Mittsommer“ gehen, die Zeit im Juni, in der die Schweden die längsten Tage des Jahres draußen feiern. Foodautorin (und Vegetarierin) Karoline Jönsson nimmt einen in „Der Genuss wächst vor der Tür“ mit in ihren Garten, gibt Tipps fürs Anlegen von Beeten und steuert Rezepte bei. Eines davon ist dieser Salat, der zu Gegrilltem passt, zu (Gemüse-)Buletten oder Falafel – vor allem mit Zaziki dazu.

Zutaten (4 Personen)

20 neue Kartoffeln 180 g Ackerbohnen 20 Zuckerschoten 15 cm Salatgurke 2 Frühlingszwiebeln Blattsalat (z. B. Rucola und/oder Romana)

fürs Dressing

1 kl. Bund Petersilie 1 kl. Bund Koriander 1 kl. Bund Minze oder Dill

3 EL Olivenöl eine halbe Chili (gelb oder grün)

Saft einer halben Zitrone
Salz, schwarzer Pfeffer aus der Mühle

Zubereitung
Kartoffeln schrubben und weichkochen. Während der letzten 5 Minuten Kochzeit die Bohnen zufügen. Wasser abgießen und Gemüse etwas abkühlen lassen. Zutaten für das Dressing am besten im Mixer zerkleinern. Zuckerschoten der Länge nach durchschneiden. Gurke in schräge Scheiben schneiden und diese dann halbieren. Frühlingszwiebeln ebenfalls in Scheibchen schneiden. Alles in einer Schüssel mit den Salatblättern und dem Dressing vermengen.

„Der Genuss wächst vor der Tür. Tipps und Rezepte für Obst und Gemüse", Karoline Jönsson, Thorbecke Verlag 2020, 152 Seiten, 22 Euro
„Der Genuss wächst vor der Tür. Tipps und Rezepte für Obst und Gemüse", Karoline Jönsson, Thorbecke Verlag 2020, 152 Seiten, 22 Euro

© Thorbecke / promo

Gegrillter Eisbergsalat

Eines muss man dem oberlangweiligen Eisbergsalat lassen: Knackig ist er. Seine Blätter machen wirklich alles mit. Zwischen Bun und Patty eingeklemmt, bewahren sie über Stunden auch im fettigsten Burger diszipliniert Haltung. Ihre Spannkraft machen den geschmacklich eher wässrigen Gesellen zum unverwüstlichen Buffetklassiker und unvermeidbaren Hauptbestandteil aller To-Go-Salatboxen, die oft lange im Kühlregal warten, bis sich ihrer jemand erbarmt. Aber ein kreativer Kopf wie Sternekoch Stephan Hentschel aus dem „Cookies Cream“ weiß sogar aus Eisbergsalat etwas geschmacklich Aufregendes zu zaubern: Er spießt ihn auf Schaschlickspießchen und grillt ihn. Dazu gibt’s Blauschimmelkäse und ein frisches Limettendressing mit rosa Pfeffer als fruchtigem Akzent. Die Menge für das Dressing, sagt Hentschel, sei im Rezept recht großzügig bemessen, aber die Spießchen bräuchten einen ordentlichen Saucenspiegel, um zu glänzen.

Zutaten (4 Personen)

1 Kopf Eisbergsalat 100 g Blauschimmelkäse wie Roquefort, Gorgonzola oder Stilton 90 ml Limettensaft, 50 ml Zitronensaft 60 ml Olivenöl 70 ml Rapsöl Salz, Zucker, rosa Pfeffer

Zubereitung
Vier Schaschlikspießchen von oben senkrecht in den Salatkopf spießen. Der Strunk ist unten. Die Spießchen sollten etwa ein Quadrat bilden, wenn man von oben schaut. Die runden Seiten des Salatkopfs abschneiden, so dass ein Quader entsteht, dann nochmal in den Mitten schneiden. Jetzt hat man vier etwa gleichförmige, möglichst quadratische Salatspieße mit einer Seitenlänge von ca. 4 Zentimetern.

Diese kann man auf die Plancha legen oder auf den Grill. Es funktioniert aber auch gut in der Pfanne mit wenig Fett. Sobald eine Seite gut Farbe angenommen hat, den Spieß etwas salzen und wenden. Sind zwei Seiten schön gebräunt, auf eine Blauschimmelkäse streuen. Ein Brie oder Ziegenkäse funktioniert auch. Deckel auf die Pfanne, oder kurz in den auf 200 Grad vorgeheizten Ofen, damit der Käse schmilzt.

Für das Dressing alle Zutaten vermengen und am besten im Mixer verrühren. Ein Schneebesen geht natürlich auch. Dressing über die noch warmen Spießchen geben und servieren. So, und was macht man jetzt mit den Abschnitten des Eisbergsalats? Natürlich weitere Spießchen. Die einfach zurechtschneiden und wie einen Döner aufspießen.
Lust auf mehr Salat? Rezepte für die besten Dressings gibt's hier.

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