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Szene aus "Temblores"

© TuVasVoir / Berlinale

„Temblores“ im Berlinale-Panorama: Kein Gott, nirgends

Kirchlicher Homohass: Jayro Bustamantes Panorama-Beitrag „Temblores“ über einen schwulen Mann in Guatemala City.

Vier Kruzifixe hängen an der Wohnzimmerwand. So haben hier alle stets vor Augen, dass der Glaube in diesem wohlhabenden Haus am Rande von Guatemala City über allem steht. Als bekannt wird, dass der jüngste Sohn und zweifache Vater Pablo (Juan Pablo Olyslager) eine Beziehung zu einem Mann hat, reagiert der Rest der Familie geschockt, ablehnend und verständnislos.

Pablo ist das erst mal egal, er zieht bei seinem Liebhaber, dem deutlich ärmeren, lebenslustigen Francisco (Mauricio Armas), ein. Doch als er seine Arbeit verliert und seine Frau ihm dann auch noch den Umgang mit seinen Kindern verbietet, dämmert ihm, dass er sich auf einen schweren Pfad begeben hat. „Ist das der Preis fürs Schwulsein?“, fragt er Francisco, der sagt: „Dachtest du, dass es einfach ist, eine Schwuchtel zu sein? Wir sind hier nicht in Luxemburg.“

Hoffnungsloser Ton

Dieser bei aller Bitterkeit auch witzige Moment bricht mit dem ansonsten konsequent durchgehaltenen Dramamodus von Jayro Bustamantes „Temblores“. Der Regisseur, dessen Debüt „Ixcanul“ 2015 im Wettbewerb lief, hat gedeckte Braun- und Grüntöne für seinen zweiten Spielfilm gewählt – passend zu der Düsternis, die Pablo bevorsteht. Seine Familie versucht mit allen Mitteln und unerbittlicher Härte, ihr sündiges Mitglied wieder auf Kurs zu bringen. Eine Schlüsselrolle kommt dabei der Pastorin (Sabrina De La Hoz) zu, die die evangelikale Gemeinde der Familie leitet. Die stets in Businesskostümen auftretende Geistliche, in deren Gottesdienst mit erhobenen Armen gebetet und per Kreditkarte gespendet wird, hat auch einen Umerziehungslehrgang für Schwule im Angebot. Pablo wird gedrängt, daran teilzunehmen – ein menschenverachtender Trip.

„Temblores“ – der Titel bezieht sich auf zwei kleine Erdbeben im Film sowie auf die Erschütterung von Pablos Leben – steht für das jüngst auffällig gestiegene Interesse des lateinamerikanischen Kinos an queeren Themen. Auf der Berlinale liefen etwa „Die Erbinnen“ aus Paraguay und „Eine fantastische Frau“ aus Chile im Wettbewerb, im Panorama gibt es weitere Beispiele. Bustamante schlägt dabei einen noch hoffnungsloseren Ton an als seine Kollegen, was angesichts der Homofeindlichkeit von Pablos Umgebung und seines Selbsthasses jedoch durchaus angemessen erscheint.

9.2., 9 Uhr (Cinemaxx 7), 10.2., 17 Uhr (Cubix 9), 12.2., 22 Uhr (Colosseum 1), 16.2., 19 Uhr (Zoo Palast 1)

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