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Die Musikerin und Künstlerin Peaches.

© Madga Wosinska

Peaches an der Volksbühne: „Die Leute weinten vor Glück“

Popmusikerin Peaches bringt ihr Spektakel „There is only one Peach with The Hole in the Middle“ an die Volksbühne. Ein Gespräch über Bonbons, Beyoncé und tanzende Vaginas.

Peaches, mit der Show „There is only one Peach with The Hole in the middle“ feiern Sie Ihr 20-jähriges Bühnenjubiläum, das im kommenden Jahr ansteht. So lange tragen Sie auch schon den Namen Peaches. Warum haben Sie sich den damals ausgesucht?
Der Name kommt aus dem Nina Simone-Song „Four Women“. Die Kämpfe der Frauen darin sind zwar nicht meine, aber Nina Simone singt am Ende so leidenschaftlich „They call me Peaches“, dass ich mir wünschte, sie sagte es zu mir. Also habe ich meinen Namen geändert.

Spannend, viele Leute denken bei Ihnen ja eher, es beziehe sich auf Körperteile.
Das sind deren Assoziationen. Ich kann das auch nachvollziehen, aber der Grund für den Namen ist der Song.

Sie haben Ihre Show nach einer Zeile aus dem Song „Diddle my Skittle“ aus Ihrem Debütalbum genannt. Sie lautet: „Come diddle my skittle 'cause there's only one peach/ With the hole in the middle“. Worum geht es da genau?
Die Zeile bezieht sich auf eine Werbung für die Bonbonsorte „Life Savers“. Die haben ein Loch in der Mitte, und der Werbesong ging so (singt): „Tweet tweet there is only one candy with a hole in the middle“. Ich habe die Zeile verwendet, um zu zeigen wie lächerlich es klingt. Wir haben alle ein Loch in der Mitte.

Inwiefern unterscheidet sich Ihre neue Show von einem Peaches-Konzert?
Bei meinen Konzerten ging es immer darum, ein Maximum an Energie mit einem Minimum an Produktionsaufwand rüberzubringen. Mal war ich allein, mal mit Band, mal gab es Laser-Harfen. Die neue Show feiert all das. Vor allem aber ist sie inspiriert von einer Show die ich vor zwei Jahren in New Orleans gemacht habe. Dort habe ich mit vielen Tänzer*innen, Streicher*innen und Bläser*innen zusammengearbeitet, was mich dazu inspiriert hat, die Show opulenter zu gestalten.

Szene aus der Show „There is only one Peach with The Hole in the Middle“.
Szene aus der Show „There is only one Peach with The Hole in the Middle“.

© Lydia Daniller

Sind Künstler*innen aus New Orleans an „There is only one Peach“ beteiligt?
Ja, ein Tanzensemble von dort ist dabei. Hinzu kommt eine weitere Tanzgruppe, die zusammen mit dem Duo Hyenaz eine Art skulpturale Choreografie entworfen hat. Außerdem sind zwölf Musiker*innen dabei, darunter Streicher*innen und ein*e Bläser*in - inklusive Sousafon.

Das klingt fast ein bisschen wie die „Homecoming“-Show von Beyoncé beim Coachella Festival.
Ja, allerdings hat sie „Homecoming“ 2018 produziert. Als ich meinen Auftritt in New Orleans konzipierte, wusste ich davon nichts. Die beiden Shows sind sehr verschieden, wobei es durch die Tänzerinnen und Musikerinnen auch gewisse Ähnlichkeiten gibt. Dazu zählt die Idee, Leuten eine Plattform für ihre Kunst zu geben. Also ja, Beyoncé und ich denken genau gleich (lacht).

Künstliche Brüste, Penisse und Vaginas gehörten immer zu Ihren Requisiten. Ist das diesmal ebenfalls geplant?
Natürlich! Das ist die Geschichte von Peaches! Es gibt zum Beispiel wieder Auftritte der tanzenden Vaginas und zwei riesige aufblasbare Penis-Kondome, durch die zwei Personen laufen werden. Das fließt alles sehr schön zusammen und wird von einem guten Gemeinschaftsinn getragen.

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Es werden Songs aus allen Ihren Alben an dem Abend zu hören sein, auch von Ihrem legendären Debüt „The Teaches of Peaches“ aus dem Jahr 2000. Wenn Sie sich das heute anhören, würden Sie daran etwas ändern?
Nein, ich liebe es. Und ich sehe jetzt noch besser, wie es in seiner minimalistischen, nicht zu produzierten Art Momente von Verletzlichkeit und Stärke eingefangen hat. Allerdings habe ich inzwischen einige Texte, die ich früher als sehr bestärkend empfunden habe, etwas überarbeitet, denn sie sind mir heute zu binär. So singe ich etwa bei „I U She“ vom „Fatherfucker“-Album jetzt auch „I U They“ oder ich ergänze Zeilen wie „Shake yer dix“ und „Shake yer tits“ durch „Shake yer bits“. Das habe ich von jüngeren Generationen gelernt.

Sie haben Ihre Show bereits in Hamburg, London und Aarhus präsentiert. Jetzt kommen Sie damit nach Berlin, wo Sie seit vielen Jahren leben. Ist das etwas Besonderes für Sie?
Auf jeden Fall. Hier gibt es einige Leute, deren Geschichte ein bisschen mit meiner Geschichte verbunden ist. Es könnte also ziemlich emotional werden. Schon nach den bisherigen Shows haben mir einige Leute erzählt, dass sie geweint haben - vor Glück. Ich hoffe, dass das Publikum die Show einfach genießt. Es ist ein Trip voller Überraschungen.

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Sie zeigen „There is only one Peach“ an der Volksbühne. Das Haus hat seit dem Ende der Castorf-Intendanz eine sehr turbulente Zeit durchgemacht. Haben Sie das verfolgt?
Oh ja. Das ist allerdings kompliziert, weil ich nicht aus Berlin stamme und die früher an der Volksbühne gepflegte Tradition nicht die Art von Theater war, die mich interessiert. Deshalb war ich begeistert von der neuen Internationalität des Hauses. Ich fand es aufregen, dass dort vorher nicht gesehene Sachen wie etwa ein Stück von Albert Serra gezeigt wurden. Manche, die das neue Programm nicht so angesprochen hat wie mich, sind dann in ihrer Kritik deutlich zu weit gegangen, etwa als sie dem Intendanten vor die Bürotür kackten. Natürlich wurden von der neuen Leitung etwa im Budget-Management auch Fehler gemacht.

Sie werden die letzten vier Abende dieses Jahres auf der Bühne der Volksbühne stehen. Wie sehen Ihre Pläne für das kommende Jahr aus?
Ich möchte meine erste Kunstausstellung „Whose Jizz Is This“, die ich im Sommer auf Einladung des Kunstvereins Hamburg dort eingerichtet habe, auch in Berlin zeigen. Außerdem würde ich „There is only one Peach with The Hole in the Middle“ gern noch an anderen Orten präsentieren.

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Und wie schauen Sie generell in das neue Jahrzehnt? Sind Sie eher optimistisch oder pessimistisch?
Es ist gerade eine sehr gefährliche Zeit, wenn man bedenkt, wie die Leute drauf sind. Die Angst wächst, es gibt mehr Fremdenhass, Rassismus und Transfeindlichkeit als je zuvor.

Was macht das mit Ihnen - und mit Ihrer Arbeit?
Sie wird sicher davon beeinflusst werden. Doch es ist mir sehr wichtig, dass die Leute auf sich selber schauen, mit sich klarkommen, ihre Balance wiederfinden. Denn es sind die inneren Unsicherheiten, die letztlich zu den Machtstrukturen des politischen Patriachats führen. Viele Künstler*innen beschäftigen sich gerade mit dem Thema mentale Gesundheit und Selbstfürsorge. Das kann sehr kreativ und gefühlvoll sein.

Sie meinen: Wenn alle sich mehr selbst lieben, trägt das auch zur Heilung der Gesellschaft insgesamt bei?
Ja, man muss ein Verständnis dafür entwickeln, dass es in Ordnung ist, sich selbst zu finden. Von da aus kann man dann schauen, dass man kluge Entscheidungen trifft und zur Heilung des Planeten beiträgt.

Wenn wir über Selbstfindung sprechen: Haben Sie sich in Peaches gefunden?
Das ist ein lebenslanges Ziel. In mancherlei Hinsicht habe ich mich sicher schon in Peaches gefunden, aber es kann noch tiefer gehen. Das Gute an Peaches ist, dass es sich nicht nur um eine einzelne Sache handelt. Ich habe mich zum Beispiel nie als Teil der Musikindustrie gesehen, ich kann auch Film und Kunst machen, meine Kreativität in verschiedenen Formen zum Ausdruck bringen.
Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, 28.-30.12., 20 Uhr, 31.12., 18 Uhr

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