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Millimetergenau. Zur Herstellung eines Skis braucht man Fingerspitzengefühl. Sebastian Strobl hat es.

© Jürgen Löhle

Österreich: Zirbenholz schwingt besser

Der Tiroler Sebastian Strobl fertigt Skier von Hand – und verbindet dabei Hightech mit Tradition.

Was für ein Kontrast – in „Tonis Schnitzstube“ riecht es heimelig nach Holz und Harz, auf den Regalen im Verkaufsraum lockt traditionelles Tiroler Kunsthandwerk und auch in der Werkstatt dahinter sieht es so aus, wie man sich eine Schreinerei in den Bergen gemeinhin vorstellt. Urig eben. Aber etwas passt da nicht. Gleich am Eingang links ist ein Bildschirmarbeitsplatz eingerichtet, daneben steht eine computergesteuerte Präzisionsfräse aus dem Modellbau. Und vor dem Monitor sitzt ein junger Mann mit weißem Stirnband und dunkelgrüner Cargohose und brütet über Dingen, die er dann mit „Shape“ oder „Style“ beschreibt, was auch nicht so richtig in „Tonis Schnitzstube“ in der kleinen Gemeinde Ladis am Fuß der Samnaungruppe passen will.

Aber irgendwie doch. Sebastian Strobl, den alle nur den Sebi nennen, verbindet in der Werkstatt seines Vaters Tradition mit der Moderne und heraus kommt dabei ein handgefertigter Ski modernster Bauart mit einem „Herz“ aus Holz. Und zwar überwiegend aus Zirbenholz. Außer Sebi macht das sonst niemand. Seine „Ziarmrocker“ sind somit Originale. Und sie sind heiß begehrt. „Meine Ski“, sagt der 28-Jährige, „kommen nicht aus China, und das Holz dafür wächst praktisch hinterm Haus.“

Das ist seine Definition von Nachhaltigkeit. Handgeschnitzte Brettl aus der Ökostube sind Strobls Ziarmrocker aber trotzdem nicht. Der gelernte Skibauer kombiniert Natur und Hightech zu maßgeschneiderten Unikaten. Und das – zumindest noch – in exklusiver Stückzahl.

Das Handwerk lernen

18 Paar baut er im Sommer, für jedes davon investiert er etwa 40 Stunden Handarbeit. Die Bestellungen nimmt er im Winter entgegen, da arbeitet er in einem großen Sportgeschäft in Serfaus, wo er seine „Ziarmrocker“ seit zwei Jahren neben den Topmodellen der Serienhersteller präsentieren darf. Sein Chef lässt das zu, weil viele in den Laden kommen, um Strobls Ski anzuschauen. Und bei 18 Paar ist die Konkurrenz überschaubar.

Die Idee hatte der „begeisterte Genuss-Skifahrer“ (Strobl), als er vor vier Jahren noch am Arlberg Skischuhe verkaufte. Dafür, so seine Gedanken, wäre keine Ausbildung zum Skibauer nötig gewesen. Strobl hatte sich nach der Schule 2004 in Luzern erfolgreich als Lehrling beim Schweizer Hersteller Stöckli beworben. „Da kann man das Handwerk noch lernen“, schwärmt er, „in Österreichs großen Skifabriken muss man eigentlich nur noch Maschinen bedienen.“ Und weil die Kunst ja dann auch gelebt sein will, reifte in ihm Jahre später der Plan, einen Ski nur für sich zu bauen, aber einen, der jedem Qualitätsanspruch genügt und individuell konstruiert ist was den Radius und die Härte betrifft.

Und dazu braucht es auch heute noch Holz. „Einen Allround-Carver kannst du komplett aus Kunststoff machen, einen qualitativ hochwertigen Ski nicht“, sagt er. „Holz hält die Spannung besser und ist haltbarer.“ Holz war für ihn also keine Frage, und Strobl wollte auch kein Massenprodukt, „sondern sehen, ob ich das kann“. Die Idee war, einen Ski mit modernster computerunterstützter Sandwich-Bautechnik millimetergenau zu konstruieren, der edelste Materialien wie zum Beispiel gebürstete Alubleche aus dem Flugzeugbau oder Kunststoffe aus dem Rennsport mit einem Holzkern verbindet.

„Das Teil rockt“

Raritäten. Strobl fertigt seine Skier im Sommer. 18 Paar in der Saison.
Raritäten. Strobl fertigt seine Skier im Sommer. 18 Paar in der Saison.

© promo

Auf die Zirbe kam Sebastian Strobl dabei eher zufällig, weil der Vater gerade genug davon auf Lager hatte und zudem ein pragmatischer Mensch ist. „Die ersten Ski werden eh nichts, also nimm das, was da ist“, gab er seinem Sohn mit auf den Weg, der eher an die geläufige Eiche, Buche oder Pappel dachte.

Der Ski wurde aber doch was, nach einigen Schwung-Stunden auf der Abfahrt Lawens in Serfaus war ihm klar: „Das Teil rockt.“ Strobl ist ein exzellenter Skifahrer, und als dann auch noch die besten Skilehrer in Serfaus den Daumen nach oben reckten und plötzlich jemand fragte, wo es die Bretter gebe und was die denn kosteten, wagte Strobl sein kleines Tiroler Start-up. Er kaufte sich die Fräse, baute eine Presse und tüftelte lange über den idealen Holzkern, der den Ski leicht steuern lässt und trotzdem Stabilität garantiert.

Jetzt ist er in der Lage, seinen wenigen Kunden ihren Wunschski zu entwerfen und zu bauen, abgestimmt auf Größe, Gewicht und fahrerisches Können. Der Kern des Skis ist Zirbe, kombiniert mit 30 Jahre gelagerter Eiche. „Bsundere Brettl aus bsunderem Holz“, wie man in Ladis sagt.

Tiroler Start-up mit Expansion?

So viel Individualität hat allerdings ihren Preis. Ein Paar Ski made by bei Sebi Strobl kostet mindestens 1600 Euro. Und die Kosten für die Bindung kommen noch hinzu. Mit einigen individuellen Zusatzanpassungen summiert sich das Ganze gut und gern auf 2000 Euro. Und wenn der Kunde seinen ganz speziellen Radius haben möchte, für den Strobl erst die Form bauen muss, in die der Ski dann gepresst wird, dann können es auch mal 5000 Euro werden. Viel Geld, aber auch viel Handarbeit. Dazu kommt, dass Strobl pro Auftrag immer zwei Paar Ski baut und dann aus den vier Brettern die beiden heraussucht, die am besten zusammenpassen. „Holz lebt“, sagt er. Klar, dass bei diesem Aufwand keine Großserie möglich ist.

Und wo will er hin? „Nirgends“, erklärt der Tiroler, „ich muss Lust haben, Ski zu bauen. Und für die Lust brauche ich Zeit für mich zum Skifahren, zum Gleitschirmfliegen oder zum Klettern.“ Strobl will kein Workaholic werden. Das wäre es ihm nicht wert.

Kein Tiroler Start-up mit Expansion also? Sicher ist das nicht, auch wenn man diese Art Ski wohl nie in Großserie bauen kann. Mehr als 18 Paar pro Sommer dürften mit Unterstützung von Mitarbeitern aber schon gehen. Die Nachfrage ist da, Probleme, seine Ski an den Käufer zu bringen, hat er nicht. Im Gegenteil. „Ich muss ziemlich oft Nein sagen, aber im Moment kann ich nicht mehr als 18 Paar im Jahr bauen“, sagt er. Die Betonung liegt auf im Moment.

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