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Schauspielerin Laverne Cox sorgte mit ihrer Rolle in „Orange Is The New Black“ für die kraftvolle Repräsentation einer trans Frau.

© Netflix

Netflix-Doku „Disclosure“: Trans auf der Hollywood-Leinwand

Die beeindruckende Netflix-Dokumentation „Disclosure“ zeigt wie sich die Repräsentation von trans Themen in Filmen und Serien verändert hat.

Als Jared Leto im Jahr 2014 den Oscar als bester Nebendarsteller in „Dallas Buyers Club“ entgegennimmt, trägt er einen Vollbart, lange Haare und einen weißen Anzug. In dem Film, für den er ausgezeichnet wurde, trägt er ebenfalls lange Haare, allerdings keinen Bart und vor allem keine Anzüge. Denn er spielt eine Frau: die HIV-positive trans Frau Rayon.

Dass sie von einem cis Mann verkörpert wird, also einem Mann, der sich mit dem ihm bei der Geburt zugeschriebenen Geschlecht identifiziert, führte nicht nur zur Oscarnominierung in einer männlichen Kategorie, sondern auch zu einer missverständlichen Repräsentation von trans Menschen.

Vielfältiges Bild von Dreh- und Seherfahrungen

Schauspielerin und Drehbuchautorin Jen Richards erklärt den Effekt so: „Die Öffentlichkeit sieht trans Frauen als verkleidete Männer mit schönen Frisuren und gutem Make-Up. Das wird jedes Mal verstärkt, wenn wir einen Mann, der eine trans Frau gespielt hat, im wahren Leben sehen.“

Hätte man etwa Jen Richards („Stadtgeschichten“) besetzt, wäre dieser falsche Eindruck von trans Frauen nicht entstanden, denn sie ist selber trans – und eine kluge Analytikerin ihrer Branche. Deshalb ist sie eine perfekte Interviewpartnerin für die Netflix-Dokumentation „Disclosure: Hollywoods Bild von Transgender“.

Regisseur Sam Feder befragt darin ausschließlich Filmbranchenangehörige, die trans sind, und vermittelt ein äußerst vielfältiges Bild ihrer Dreh- und Seherfahrungen. Letztere standen für die meisten auch am Beginn ihrer Identitätsfindungen. Denn weil sie genau wie die Bevölkerungsmehrheit – in den USA 80 Prozent – in ihrer Jugend keine trans Menschen kannten, vermittelten ihnen oftmals TV- und Kinobilder die erste Vorstellung von ihnen.

Und die ist erschütternd limitiert (ähnlich ging es einst den Homosexuellen): Witzfiguren, Sexarbeiterinnen, Verbrecher oder Verbrechensopfer waren jahrzehntelang die einzigen Erscheinungformen von trans Figuren. Die Doku nennt zahlreiche Beispiele von D. W. Griffiths „Judith von Bethulien“ über „Ace Ventura“ mit Jim Carrey bis hin zu „Boys Don’t Cry“ mit der ocargekürten Hilary Swank.

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Wie schmerzhaft es für trans Menschen sein kann, mit solchen Darstellungen konfrontiert zu werden, vermittelt ein Interviewsegment mit der Schauspielerin Laverne Cox, die bei der Schilderung eines sexualisierten Übergriffs auf die trans Frau Ava in der Serie „Nip/Tuck“ sichtlich aus der Fassung gerät und sagt: „Ich erschaudere und möchte weinen.“

Dabei ist Cox nun wahrlich ein gestandener Medien-Profi, was ein legendärer Fernsehshow-Ausschnitt zeigt, in dem sie die Frage nach ihrer geschlechtsangleichenden Operation zurückweist und die obsessive Fixierung auf die Körperlichkeit von trans Menschen problematisiert.

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Laverne Cox symbolisiert eine Zeitenwende in der medialen Repräsentation von trans Menschen. Sie hat ihre Rolle der Sophia Burset in der Gefängnisserie „Orange Is The New Black“ zum Leuchten gebracht und es vor sechs Jahren sogar auf das Cover des „Time Magazine“ geschafft. Die Überschrift „Der Transgender-Wendepunkt“ traf es sehr gut, denn langsam steigt in der Branche die Sensibilität in trans Angelegenheiten.

Woran nicht zuletzt Serien wie die mehrheitlich von einem trans Team realisierte FX-Produktion „Pose“ einen großen Anteil haben. Auch kürzlich beim Neustart von „The L Word“ konnte man ein Umdenken beobachten: Die beiden neu auftretenden trans Männer wurden diesmal von trans Schauspielern verkörpert. Beide sind in „Disclosure“ zu sehen. Regisseur Feder legt ohnehin Wert auf Diversität und er interviewt gleichermaßen Männer und Frauen verschiedener Hautfarben.

Auf den Leinwänden sind trans Frauen allerdings weiterhin stärker vertreten als trans Männer, wohl weil sie als spektakulärer gelten, so die These in der Doku. Es bleibt also noch einiges zu tun – auch in Sachen Outing oder Offenlegung (englisch: Disclosure). Es geht auch ohne, wie Filme von John Waters oder Andy Warhol zeigen, in denen die Frage einfach gar nicht thematisiert wurde.

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