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Ina Rosenthal von RuT fordert mehr Zivilcourage.

© Caroline Walburg

Gewalt gegen Lesben: Homosexuelle Frauen zeigen Übergriffe nur selten an

Es gibt noch viel zu tun, wenn es darum geht, Lesben zu helfen, die angegriffen wurden. Das zeigte ein Online-Diskussion in Berlin.

„Akzeptanz schafft man nicht, wenn man sich im Schrank versteckt“, sagt Dirk Behrendt von den Grünen und Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung in Berlin. Eine harte Ansage zum Beginn eines Online-Panels zu lebensfeindlicher Gewalt, das das Büro seines Parteikollegen Sebastian Walter Anfang der Woche veranstaltet hat.

Man müsse es schaffen, dass lesbische Frauen Angriffe anzeigen. Weil viele Belästigungen aber so sehr als Teil ihres Alltags erlebten, nähmen sie diese nicht als Straftat wahr, so der Senator.

Ina Rosenthal, die sich mit ihrem Verein „Rad und Tat“ (RuT) für lesbische Sichtbarkeit einsetzt, kennt sich mit gewalttätigen Übergriffen aus: „Im letzten Jahr hatten wir fünf Einbruchsversuche. Mitarbeiter*innen wurden vor unseren Räumlichkeiten angegriffen“, sagt sie. Bei einem dieser Vorfälle war Rosenthal selbst betroffen.

Auch sie beobachte, dass Lesben immer mehr Gewalt erfahren. Gefühlt nehme die homofeindliche Gewalt zu, die gesellschaftliche Unterstützung hingegen ab, berichtet die Ethnografin und Supervisorin Almut Sülzle aus einer Studie zu lesbenfeindlicher Gewalt.

Nur drei Prozent der lesbischen Frauen würden Angriffe überhaupt anzeigen. „In der Gesellschaft werden Sexismus und lesbische Gewalt nicht gesehen“, sagt sie. Frauen würden lieber ihren Alltag wieder aufnehmen, als sei nichts gewesen.

„Es ist wichtig, Zivilcourage zu stärken“, betont Ina Rosenthal während des Panels, bei dem auch der LGBT-Beauftragte der Berliner Polizei, Sebastian Stipp, zuhörte. Dafür sei Sichtbarkeit wichtig, damit Lesben im Alltagsleben erkannt werden. Nur so könne auch für lesbenfeindliche Gewalt sensibilisiert werden.

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„Ich habe selbst Anzeige erstattet, um anderen Frauen ein Signal zu geben, Angriffe nicht mehr zu tolerieren.“ Wichtig sei, dass weiter Zahlen zu lesbenfeindlicher Gewalt gesammelt würden. Außerdem müsse das Vertrauen in die Polizei gestärkt werden.

Gülây Akin von LesMigras / Lesbenberatung sagt: „Wir brauchen dringend einen Opferschutz“. Stattdessen würden Kontaktdaten der Opfer mit der Anzeige an die Täter weitergegeben. Spätestens an diesem Punkt würden Opfer ihre Anzeige zurückziehen. „Viele haben außerdem selbst Polizeigewalt erfahren“, ergänzt sie. Queere PoCs seien davon besonders betroffen.

Wo wenig Vertrauen zur Polizei vorhanden ist, wächst die Hemmschwelle eine Anzeige zu erstatten. Ganz so einfach ist das mit dem Schrank also nicht.

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