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Einkaufen für Risikogruppen - auch das eine Aufgabe der Nachbarschaftshilfe.

© Christin Klose/dpa

Nachbarschaftshilfe für lesbische Frauen in Neukölln gestartet: "Für ältere Lesben brauchen wir in dieser Situation eine Hilfe"

Isolation und Einsamkeit in der Coronakrise bekämpfen: In Neukölln setzt sich eine Nachbarschaftshilfe für ältere Lesben ein.

Gabriele Michalak koordiniert bei Rad und Tat e.V. - Offene Initiative lesbischer Frauen (RuT) in Neukölln seit eineinhalb Jahren den Bereich Lesben mit Behinderung. Dafür organisiert sie Workshops, Kurse, Vorträge, Treffen und sonstige Veranstaltungen.

Vor der Coronakrise leitete Michalak unter anderem die Coming-Out-Gruppe für Frauen über 40 mit und ohne Behinderung. Jetzt organisiert sie das Nachbarschaftshilfe-Projekt „Zusammen schaffen wir das“, das unlängst angelaufen ist.

Wie kam die neue Nachbarschaftshilfe zustande?
Direkt zu Beginn der Coronakrise haben wir beschlossen, unsere Veranstaltungen und Kurse bis Ostern abzusagen, weil unsere Zielgruppe zur Risikogruppe gehört.

Es sind ältere und/oder behinderte Lesben. Weil mir klar war, dass die Situation für sie eine mittelschwere Katastrophe ist, habe ich sofort gesagt, wir brauchen eine RuT-Nachbarschaftshilfe. Zusammen mit Ina Rosenthal und Joanna Czapska von unserem Besuchsdienst und mit unserer Webdesignerin Konstanze Gerhard habe ich das ganze dann innerhalb von zwei Wochen umgesetzt.

Wie vermitteln Sie die Hilfe?
Das läuft über unsere Homepage. Unter dem Reiter „Nachbarschaftshilfe“ finden sich zwei Formulare: eines für die Hilfesuchenden und eines für die ehrenamtlichen Helferinnen. Das ist sehr einfach gehalten.

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Diese ausgefüllten Fragebögen landen bei mir, ich rufe die Personen an, um mir ein Bild zu machen und bringe die beiden Seiten dann zusammen. Ich achte darauf, dass Helferinnen und Hilfesuchende in einem Bezirk wohnen, damit keine unnötigen Wege entstehen.

Gabriele Michalak von Rad und Tat e.V. - Offene Initiative lesbischer Frauen (RuT).
Gabriele Michalak von Rad und Tat e.V. - Offene Initiative lesbischer Frauen (RuT).

© privat

Wie ist es angelaufen?
Die Resonanz war in der ersten Woche schon hervorragend: Es haben sich mehr als 30 Helferinnen gemeldet. Allerdings hat uns erst eine Frau geschrieben, die Hilfe braucht. Das liegt daran, dass ältere Frauen und Lesben nicht unbedingt einen Computer haben. Deshalb starten wir jetzt eine postalische Aktion mit den Adressen aus unserem Programmverteiler, um auch diese Frauen zu erreichen.
Probleme dürfte es ja genug geben.
Praktische Fragen müssen gelöst werden: Wie kriege ich meinen Einkauf nach Hause, wie komme ich an Medikamente, wer geht mit meinem Hund raus?

[Lesen Sie hier auch einen Text über die queere Nachbarschaftshilfe des Karada House.]

Aber die meisten leiden an Isolation und Einsamkeit. Da können schon Telefongespräche helfen. Es hat sich sogar eine Psychologin bei uns gemeldet, die das anbietet. Wenn noch weitere ehrenamtliche Psychologinnen hinzukämen, wäre das gut. Auch Spenden für unsere Pressearbeit wären hilfreich.

Gibt es die Erwägung, die Nachbarschaftshilfe auch nach Aufhebung oder Lockerung des Kontaktverbotes fortzuführen?
Das wäre natürlich schön, denn sie würde unser Angebot ergänzen. Allerdings sehe ich noch nicht, dass sich die Situation für Ältere und chronisch Kranke bald ändern wird, selbst wenn das Kontaktverbot gelockert wird. Für diese Gruppen werden die Einschränkungen wahrscheinlich noch länger bestehen. Wir würden uns freuen, wenn sich ehrenamtliche Helferinnen nach der Krise im Besuchsdienst weiterengagieren.

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