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Seit 2017 gibt es in Deutschland die Ehe für alle.

© Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa

Zwei Jahre Ehe für alle: Sieben Prozent aller Eheschließungen sind gleichgeschlechtlich

Vor zwei Jahren wurde in Deutschland die Ehe für alle eingeführt. Seitdem haben fast 33.000 gleichgeschlechtliche Paare geheiratet.

Jahrelang wurde im Bundestag darüber gestritten, dann ging plötzlich alles ganz schnell: Nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Überraschung vieler kurz vor der Bundestagswahl im Sommer 2017 die „Ehe für alle“ zur Gewissensfrage ohne Fraktionszwang erklärt hatte, beschloss der Bundestag die Neuregelung nur wenige Tage später in der letzten Sitzung vor der Sommerpause. Das Gesetz trat bereits am 1. Oktober des Jahres in Kraft. Seitdem können auch gleichgeschlechtliche Paare vor dem Standesamt eine Ehe schließen.

Fast 33.000 haben das nach Angaben des Statistischen Bundesamtes seitdem getan. Bundesweit liegt der Anteil der gleichgeschlechtlichen Trauungen an allen Eheschließungen danach bei rund sieben Prozent. Im Bürgerlichen Gesetzbuch musste dafür der entsprechende Passus geändert werden. In der Novelle steht nun: „Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen“.

Zur Entscheidung Merkels hatte unter anderem der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck gesorgt: Er hatte sich bei den Grünen dafür stark gemacht, die „Ehe für alle“ als Koalitionsbedingung festzuschreiben. Die SPD und die FDP zogen nach. Bei der Abstimmung im Bundestag sprach sich schließlich eine große Mehrheit der Parlamentarier für die Öffnung der Ehe aus - Merkel votierte allerdings mit „Nein“.

"Es geht darum, dass zwei Menschen Verantwortung füreinander übernehmen"

Die Debatte wurde damals sehr emotional geführt: Die damalige fraktionslose Abgeordnete Erika Steinbach, die die CDU wenige Monate zuvor verlassen hatte und inzwischen Vorsitzende der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung ist, nutzte ihre Rede für eine Abrechnung mit der Kanzlerin. Sie sei diejenige gewesen und nicht die SPD, die „die Türe für die heutige Entscheidung sperrangelweit geöffnet habe“, die einen Verstoß gegen das Grundgesetz bedeute.

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Andere Reden waren gemäßigter: Der damalige SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann betonte, die Abstimmung „ist vielleicht nicht gut für die Koalition, aber gut für die Menschen“. Es gehe bei der Ehe „nicht um das Geschlecht, sondern darum, dass zwei Menschen Verantwortung füreinander übernehmen wollen“.

Unions-Fraktionschef Volker Kauder erklärte, als Christ könne er zu keiner anderen Überzeugung kommen, als dass die Ehe eine Verbindung von Mann und Frau sei. Er wolle aber natürlich jedem eine andere Gewissensentscheidung zugestehen.

Die Niederlande führten schon 2001 die Ehe für alle ein

Dagegen sprach die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt von einem „historischen Tag“. Es gehe bei dem Gesetz um „die Menschenwürde, die Freiheit der Persönlichkeit und die Gleichheit vor dem Gesetz“.

Zu den Kritikern der „Ehe für alle“ gehört auch die katholische Kirche: Während die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) erklärte, dass dadurch die Bedeutung der Ehe zwischen Mann und Frau nicht geschmälert werde, war die katholischen Bischöfe gegen die Neuregelung ab.

Der Grünen-Politiker Volker Beck: Die Ehe für alle war maßgeblich auch sein Verdienst.
Der Grünen-Politiker Volker Beck: Die Ehe für alle war maßgeblich auch sein Verdienst.

© imago/Horst Galuschka

Deutschland war damals das 24. Land, das die „Ehe für alle“ beschloss. Als erstes öffneten die Niederlande bereits 2001 die Ehe, auch traditionell katholische Länder wie Spanien, Brasilien und Argentinien waren lange vor Deutschland soweit. Zugleich steht Homosexualität in mehr als 70 Ländern - überwiegend in Afrika und Asien unter Strafe, in einigen Ländern droht Homosexuellen sogar die Todesstrafe. Zuletzt kündigte zum Beispiel Tansania an, mit Spezialeinheiten Homosexuelle verfolgen zu wollen.

Kommt eine Reform des Familienrechts?

Zufrieden äußert sich zum Jahrestag der Lesben- und Schwulenverband. „Die Ehe für alle hat unsere Gesellschaft gerechter, offener und demokratischer gemacht“, erklärte er am Montag in Berlin. Zugleich forderte er, dass die Bundesregierung beim Abstammungsrecht nachlegen müsse. „Regenbogenfamilien in ihren diversen Konstellationen müssten endlich rechtlich anerkannt und abgesichert werden“, so der Verband.

Tatsächlich beschäftigt sich das Bundesjustizministerium mit einer Reform des Familienrechts. Heiko Maas (SPD) ließ als Justizminister zwei Jahre Experten im „Arbeitskreis Abstammungsrecht“ beraten. Dabei ging es unter anderem um die Frage, ob bei einer Ehe zwischen zwei Frauen automatisch beide das Sorgerecht für ein Kind bekommen sollten oder nur diejenige, die das Kind austrägt. Der Abschlussbericht empfiehlt ersteres. Mit einem konkreten Gesetzentwurf wird in dieser Legislaturperiode aber nicht mehr gerechnet. (KNA)

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