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Der Verein "Fußballfans gegen Homophobie" ist mittlerweile deutschlandweit präsent. Gegründet haben ihn TeBe-Fans.

© Malte Schrader dpa

Homophobie im Fußball: Der schwierige Kampf für Akzeptanz

"Heul nicht rum, du Schwuchtel": Das größte Problem sind Beleidigungen, auf und neben dem Platz. Doch Berlins Fußballverband engagiert sich vorbildlich gegen Homofeindlichkeit - wie jetzt auf dem CSD.

2007, Revierderby zwischen Schalke 04 und Borussia Dortmund. Der dunkelhäutige Schalker Gerald Asamoah bezichtigt Dortmunds Torwart Roman Weidenfeller, ihn während des Spiels „schwarzes Schwein“ genannt zu haben. Weidenfeller drohen wegen dieser rassistischen Beleidigung sechs Spiele Sperre. Doch vor dem Sportgericht sagt der Torwart, er habe Asamoah nicht bezüglich seiner Hautfarbe beleidigt, sondern ihn „schwules Schwein“ genannt. Weidenfeller wird vom Vorwurf des Rassismus freigesprochen und nur für drei Spiele gesperrt.

Der Vorfall ist lange her und doch zeigt er ein Problem, das im Fußball vielerorts auch heute noch präsent ist. „Das Bewusstsein, dass eine homophobe Beleidigung genauso schlimm ist wie eine rassistische,ist noch nicht überall vorhanden“, sagt Denis Roters, seit mehr als zwei Jahrzehnten Fan von Tennis Borussia.

Wer sich häufiger auf den Berliner Fußballplätzen herumtreibt, kennt das Problem. Ob auf der Tribüne bei Profivereinen oder auf dem Rasen in den Amateurligen, homophobe Beleidigungen sind nicht selten. Äußerungen wie „was pfeift der Schiri da schon wieder für eine schwule Scheiße?“ oder „heul doch nicht rum, du Schwuchtel“ zeigen Wochenende für Wochenende, dass Homosexualität im Fußball noch immer ein Tabu ist und für viele Leute gleichbedeutend für Schwäche steht. „Die Verrohung der Sprache ist eines unserer größten Probleme“, sagt Gerd Liesegang, Vizepräsident des Berliner Fußball-Verbands (BFV). Da viele Schiedsrichter bei Roten Karten nicht die Art der Beleidigung angeben, lässt sich nicht sagen, wie viele Platzverweise wegen homophober Äußerungen ausgesprochen werden. Liesegang sieht aber Fortschritte in den vergangenen Jahren. „Das Thema ist jetzt viel präsenter und wir wollen zeigen, dass bei uns jeder Fußball spielen kann, unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder sexueller Orientierung“, sagt der BFV-Vizepräsident.

Da der Fußball-Verband beim Kampf gegen Homophobie aber keine Experten habe, kooperiert er seit etwa fünf Jahren mit dem Lesben- und Schwulenverband (LSVD). Seit dem Beginn der Zusammenarbeit hat sich in der Tat einiges getan und so gilt der BFV mittlerweile als Vorreiter unter den Landesverbänden. Neben einer jährlichen Fachtagung gibt es einen Leitfaden für Vereine und ein anonymes Postfach.

Schwule Schiedsrichter kämpften mit homophoben Beleidigungen

Melden sich Spieler, Trainer oder Schiedsrichter auf der Suche nach Beratung, werden sie an den LSVD vermittelt. „In der Anfangszeit haben uns einige schwule Schiedsrichter kontaktiert, die sich unsicher waren, wie sie mit homophoben Äußerungen auf dem Platz umgehen sollen“, erzählt Christian Rudolph vom LSVD. Wie viele homosexuelle Aktive sich bisher beim LSVD gemeldet haben, will er nicht beziffern, in letzter Zeit seien es aber deutlich weniger geworden.

Beim LSVD ist Rudolph für das Projekt „Soccer Sound“ und die Kooperation mit dem Fußball-Verband zuständig. Vor zwei Wochen hissten die zwei Verbände anlässlich der „Pride Weeks“ gemeinsam die Regenbogenflagge vor dem BFV-Landesleistungszentrum in Wannsee, am Sonnabend hat der BFV als erster Fußball-Landesverband überhaupt am Christopher Street Day teilgenommen. Ein deutlicheres Zeichen gegen Homophobie hätte der BFV nicht setzen können“, sagt Rudolph. Zusammen riefen die Verbände Berliner Vereine und Fußballer auf, in ihren Trikots und mit Fahnen an der CSD-Parade teilzunehmen.

Mit einer Auswärtsfahrt nach Cottbus fing alles an

Erfahrung auf dem CSD haben die Tennis Borussen: „Wir sind schon seit Jahren dabei“, so Roters. Er und die TeBe-Fans waren es auch, die das erste große Zeichen gegen Homophobie im Berliner Fußball gesetzt haben. „Los ging alles mit der ,Fummelfahrt‘ 1999 nach Cottbus“, erzählt Roters. Seit Jahren war TeBe im Osten mit Sprechchören wie „Lila-Weiß ist schwul“ beleidigt worden. Zum Auswärtsspiel bei Energie Cottbus reisten die Fans der Lila-Weißen dann aufgebrezelt in Highheels und Kleidern und stimmten in die homophoben Rufe der Cottbusser mit ein. Denen war das sichtlich unangenehm. „Schon die Ordner haben sich richtig vor uns geekelt und wollten uns nicht anfassen“, erinnert sich Roters.

Jahre später gründeten TeBe-Fans dann den Verein „Fußballfans gegen Homophobie“, dessen großes, lilafarbenes Banner schon bei vielen Klubs, auch außerhalb Berlins, auf der Tribüne zu sehen war. Mittlerweile gibt es einige Initiativen, die sich aktiv gegen Schwulenfeindlichkeit im Fußball engagieren. So gibt es bei Hertha BSC den schwul-lesbischen Fanclub „Hertha Junxx“ und überregional die Vereinigung „Queer Football Fanclubs“. Dass sich trotzdem noch einiges tun muss, darüber sind sich alle einig. „Man hört auf den Plätzen immer noch ziemlich viele dumme Sprüche, da merkt man, dass der Fußball noch nicht überall so weit ist“, sagt Roters. „Und bis homophobe Beleidigungen wirklich konsequent verfolgt werden, dauert es wohl noch zehn Jahre.“

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