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Bunte Schule. Viele Jugendliche wünschen sich Diversity-Workshops.

© picture alliance/dpa

Umfrage zum Unterricht: Schüler wollen mehr über Liebe und sexuelle Identität lernen

Viele Jugendliche wollen, dass Liebe, Sexualität und Vielfalt mehr im Unterricht thematisiert werden. Das gilt vor allem für nicht-heterosexuelle Schüler.

Knapp zwei Drittel der Schülerinnen und Schüler möchten, dass im Unterricht die Themen Liebe, Sexualität und Vielfalt stärker thematisiert werden. Das zeigt zumindest eine Studie der Evangelischen Schulstiftung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO). Unter dem Titel „Bund. Lieben. Leben“ befragte sie in Zusammenarbeit mit der Boston Consulting Group 472 Jugendliche der Klassenstufen 7 bis 13 an den Standorten Berlin-Mitte, Neukölln und im brandenburgischen Neuruppin.

Die Angaben der Jugendlichen zeigen ein ganz klares Bedürfnis, etwas über Liebe, Sexualität und Partnerschaft zu lernen, heißt es in der Studie. Solche Themen seien noch immer mit Vorurteilen belegt, erklärt Rainer Gronen, einer der Autoren. Er ist Leiter der Weiterbildungsabteilung der Evangelischen Schulstiftung und plädiert dafür, dass Lehrkräfte „sich öffnen und Fachleute von außen einbeziehen“.

Dies entspricht auch dem aktuellen Stand der Wissenschaft. Zum einen konnten zahlreiche Studien zeigen, dass beispielsweise Bildungsprogramme, die über Geschlechtsverkehr und sexuell übertragbare Krankheiten aufklären, dazu beitragen können, dass Jugendliche beim Sex weniger Risiken eingehen, sich besser vor Geschlechtskrankheiten schützen und weniger häufig ungewollt schwanger werden. Zum anderen konnte gezeigt werden, dass das Ansprechen von Diversitätsthemen nicht-heterosexuellen Schülern dabei hilft, psychosozialen Stress zu reduzieren.

In der EKBO-Studie wurden die Jugendlichen auch nach ihrer sexuellen Orientierung befragt. Bei denen, die sich als homo-, bi- oder asexuell identifizierten oder gar keine Kategorie angeben wollen, ist der Wunsch nach vertrauenswürdigen Informationen zu intimen Themen am größten. In dieser Gruppe ist auch der Anteil derer größer, die ihre Schule nicht als offenen Raum verstehen, um über ihre eigene sexuelle Identität zu reden. Das ist bei immerhin einem Drittel der Fall. Bei den heterosexuellen Jugendlichen sind es nur 16 Prozent.

In welcher Form die Informationsvermittlung geschieht, hängt dabei sehr von den Inhalten ab. Wenn es um die eigene Sexualität geht, will der überwiegende Teil der Befragten nicht im Unterricht darüber reden. Viele wünschen sich aber andere Formen, etwa eine Online-Plattform oder einen „Diversity-Tag“, an dem sie sich in Workshops und Vorträgen über diese und ähnliche Themen informieren und austauschen können. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Schülerinnen und Schüler durchaus offen dafür sind, im geschützten Raum der Schule faktenbasiert über die Themen Liebe, Sexualität und Vielfalt zu sprechen“, erklärt Co-Studienautorin Annika Zawadzki. Die Schulen müssten entsprechende Angebote schaffen.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt für die befragten Schüler auf HIV, Mobbing und Gewalt. Dies sind Themen, die die Mehrheit von ihnen bewegen. Angriffe, ob körperlicher, verbaler oder psychischer Natur, sind in Schulen omnipräsent. Da wundert es kaum, dass sich neun von zehn Schülern dafür aussprechen, klare Antidiskriminierungsregeln zu schaffen, die sie im Schulalltag schützen.

Jetzt liegt es an den Schulen, die Wünsche ihrer Schüler aufzugreifen: „Die Schulen legen den Grundstein dafür, dass junge Menschen unabhängig von der eigenen sexuellen Orientierung gestärkt ins Leben starten“, erklärt Zawadzki. Stephan Detert

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