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Preußische Strenge. Auf Schloss Königs Wusterhausen erholte sich Friedrich Wilhelm I. – und malte auch. 40 seiner dort entstandenen Bilder sind zu bewundern.

© pa/Luftbild

Königs Wusterhausen: Die Vögel halten den Schnabel

Viele Wanderwege, ein Schloss und lauter Fragezeichen: Sonntagsausflug nach Königs Wusterhausen.

Warum nicht mal einen Ausflug nach Königs Wusterhausen machen? Mit dem Auto ist man über die Autobahn in knapp einer Stunde dort, mit der S-Bahn dauert die Fahrt kaum länger. Und so betritt man das Städtchen gleich zentral, vom Bahnhof aus.

Der erste Eindruck: schnucklig. Zahlreiche restaurierte Häuser, beschauliche Kleinstadtatmosphäre, Kopfsteinpflaster, selbst ein historisches Kino von 1930 hat überlebt. Dazu Wanderwege, viel Wasser, ein Schloss sogar. Gar nicht weit vom Bahnhof entfernt, über einen kühn geschwungenen Brückenneubau von 2012 in zehn getrödelten Minuten zu erreichen.

Die Schlossanlage und der angrenzende Park erinnern von Ferne ein wenig an Neuhardenberg. Königs Wusterhausen war das Lieblingsschloss von Friedrich Wilhelm I., dem Vater Friedrichs des Großen, genutzt als Jagdschloss und Sommersitz. Daher durfte sich Wusterhausen ab 1717 den Zusatz „Königs“ leisten.

Haben Sie schon bestellt?

Und heute? Gibt es für Kulturinteressierte eine Dauerausstellung im Schloss zum Leben und künstlerischen Schaffen in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Und im ehemaligen Pferdestall lockt ein Schlosscafé in historischen Räumen. Hell und freundlich eingerichtet, klassische Musik, runde Holztische, Bilder und Stiche an den Wänden. Ein Ort zum Wohlfühlen.

Am Kuchenbüffet begutachten wir das Angebot. Die Bedienung dahinter nimmt keine Notiz von uns, wirkt zu beschäftigt. Es ist nicht viel Betrieb heute, am Sonntag zur Kaffeezeit. Die Auswahl an Tischen ist groß, auf etlichen steht noch das Geschirr voriger Gäste. Vor dem Pizzaofen äugt ein missmutig wirkender Mann zu uns herüber, macht sich an Windbeuteln zu schaffen.

Ein junges Mädel bringt zwei Teller mit Wurst und Salat an unseren Nachbartisch. Dann geht sie wieder. Mit einer Tasse Kaffee kehrt sie zurück zum zweiten Tisch in unserer Nähe. Blickkontakt findet nicht statt. Dann räumt sie einen verlassenen Tisch leer. Danach räumt sie einen zweiten verlassenen Tisch leer. Mittlerweile sind fünfzehn Minuten vergangen.

Auch die Gäste am Nebentisch, direkt mit uns ins Café getreten, sitzen ratlos da. „Haben Sie schon bestellt?“, werden sie endlich von dem Mädel gefragt. Hätten sie nicht, nein. Ach, nicht? Ja, dann... Bestellen müssten sie hinten am Kuchenbüffet. Dann geht sie wieder. Wir stehen auf und wollen nicht weiter stören.

Hübsch restauriert - aber leider leer

Vorangegangen war eine Wanderung, oder sagen wir eher: ein Wanderversuch. Hinweisschilder für Spaziergänge gibt es noch und noch. Wir hatten uns aber vorm Ausflug vom „offiziellen Hauptstadtportal“ Berlins im Internet inspirieren lassen und wollten auf Teufel komm raus den „Neue-Mühle-Wanderweg“ entdecken. Zehn Kilometer waren versprochen, idyllische Gewässer wurden gepriesen, Gärten, eine Schleuse, ein Landgasthaus in Aussicht gestellt worden. Klang super.

Hier geht's lang...
Hier geht's lang...

© Steinach/imago

Den „Neue-Mühle-Wanderweg“ gibt es aber gar nicht. Jedenfalls ist er auf den Hinweisschildern nicht zu finden. Wir orientierten uns eine Weile an der Wegbeschreibung des „offiziellen Hauptstadtportals“, unterquerten also zunächst, wie empfohlen, die Bahnanlagen, fanden mit einiger Mühe zum Kirchsteig, vermissten zwar die Gärten, gelangten aber schließlich tatsächlich zu „Riedels Landgasthof“.

Er ist verwaist, ein Verkaufsschild steht an der Straße. Die Fassaden, vor einiger Zeit hübsch restauriert, beginnen zu blättern, der Biergarten verwildert, das Mobiliar ist entfernt. Im Internet finden wir eine enttäuschte Stimme. Eine Touristin aus Nordrhein-Westfalen zeigte sich vor mehr als vier Jahren, im Sommer 2010, verwundert und verstimmt über den Betrieb im Landgasthof: „ ... von der Bedienung ziemlich enttäuscht, kein freundliches ,Guten Tag‘, die Karten wurden wortlos auf den Tisch geknallt, es wurde immer nur halb abgeräumt, man musste reingehen, um endlich wieder bestellen zu dürfen ... guten Service stelle ich mir doch sehr anders vor.“ Servicewüste KW?

Tja, wie schön hätte es sein können...

Wir finden dann noch zur Schiffsanlegestelle und auch zur 1886 erbauten Schleuse, die derzeit eine Baustelle ist. Die Suche nach dem „Neue-Mühle-Wanderweg“ geben wir auf und entscheiden uns spontan für den „Rundweg um den Zeesener See“. Elf Kilometer, das schien machbar. Ein gelber Punkt leitet uns. Zunächst geht es eine ganze Weile über einen Waldweg, parallel zur viel befahrenen Landstraße. Die Vögel sind wohl vom Motorenlärm eingeschüchtert und halten den Schnabel.

Dann führt der Wanderweg auf eine penibel gepflasterte Siedlungsstraße, immer geradeaus, dann links im Zickzack über graue Verbundsteine. Wir dürfen Carports und verschiedenartige Zaungebilde bewundern. Die Kilometerangabe auf den Hinweisschildern verharrt seltsamerweise auch nach einer halben, dreiviertel Stunde unbeirrt auf dem Stand von elf Kilometern. Wir geben das öde Pflastertreten auf, pfeifen auf den gelben Punkt und wagen uns zwischen Häusern zum See. „Der ist ja riesig“, staunen wir. Nur führt der Rundweg eben nicht am Seeufer entlang.

„Wer zum ersten Mal nach Königs Wusterhausen kommt“, lesen wir später in den Stadtinformationen, „ist überrascht und fasziniert von der Ursprünglichkeit und Vielfalt der Landschaft, von den vielen Seen und dichten Wäldern, stillen Fließen und Kanälen, grünen Wiesen und Auen.“

Tja, wie schön hätte es sein können... Immerhin hatten wir auf einem Waldweg durch den sogenannten Tiergarten in luftiger Höhe aparte Vogelhäuschen an den Baumstämmen entdeckt – aus Beton! Womöglich Versuchsbauten aus der Plattenproduktion seligen Andenkens. Ein erhaltenswertes Kulturgut.

Das beste kommt zum Schluss

Zu guter Letzt werden wir doch noch versöhnt. Wir entdecken, nahe beim Schloss, das „Restaurant Jagdschloss“ von 1896. Freundlicher Blickkontakt beim Eintreten. „Haben Sie Kuchen?“ fragen wir schüchtern. „Ja, leider nur Apfelstreusel, aber dafür selbstgebacken“, versichert die flotte Serviererin lächelnd. Und auch der Kaffee ist nicht schlecht.

Man muss sich auskennen in Königs Wusterhausen. Beim nächsten Besuch probieren wir einen anderen Weg – vielleicht führt er ins Glück. Und das Schlosscafé lassen wir einfach links liegen.

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