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Hotel Grunewald

© Imago

Elvis Presley: Auf dem Sofa des King

Elvis Presley lebte zwei Jahre in Bad Nauheim. Und verliebte sich hier in die 14-jährige Priscilla

Elvis Presley wird nicht erwähnt. Kommt der Besucher nach Bad Nauheim, wird er von Schildern empfangen: Kurhaus, Kneippanlage, Trinkkuranlage. Kein Museum, keine Gedenktafel, nicht mal ein Schild verweist deutlich darauf, dass Elvis Presley während seiner Armeezeit zwei Jahre in der beschaulichen Kurstadt lebte. Nirgends sonst hat Elvis Presley außerhalb der USA so lange verbracht wie hier. Jede Stadt auf der Welt hätte aus diesem Alleinstellungsmerkmal Kapital geschlagen. Nicht so Bad Nauheim. Doch in der Touristinformation steht eine Vitrine mit Büchern und Bildbänden, T-Shirts, DVDs und Tassen vom „King“. Daneben eine Flasche Wein mit Elvis’ Konterfei: „G. I. Red, trocken“. Für 8,95 Euro.

„Fünf bis zehn Touristen informieren sich bei uns pro Tag über Elvis“, versichert die Angestellte aus dem Stadtmarketing. Jeden ersten Sonnabend im Monat gebe es eine Stadtführung „auf den Spuren von Elvis“ zu Stationen, bei denen Stadtführer Hans-Ulrich Halwe von Presleys Leben in Bad Nauheim erzählt und die Zeit von damals aufleben lässt. Er weiß, dass Elvis gern Kuchen im Café auf dem Johannisberg aß und er dort einmal eine weiße Tischdecke mit einem riesigen Autogramm „verunstaltete“. Wütend darüber steckte die damalige Besitzerin das Teil in die Waschmaschine, ohne zu ahnen, dass man ihr einen Tag später viel Geld für das Tuch bieten sollte. Halwe weiß auch, dass Elvis gern auf einer Wiese Fußball spielte, seine Sekretärin oft mit Pepsi und Süßigkeiten für die Mitspieler vorbeikam. „Insgesamt fühlte sich Elvis hier sehr wohl, obwohl er vorher eher skeptisch war.“ Der Grund: Das „Bad“ vor Nauheim hatte Elvis mit dem englischen „bad“ (schlecht) gleichgesetzt.

Hans-Ulrich Halwe arbeitet nicht für die Stadt, vielmehr ist er Ehrenpräsident des örtlichen Elvis-Presley-Vereins. Die Gründer bemängelten einst, weder Bad Nauheim noch Friedberg (wo die Kaserne der US Army steht) wüssten die „Marke“ Elvis zu nutzen. Inzwischen hat der Verein 200 Mitglieder und organisiert – gemeinsam mit dem Stadtmarketing – zwei Veranstaltungen im Jahr: Die „Elvis Birthday Celebration“ am 8. Januar sowie das mehrtägige „European Elvis Festival“ um den Todestag am 16. August.

Halwe zieht sein blaues Hemd zurecht und zeigt auf eine Baustelle neben der Dankeskirche. „Hier stand früher das Parkhotel, wo Elvis während der ersten Woche wohnte.“ Es war die Woche nach dem 1. Oktober 1958. An dem Tag kam Elvis in Bremerhaven an, wo er von 5000 Fans erwartet wurde. Zu dieser Zeit war er schon mehrfacher Plattenmillionär. Am selben Abend erreichte er mit dem Zug die Kaserne in Friedberg, wo der Soldat Presley bis 1960 als Jeepfahrer Dienst schob. Doch der Hotelbesitzer hatte Bedenken wegen der Fans, weil sich mit Abd al-Aziz ibn Saud der amtierende König Saudi-Arabiens angesagt hatte. Für den „King“ musste ein Ersatzquartier her. Das fand Elvis schließlich im Hotel Grunewald. Er mietete die komplette obere Etage für seinen Clan, bestehend aus Oma, Vater, einer Sekretärin und zwei Bodyguards. In die schnuckelige Villa aus der Gründerzeit kommt man allerdings nur, wenn man ein Zimmer mietet. Das entscheidet Besitzerin Rita Isberner-Haldane. Denn die 88-Jährige vermietet nur, wenn es ihr Gesundheitszustand erlaubt.

Innen sieht vieles noch so aus wie damals, auch Zimmer Nummer 10, in dem Elvis von Oktober 1958 bis Februar 1959 lebte. Ein altes Doppelbett, darüber ein Kronleuchter, schwere Antikmöbel, ein Ankleidezimmer mit Waschbecken und eigener Toilette. Es riecht leicht muffig, aber kein Staubkörnchen findet sich auf den Möbeln. Das Haus wirkt wie ein kleines Schloss: Frühstücksraum und Wohnzimmer sind liebevoll eingerichtet, neben dem Sofa, „auf dem Elvis so gern saß“, stehen Fotos von ihm: Elvis auf dem Sofa. Elvis mit weißem Pudel. „Das war seiner“, sagt Hans-Ulrich Halwe. „Als er auszog, ließ er ,Sherry‘ bei Hotelbesitzer Otto Schmidt. Er wollte dem Hund nicht die gewohnte Umgebung nehmen. Daher war Elvis später auch öfter hier zu Besuch.“

Vor dem Hotel Grunewald, direkt gegenüber des Kurparks, steht die Elvis-Stele. Gestiftet wurde sie 1998. Aber nicht von der Stadt, sondern von einem ansässigen Steinmetz. „Am Todestag stehen hier mehrere hundert Besucher, die den Platz in ein kleines Lichtermeer verwandeln“, erklärt Halwe.

Die Führung geht weiter zur Burgpforte. Das Bild, das Elvis in Ausgehuniform vor dem Torbogen zeigt, ging millionenfach um die Welt. Als Cover des Nummer-1-Hits „A Big Hunk O’ Love“.

Eine Viertelstunde später: Goethestraße 14. Ein ganz normales Wohnhaus in einer ganz normalen Straße. Hätte hier nicht Elvis ein Jahr lang gelebt. „Früher standen hier immer eine Reihe von Fans davor und haben auf ihn gewartet oder auch mal mit ihm gesprochen.“ Heute wohnt hier ein ehemaliger Chefarzt des örtlichen Krankenhauses. Er ist nicht begeistert, wenn die Elvis-Fans sein Haus belagern. Halwe zuckt mit den Schultern. „Damit muss mal halt rechnen.“ In der Goethestraße befand sich auch das Studio G, wo Elvis oft stundenlang übte. „Hier hatte sein Welthit ,It’s Now or Never‘ Premiere“, sagt Halwe. Außerdem traf Elvis in diesem Haus auf einer Party zum ersten Mal seine spätere Frau Priscilla, damals 14 Jahre jung. „Wegen des Alters warnte jedoch einer seiner Bodyguards Elvis vor zu enger Tuchfühlung.“

Halwes letzter Stopp: das Gradierwerk. „Elvis kam von den Manövern oft mit Halsschmerzen und Erkältungen zurück. Sein Arzt riet ihm, hier die salzhaltige Luft einzuatmen. Viele sagen noch heute, dass seine Stimme danach weicher klang.“

Auskunft: Stadtmarketing und Tourismus, In den Kolonnaden 1, 61231 Bad Nauheim; Telefon: 060 32 / 92 99 20, Homepage: www.bad-nauheim.de
Veranstaltung: The Elvis Presley Story, Musikrevue mit 40 Songs. 18. August, 20 Uhr, Elvis-Presley-Platz 1; Internet: www.elvis-presley-verein.de

Christian Schnohr

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