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Lieber zu Mickey. Orlando hatte 2011 mit 54, 3 Millionen mehr Besucher als New York. Doch wenige entdecken die Stadt. Viele gehen gleich in die Vergnügungsparks. Foto: Reuters

© REUTERS

US-Metropolen im Wettstreit: Schneller, größer, höher

New York, Orlando oder Los Angeles: Die Megastädte in den USA wetteifern um Touristen. Immer neue Attraktionen werden geboten. Doch auch der öffentliche Nahverkehr wird ausgebaut.

George Fertitta macht keine großen Worte: „Wir sind die Nummer 1 in den USA“, posaunte der Chef der New Yorker Tourismusorganisation NYC & Company unlängst auf der Tourismusmesse Pow Wow in Los Angeles heraus. New York ist das beliebteste Städteziel für Gäste aus dem Ausland. Insgesamt kamen im vergangenen Jahr 50,5 Millionen Besucher in die Ostküstenmetropole. Orlando lag mit 54,3 Millionen noch darüber, hat aber den kleineren Anteil ausländischer Gäste. Auch in anderen US-Metropolen wird kräftig aufgerüstet, ein regelrechter Wettstreit um zahlungskräftige Besucher ist ausgebrochen.

„Wir haben in den vergangenen Jahren allein in Downtown sieben Milliarden US-Dollar in den Tourismus investiert“, erklärt Carol Martinez, Sprecherin des Tourismusbüros von Los Angeles. Rossi Ralenkotter, Chef der Las Vegas Convention und Visitors Authority, will gar noch mehr Geld bewegt haben: Auf 22 Milliarden Dollar taxiert er die Summe.

Hinter solchen Rieseninvestitionen steckt vor allem wirtschaftliches Kalkül: Besucher – zumal die zahlungskräftigen Ausländer – bringen bares Geld in die Städte, das in Zeiten der wirtschaftlichen Krise dringend benötigt wird. So hat New York auf dem Pow Wow das ehrgeizige Ziel ausgegeben, bis 2015 pro Jahr 70 Milliarden Dollar (rund 53 Milliarden Euro) an den Touristen zu verdienen. Heute sind es gerade einmal 48 Milliarden. 30 000 neue Jobs sollen im gleichen Zeitraum entstehen.

Schwerpunkt der Investitionen sind Infrastruktur sowie neue Hotels. Letztere stellen vor allem in New York ein größeres Problem dar – jeder, der für einen Trip schon einmal horrende Preise zahlen musste oder gänzlich leer ausging, kann davon ein Lied singen. In den beiden kommenden Jahren sollen deshalb nach Fertittas Worten 6600 neue Hotelzimmer hinzukommen. Damit plane man mehr neue Unterkünfte als zum Beispiel Orlando und Chicago zusammen. Rund 100 000 Zimmer sollen den Besuchern dann zur Verfügung stehen.

Bei solchen Zahlen kann Ralenkotter nur müde lächeln: Allein seit dem Jahr 2008 sind in Las Vegas 25 000 neue Zimmer entstanden, die Spielerstadt bringt es auf aktuell 150 000. Ein weiterer Investitionsschwerpunkt ist die Infrastruktur: Las Vegas hat gerade ein neues Terminal für internationale Flüge eröffnet, Los Angeles zieht im kommenden Jahr nach, Houston baut sein Terminal D um, damit auch der Airbus A380 dort landen kann. San Francisco hat sein neues Terminal bereits 2011 eröffnet und setzt in den kommenden Jahren auf die boomende Kreuzfahrtindustrie.

Ein komplett neues Kreuzfahrtterminal soll nur fünf Fußminuten vom berühmten Pier 39 entfernt entstehen. Dort sollen dann endlich auch die richtig großen Pötte anlegen können – „alles, was so gerade noch unter der Golden Gate Bridge hindurchpasst“, scherzt Joe D'Alessandro, Chef der San Francisco Travel Association.

Erkannt haben die Großstädte auch die Bedeutung eines guten öffentlichen Nahverkehrs. „Wir haben natürlich eine ausgeprägte Auto-Kultur hier in den USA“, erklärt L.A.-Sprecherin Martinez. Doch nicht zuletzt wegen der großen Umweltprobleme steigen immer mehr Menschen auf die Metro um, die ihr Netz in Los Angeles in die Vororte erweitert. Bis 2016 soll sogar Santa Monica erreicht werden.

Doch natürlich braucht es auch immer neue Attraktionen, damit die Besucher weiter kommen. Los Angeles baut zum Beispiel für viele Millionen Dollar sein Naturhistorisches Museum aus – eine Dinosaurier-Halle hat gerade eröffnet, mit dem Nokia-Theatre und dem Staples-Center ist quasi ein neuer Stadtteil in unmittelbarer Nachbarschaft zu Downtown entstanden.

New York baut kräftig an seinen 9/11-Erinnerungsorten –auch wenn die Eröffnung eines Museums um ein Jahr verschoben werden musste. San Francisco gestaltet fast seine kompletten Pieranlagen um, und in Las Vegas sind die neuen Hotels selbst schon eine Attraktion für sich.

Eine Ausnahmestellung in dem Wettkampf nimmt Orlando ein. Die US-Touristenhochburg muss weniger Geld aus der eigenen Tasche in die Hand nehmen als die Konkurrenz. Orlando lässt einfach investieren.

Die in der Florida-Metropole angesiedelten Freizeitparks – Universal Studios, Sea World, Disney – müssen sich Jahr für Jahr auf eigene Faust etwas einfallen lassen, um Besucher anzulocken. Das kommt natürlich auch der Stadt zugute. So eröffnet Sea World in Kürze mit „Antarctica“ eine Eiswelt mit lebenden Pinguinen unter Floridas Sonne.

Im Wettstreit stehen die US-Großstädte auch in Sachen Marketingsprüchen: Von einer „Renaissance von Los Angeles“ spricht Martinez. Man habe sich neu erfunden und sei noch nie so attraktiv für Besucher gewesen, behauptet Ralenkotter über Las Vegas. In diesem Wettstreit geht es eben typisch amerikanisch zu – nach dem Motto „größer, höher, weiter“ und lieber noch einen Superlativ mehr.

Orlando versucht, sogar New York auszustechen – George Fertitta dürfte das nicht freuen. Die Touristiker der Metropole in Florida behaupten ebenfalls von sich, die „number one“ der USA zu sein, was die Gästezahlen angeht: Da fallen allerdings ganz stark die Besucher ins Gewicht, die sich in den Freizeitparks vergnügen und von der Stadt womöglich gar nicht viel sehen. Beide Städte haben bereits angekündigt, die Zahlen noch deutlich steigern zu wollen. (dpa)

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