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Provokant. Alfonso Pantisano (r.) und Andy Tarrant von SPDqueer.

© Mike Wolff

SPDqueer zum CSD Berlin: "Du Hetero Sau!!!!!" - Aktivisten kämpfen gegen Homophobie

Die SPDqueer Pankow verteilt Postkarten, auf denen Heteros beleidigt werden – zum Wachrütteln. Ihre Kampagne polarisiert.

Wenn die Christopher-Street-Day-Parade am kommenden Sonnabend vom Ku’damm zum Brandenburger Tor zieht, werden wahrscheinlich auch einige rote Postkarten im Umlauf sein. „Du Hetero Sau!!!!“ steht in weißer Schrift auf der Vorderseite. Wie, bitte?

Es handelt sich um eine Aktion der Arbeitsgemeinschaft SPDqueer Pankow. Vier Motive gibt es, das Ganze ist privat finanziert. Die Karten sollen auf Missstände in der Gesellschaft und in der queeren Community selbst hinweisen. Vorne steht jeweils ein provokanter Spruch, auf der Rückseite wird erklärt, worum es geht. „Niemand, der die Postkarte bisher in der Hand hielt, hat sie falsch verstanden“, betont Alfonso Pantisano. Der stellvertretende Vorsitzende der Pankower SPDqueer hat die Motive gemeinsam mit dem Vorstand entworfen.

Die Postkarte soll provozieren

Die „Hetero Sau“ mit den fünf Ausrufezeichen sorgt freilich für das größte Aufsehen. Dabei gehe es nicht darum, heterosexuelle Menschen zu beleidigen, erklärt Pantisano. Vielmehr soll darüber aufgeklärt werden, dass Beleidigungen wie „schwule Sau“ noch immer gang und gäbe sind. „Wir zeigen an diesem Beispiel ganz deutlich, wie unnötig und dumm dieser Satz ist.“

Die Postkarte soll provozieren. Es sei ein drastisches Mittel, gibt Pantisano zu, doch eines, das zu dieser Gesellschaft passe. Eine Gesellschaft, die zu vergessen scheine, dass es zur Lebensrealität vieler lesbischer, schwuler, bi-, trans- und intersexueller Menschen gehöre, beleidigt zu werden.

Ich habe tatsächlich beim Lesen zum ersten mal gefühlt (...), wie verwirrend es ist, wenn man als etwas angesprochen wird, wovon man denkt: ‚Woher will der das wissen? Der kennt mich doch gar nicht!‘ - und dieses Gefühl hatte (für mich) fast etwas von ‚Eingeschnürtwerden‘.

schreibt NutzerIn yvonned

"Wir haben den Finger in die Wunde gelegt"

Dass sich manche über die Kampagne empören, überrascht Pantisano nicht. „Wir haben den Finger in die Wunde gelegt. Es ist erschreckend, dass sich viele heute immer noch trauen, queere Menschen zu diskriminieren.“ Der Landesverband des LSVD (Lesben- und Schwulenverband in Deutschland) wollte sich zu den umstrittenen Motiven nicht weiter äußern, betonte aber, dass es dem Verband wichtig sei, dass Homo- und Transphobie in den Fokus gerückt werden.

Neben der „Hetero Sau“ gibt es auch eine Karte mit dem Schriftzug „Ich sag dir wer du bist“. Die Botschaft wird spätestens auf der Rückseite deutlich: Der Staat bestimmt noch immer weitgehend darüber, mit welchem Geschlecht man sich ausweisen muss – erst nach vielen Gutachten kann eine Änderung im Personenstandsregister erwirkt werden.

„Wir wollen, dass diese Karten verschickt werden an Menschen, die sich das Recht herausnehmen, andere einfach so zu diskriminieren“, sagt Alfonso Pantisano. Und das könnte dann so aussehen: Eine Person öffnet den Briefkasten und findet die Karte „Du Hetero Sau!!!!“. Auf der Rückseite steht: „Auf deutschen Schulhöfen ist es eines der am häufigsten verwendeten Schimpfwörter! Auch in Berlin! Uns reicht es, das könnt ihr doch verstehen, oder?“

Da die SPDqueer autonom arbeitet, habe er vorab nichts von der Aktion gewusst, sagt Knut Lambertin, SPD-Kreisvorsitzender von Pankow. „Ganz schön mutig!“ Auch er ist der Meinung, dass man manchmal provokante Botschaften senden müsse, um ein wichtiges Anliegen zu unterstützen. In den Kommentaren auf Online-Medien wie Queer.de oder der Initiative Enough is Enough wird die Aktion unterschiedlich aufgenommen, seit die Karten erstmals bei den Respect Gaymes am 7. Juli im Jahn-Sportpark verteilt wurden. Von „dümmlich-provokativ und unreif“ bis „das bringt es genau auf den Punkt“ lauten die Meinungen.

Zum Christopher Street Day erscheinen am Sonnabend sechs Tagesspiegel-Sonderseiten. Die wichtigsten Neuigkeiten aus dem queeren Berlin gibt es künftig auch einmal im Monat im Queerspiegel-Newsletter. Anmeldung und mehr Infos hier.

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