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Ein Demoplakat beim Berliner CSD 2015 gegen Homophobie in Russland.

© dpa

Queer in Russland und Zentralasien: Zensur und Verfolgung im post-sowjetischen Raum

Verfolgung, Folter, Zensur: Das droht queeren Menschen in post-sowjetischen Ländern. Eine Medien-Plattform will den Blick auf das Thema schärfen. Ein Interview.

Die neue Medien-Plattform UNIT berichtet über queere Menschen und Menschenrechtsverletzungen im post-sowjetischen Raum. Für den monatlich erscheinen Queerspiegel-Newsletter haben wir mit den Machern gesprochen .

Worum geht es bei UNIT?

Ali Feruz: Ich habe mehrfach Verfolgung und Diskriminierung aufgrund meiner Ethnizität und meiner Sexualität erfahren. Nachdem ich aus Usbekistan fliehen musste, weil ich dort inhaftiert und gefoltert wurde, habe ich für "Novaya Gazeta" in Russland über die Verfolgung von Homosexuellen berichtet. Weil ich aus Moskau zurück nach Usbekistan deportiert werden sollte, kam ich schließlich vor einem Jahr nach Berlin. Dort entwickelte ich bei einem Praktikum bei "N-Ost" (ein Netzwerk für Osteuropa-Berichterstattung) die Idee, eine Plattform für die Berichterstattung über queere Menschen im post-sowjetischen Raum zu gründen.

Andreas Schmiedecker: Ich habe selber lange in Russland und Zentralasien gelebt. Auch wenn die Situation in diesen Ländern sehr unterschiedlich ist, hatte ich zunehmend das Gefühl, dass ich meine Energie in den Kampf gegen Diskriminierung im post-sowjetischen Raum stecken möchte. Bei UNIT geht es nicht nur um queere Themen, sondern auch um Frauenrechte und um die Stellung von Menschenrechten im Allgemeinen.

Wie sieht die Arbeit bei UNIT aus?

Feruz: Wir wollen, dass nicht in erster Linie weiße Personen über exotisierte Regionen berichten, sondern Menschen, die vor Ort sind und von dort erzählen. Wir haben in jedem post-sowjetischen Land Partner – Journalist*innen, NGOs, Zeitungen. Wenn wir eine Themenidee haben, diskutieren wir innerhalb unseres Netzwerkes, wie sie sich am besten umsetzen lässt. Auch um Klischees zu vermeiden: Aktuell arbeiten wir etwa an einem Comic über eine lesbische Frau in Tschetschenien. Perspektivisch möchten wir auch Know-how vermitteln: über den Austausch innerhalb unseres Teams, Workshops oder Webinars.

Ist das für Ihre Partner*innen vor Ort gefährlich?

Schmiedecker: Unsere Partner*innen zu schützen, ist essentiell. Dabei vertrauen wir auf die lokale Expertise und Einschätzung. Außerdem ist es manchmal wichtig, bestimmte Themen durch die Hintertür auf die Agenda zu bringen. Kürzlich haben wir über einen Armenier berichtet, der in die Ukraine geflohen ist und HIV-positiv ist. Dass er schwul ist, ist zwar ein wichtiger, aber nicht der einzige Aspekt der Geschichte – zumal HIV und Aids Themen sind, die natürlich alle angehen! Indem wir gut erzählte Geschichten über interessante Menschen machen, vermitteln wir einerseits, dass queere Menschen nicht nur durch ihre Sexualität bestimmt werden. Andererseits können wir so Zensur entgehen und Leser*innen ansprechen, die bei einem explizit queeren Thema abgeschreckt würden.

Wie kann man UNIT unterstützen?

Feruz: Wir wollen kein bloßes Medium sein – sondern eine Community. Daher haben wir uns für ein Membership-Modell entschieden. Für einen monatlichen Mitgliedsbeitrag von mindestens fünf Euro können alle UNIT-Mitglieder unsere Arbeit unterstützen, Themenvorschläge machen, Fragen stellen. Durch unser Crowdfunding hoffen wir, möglichst relevant und unabhängig berichten zu können.

+ + + Das ist eine Leseprobe aus dem Queerspiegel-Newsletter des Tagesspiegel - hier geht es zur Anmeldung.+ + +

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