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Szene aus "Phaidros" von Mara Mattuschka.

© Mara Mattuschka/Xposed

Xposed Queer Festival: Küsse und Schläge

Ränkespiele in Wien, Doppelgänger in Berlin, Kurzes aus aller Welt: Das 13. Xposed Film Festival versammelt queere und experimentelle Perspektiven.

„Wollen Sie geheilt werden?“, fragt eine Stimme aus dem Off. „Nein, ich habe keinen Wunsch verändert zu werden, auch wenn das ginge“, lautet die Antwort des selbstbewussten Schwulen, der sich in diesem wahrscheinlich in den sechziger Jahren entstandenen Fernsehbeitrag ganz offen und ohne Selbsthass über sein Begehren äußert. Daisy Asquith hat die alten Schwarz-Weißaufnahmen in ihren Dokumentarfilm „Queerama“ integriert, der beim am Donnerstag startenden 13. Xposed Queer Film Festival in Berlin zu sehen ist. In etwas mehr als einer Stunde zeichnet die Regisseurin auf erhellende und kurzweilige Weise die queere Emanzipation in Großbritannien nach.

Die Pathologisierung und Kriminalisierung auf der Insel hatten erschreckende Ausmaße. So stand schwuler Sex bis 1967 unter Strafe, das Schutzalter wurde erst 2001 von 18 auf 16 herabgesetzt und damit dem heterosexuellen angeglichen. Wie selbstverständlich Homosexualität vor 50 Jahren noch mit Unglück gleichgesetzt wurde, zeigen die historischen Interviews mit jungen Schwulen und Lesben, die sich zum Teil anonymisieren ließen. Nachvollziehbar zu einer Zeit, in der eine Ärztin vor der Kamera noch davon spricht, dass Mädchen, die ihr eigenes Geschlecht begehren „ein Schaden zugefügt“ wurde.

Wilder Wüstentrip

Als Gegengift zu solchen Aussagen hat Asquith wunderbare Montagen von Spielfilmszenen gesetzt. Zu Liedern von John Grant, Goldfrapp und Hercules & Love Affair sind thematisch arrangierte Collagen zu sehen. Mal zeigen sie Blicke, mal Umarmungen oder Küsse von Frauen- beziehungsweise Männerpaaren - dann aber auch Schläge und Tritte, die britischen Filmen wie „Flames of Passion“, „Love is The Devil“ oder „Stud Life“ entnommen sind.

Fast komplett aus anderen Werken zusammengesamplet ist „Terror Nullius – A Political Revenge Fable in three Acts“ des australischen Kunst-Duos Soda Jerk. Es verwendet Ausschnitte aus australischen Produktionen wie „Priscilla - Königin der Wüste“ oder „Mad Max“ und kombiniert sie mit eigenen Szenen zu einem wilden Wüstentrip.

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Das Xposed Festival zeigt im Kino Moviemento neun lange Spiel- und Dokumentarfilme, dazu sechs Kurzfilmprogramme zu Themen wie „Performative Riots“ oder „Perceptions, Deceptions & Assumptions“. Außerdem ist aus Mexiko „The Sexual Diversity Program Morelia“ zu sehen.

Platon und Bademeister

Eröffnet wird das Festival mit „Phaidros“, dem neuen Spielfilm der österreichischen Filmkünstlerin und Malerin Mara Mattuschka, die auch zu Gast sein wird. Ihre in Wien angesiedelte Geschichte basiert auf Platons gleichnamigem Dialog, den der junge Schönling Emil (Julian Sharp) und der grantige Altstar Werner-Maria (Alexander E. Fennon) an einem Theater einstudieren. Daraus entspinnt sich ein leidenschaftliches Ränkespiel um Macht, Unterwerfung, Sex und Sehnsucht – beseelt von griechischem Tragödiengeist und nahezu ohne Cis-Frauen. Mattuschka, die 1959 in Sofia zur Welt kam und mit experimentellen Filmen und Animationen bekannt wurde, filmt häufig aus Unter- oder Obersicht, was zur starken Stilisierung ihres Werkes beiträgt. Genau wie die Musik- und Tanzeinlagen im dem Nachtclub Wiener Freiheit, wohin es alle Beteiligten immer wieder verschlägt.

Nach Berlin führt "M/M" von Drew Lint: Der junge Kanadier Matthew (Antoine Lahaie) arbeitet hier in einem Hallenbad, wo er kurz mit Matthias (Nicolas Maxim Endlicher) Kontakt hat. Es ist der Beginn einer immer obsessiver werdenden Beschäftigung mit dem ebenfalls schwulen Mann, dem er sich nicht nur optisch immer stärker annähert. Das schon in der Namensähnlichkeit der beiden angelegte Doppelgängermotiv dekliniert der kanadische Regisseur in seinem Debütspielfilm recht plakativ durch, wobei er mit wenig Plot und Dialog auskommt und ihm einige schöne Nachtimpressionen von Berlin gelingen.

 Xposed Film Festival, 24.-27.5., Moviemento Kino, Kottbusser Damm 22.

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