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Schuhe aus – und los. Das kleine Glück ist für Kinder leicht zu haben auf Usedom. Familien schätzen die Ostseeinsel als attraktives Ferienziel.

© Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern

Familienurlaub auf Usedom: Wasser bis zum Bauchnabel

Sonne, Sand und mehr: Familien mögen Usedom. Und Kinder erkennen: Wer sich hier langweilt, ist selbst schuld.

Ziemlich schmal sehen die roten Kanus aus, die Benjamin Jekat und sein Kollege in Zinnowitz ins Achterwasser gleiten lassen. Ob sie tatsächlich stabil auf dem Wasser liegen? Schließlich sollen wir damit mehr als drei Stunden über die Lagune des Peenestroms paddeln, der Usedom vom Festland trennt. Unsere Gruppe besteht aus fünf Erwachsenen und vier Kindern zwischen drei und acht Jahren. Benjamin Jekat beruhigt uns. Er arbeitet für die Surf- und Segelschule Sail Away Usedom, die auch Kurse im Kanu- oder Katamaranfahren für Kinder anbietet.

„Für Anfänger eignet sich das Achterwasser oft besser als die Ostsee“, sagt Benjamin Jekat, „denn an den meisten Stellen reicht es einem Erwachsenen gerade mal bis zum Bauchnabel.“ Also besteht keine Gefahr für Leib und Leben, sollten die roten Kähne doch mal kippen. „Notfalls haben wir ja noch die Schwimmwesten“, meint ein Dreijähriger und bläst einfach mal zur Probe in die Pfeife an seiner orangefarbenen Weste.

Auf der Paddeltour entlang des schilfgesäumten Ufers lernen wir ein ganz anderes Usedom kennen als an der Ostsee. Wir beobachten Kormorane, paddeln vorbei an Fischernetzen und sehen aus der Ferne Segelboote übers Wasser gleiten. Eine Ruhe macht sich breit, die einem zumindest im Juli und August an den Stränden der Kaiserbäder verwehrt bleibt.

Knapp eine Million Gäste und über vier Millionen Übernachtungen zählte die Usedom Tourismus GmbH im vergangenen Jahr. 86 Prozent der Einwohner leben vom Tourismus, „wobei dazu inzwischen auch Supermärkte zählen, die die Besucher mit Lebensmitteln versorgen“, sagt Sandra Grüning von der Usedom Tourismus GmbH.

Der 42 Kilometer lange Sandstrand, der sich von Peenemünde im Westen bis ins polnische Swinemünde im Osten erstreckt und an einigen Stellen bis zu 70 Meter breit ist, ist zweifellos Usedoms Hauptattraktion. Doch gleicht er im Sommer mancherorts mit seinen Hüpfburgen und Riesenwasserrutschen eher einem Rummelplatz als einem Ort der Erholung.

Mit Yogamatten zur Seebrücke

Einen beruhigenden Gegenpol zur Reizüberflutung am Strand und auf der Promenade setzt Claudia Lippert. Sie hat sich in Indien zur Yogalehrerin ausbilden lassen und unterrichtet jetzt Kinder und Erwachsene am Strand des Seebads Koserow im Auftrag der Kurverwaltung. Fast jeden Sonnabend belädt sie ihren Bollerwagen mit Yogamatten und zieht ihn zur Seebrücke. „Manchmal kommen nur zwei oder drei Kinder dazu, dann wieder ist es eine ganze Schulklasse“, sagt sie.

Besonders Berliner Kinder wüssten oft schon Bescheid, was Yoga ist, und nehmen allein oder mit ihren Eltern das kostenlose Angebot wahr.

Nachdem die Matten sternförmig auf dem Sand ausgebreitet sind, stellt Claudia Lippert den Elefantengott Ganesha vor und stimmt ein indisches Mantra an. Eine Geschichte leitet die Kinder durch einfache Yogapositionen wie den herabschauenden Hund oder den Baum.

Zwischendurch werden sie angehalten, ganz konzentriert den Wellen zu lauschen. Ein schönes Kompliment bekommt Claudia Lippert am Ende der Kinderyogastunde von einem Achtjährigen: „Mir hat alles gut gefallen. Nur eine Sache finde ich doof – dass es jetzt vorbei ist.“

Wellness für die Kleinen: Quarkmaske mit Streuseln

Für Entspannung sollen auch die Angebote im Travel Charme Strandhotel Bansin sorgen. Neben Wellnessangeboten für werdende Mütter hat das Hotel „Familienwellness“ im Programm. Das geht früh los: Schon ab einem Alter von drei Wochen können Eltern mit ihren Säuglingen an einem Babymassagekurs teilnehmen. Eine bessere Durchblutung, Verdauung und – für junge Eltern wahrscheinlich am wichtigsten – besserer Schlaf sind angeblich die Folgen der sanften Berührungen.

Massagen gibt es auch für ältere Kinder, auf Wunsch mit dunkler oder weißer Schokolade oder einschließlich einer Quarkmaske mit Streuseln – eine herrliche Kleckerei. Ab vier Jahren können sich die kleinen Feriengäste außerdem die Finger- und Fußnägel bunt lackieren lassen – auf Wunsch jeden Nagel in einer anderen Farbe.

Verschönert und tiefenentspannt wird die Insel nun weiter mit dem Rad erkundet. 180 Kilometer lang ist Usedoms Radwegenetz. Es führt entlang an Weizen- und Rapsfeldern, an alten Kirchen und Reetdachhäusern. Wer nicht mit dem eigenen Fahrrad kommt, der wird bei vielen Hotels und Verleihern fündig. Analog zu den DB-Fahrrädern in Berlin gibt es das Fahrradverleihsystem Usedom Rad. An mehr als 100 Stationen können Fahrräder und E-Bikes stunden- oder tageweise geliehen werden.

In den Usedom-RadPlus-Stationen werden auch Sitze, Räder und Anhänger für Kinder ausgegeben. Der Vorteil: Sie können auch andernorts zurückgegeben werden, falls die kleinen Entdecker müde werden und lieber mit Bus und Bahn zurückfahren.

Brennnesselchips bei der Kräuterhexe

Perfekte Haltung. Claudia Lippert lehrt Yoga am Strand – auch Kindern.
Perfekte Haltung. Claudia Lippert lehrt Yoga am Strand – auch Kindern.

© privat

Eine Radtour könnte in den Wald bei Prätenow zu Ina Schirmer führen. Sie wird auch die „Kräuterhexe von Usedom“ genannt und lebt, wie es sich für echte Hexen gehört, in einem kleinen Haus am Wald. Dort sammelt sie Wildblumen und Kräuter, mit denen sie unter anderem das Gourmetrestaurant Kulm-Eck in Heringsdorf oder das Lokal Zur alten Post in Bansin beliefert.

Für Kinder und Erwachsene bietet sie Wildkräuterführungen an. Nach einem Glas Kräuterbrause stellt sie den Kindern „die beiden Erichs“ vor. „Das hier sind Brüder“, sagt sie und hält ein ovales und ein längliches Blatt in die Luft. „Der Breitwegerich ist wie ein Pflaster, das ihr auf einen Insektenstich oder auf eine kleine Wunde legen könnt. Der Spitzwegerich hilft als Sirup gegen Husten.“

Dass Brennnesseln wehtun können, wissen schon die Dreijährigen. Ina Schirmer zeigt ihnen, wie sie den Stiel der Pflanze und die Unterseite der Blätter gefahrlos berühren können. „Die Blätter schmecken aber auch als Salat oder sogar als Burger“, sagt sie und tischt den überraschten Stadtkindern Brennnesselchips auf, von denen sie auch Wochen später noch schwärmen.

Wer sich langweilt, ist selbst schuld

Auf der Suche nach einer Unterkunft werden Familien nicht nur in den Strandbädern, sondern auch im Usedomer Hinterland fündig. Mehr als 100 Jahre alt ist der Stolperhof bei Stolpe. Wer sich mit der etwas rauen Art der Wirtin angefreundet hat, kann dort einen entspannten Urlaub verbringen in einer Umgebung wie aus dem Bilderbuch: Glückliche Schweine, Ziegen, Kühe und Pferde grasen auf den grünen Weiden, Hühner, Kaninchen und Gänse dürfen die Kinder sogar in ihren Gehegen besuchen. Die Gäste schlafen in „Kammern“ mit alten Bauernkojen und werden vom selbst ernannten „Gesinde“ mit Pommerscher Küche bekocht.

Ganz auf Familien eingestellt ist auch das Ostseebad Karlshagen im Westen der Insel. Jedes Jahr wählt die Kurverwaltung den familienfreundlichsten Gastgeber. Der Campingplatz Dünencamp ist speziell auf Familien eingestellt – mit kindgerechten Waschräumen sowie einer sogenannten Keramikmalstraße, in der auch externe Besucher Figuren bunt bepinseln oder in Workshops Schmuck aus Speckstein oder Gipsbilder aus Strandfundstücken basteln können.

Um die Wünsche und Vorschläge von Kindern und Jugendlichen in Karlshagen kümmert sich die zwölfjährige Hannah Uehlinger. Sie ist die erste Kinder-Kurdirektorin Mecklenburg-Vorpommerns und hat zum Beispiel erreicht, dass an der Promenade jetzt ein „Büchersegel“ steht. Dort können große und kleine Gäste ihre ausgelesenen Bücher gegen gebrauchte Literatur eintauschen. In den Sommermonaten gibt es in der Konzertmuschel regelmäßig Puppentheater, Lesungen oder Zirkus für Kinder. Wer sich hier langweilt, ist selbst schuld.

Tipps für Usedom

UNTERKUNFT
Stolperhof, Stolpe, sieben Übernachtungen ab 266 Euro mit Frühstück in der „Doppelkammer“, Telefonnummer: 038372 /71081, im Internet unter: stolperhof.wordpress.com

Casa Familia, Übernachtung mit Frühstück und All-inclusive-Abendbüfett ab 50 Euro pro Person im Doppelzimmer, Dünenstraße 45, Ostseebad Zinnowitz, Telefonnummer: 038377/ 770, Internet: casafamilia.de

Campingplatz Dünencamp, Karlshagen, karlshagen.de/duenencamp

WASSERSPORT
Sail away Usedom, Zinnowitz, Telefon: 03 83 77 / 3 60 18, Internet: sail-away-usedom.de

YOGA
Yoga auf Usedom, Claudia Lippert, Koserow, Telefon: 0151/ 519 444 62, Internet: yoga-usedom.de

RESTAURANTS
Restaurant Zur Alten Post (15 Punkte im Gault Millau), Bansin, geöffnet von Mittwoch bis Sonntag, jeweils ab 18 Uhr. Reservierungstelefonnummer: 038378/ 560

Kulm-Eck, hier kocht Brian Seifert mit Kräutern und Blüten. Kulmstraße 17, Heringsdorf, Telefon: 03 83 78/ 225 60, im Internet: kulm-eck.de

AUSKUNFT
Usedom Tourismus, Zimmervermittlung, Telefon: 03 83 78/ 498 80, Internet: auf-nach-mv.de/usedom

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