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Die Schauspielerinnen Nina Kronjäger (l), Maren Kroymann und Mateja Meded berichteten auf der Sommeruni über ihre Sexismus-Erfahrungen beim Film und im Theater. Kroymann sagte, die besten Dreherfahrungen hätte sie in ihrer Karriere mit schwulen Regisseuren gemacht. Ihr Ratschlag an die Frauen in der Branche: „Bildet Banden!“

© Jana Demnitz

Feministische Sommeruniversität an der HU: "Der Feminismus muss gegen Rechts zusammenhalten"

Um gegen konservative und rechte Kräfte zu bestehen, muss die Frauenbewegung zusammen kämpfen, sagt Sabine Balke, Mitorganisatorin der Feministischen Sommeruni.

Frau Balke, das Digitale Deutsche Frauenarchiv ist vor zwei Wochen an den Start gegangen. In diesem Rahmen fand auch kürzlich die erste Feministische Sommeruniversität an der Humboldt-Universität mit Panels, Vorträgen und Workshops statt. Wie war´s?

Die Sommeruniversität war ganz klar ein großer Erfolg. Wir hatten rund 2.300 Anmeldungen, mehr als die Hälfte kam dann auch zu diesem großen feministischen Highlight an die HU zu Berlin. Besonders toll war es, dass unterschiedliche Generationen von Feminist*innen aufeinandertrafen und miteinander ins Gespräch kamen. Das hat viele nachhaltig bewegt. Auch thematisch war die Sommeruni breit aufgestellt, historische Entwicklungen der Frauenbewegung wurden ebenso thematisiert wie aktuelle frauenpolitische Forderungen oder Debatten der queer-feministischen Szene.

Seit Jahrzehnten engagieren Sie sich für Gleichstellung und gegen Sexismus. Welche dringendste Forderung stellen Sie an die Politik?

Es muss mehr Parität geben! Wir wollen Gleichheit und Zusammenhalt. Nach 100 Jahren Frauenwahlrecht verdienen Frauen immer noch weniger als Männer. Es kann nicht sein, dass wir immer noch die gläserne Decke haben. Wenn wir paritätische Verhältnisse schaffen, haben wir auch kein Patriachat mehr. Ich denke, dann werden wir in einer demokratischeren Gesellschaft leben. Dafür kämpfe ich.

In Ihrem Archiv sind aktuell bereits rund 500.000 Dokumente zur Frauen- und Lesbengeschichte einzusehen. Warum brauchte es überhaupt noch eine Sommeruni?

Das Konzept dafür haben wir vor drei Jahren entworfen. Damals waren uns zwei Dinge klar: Wir werden für unsere wichtige Archivarbeit zwar eine Finanzierung bis Ende 2019 haben, aber wir müssen mit dem Archiv spätestens bis 2018 online gehen, weil vor genau 100 Jahren das Frauenwahlrecht in Deutschland eingeführt wurde. Für die Frauenbewegung ist das ein bedeutendes Ereignis. Wir wollen dieses Datum wieder in die breite Öffentlichkeit tragen. Unser Ansatz ist zudem: Ohne Analog gibt es auch kein Digital. Und das bedeutet, dass die Debatten, die in den 70er- und 80er-Jahren geführt worden sind, enorm wichtig sind – auch um zukünftiges Handeln zu gestalten.

Wodurch haben sich die Feministischen Sommeruniversitäten damals ausgezeichnet?

Die Sommerunis waren selbstorganisierte, auch von Nichtakademiker*innen, Panels und Diskussionen. Unsere Philosophie war: Jeder kann daran teilnehmen, mit oder ohne Universitätsabschluss. Wie heute wurde auch schon damals über den Paragrafen 218 diskutiert, über Care-Arbeit oder geschlechtliche Ungleichheit.

Sabine Balke leitet das Digitale Deutsche Frauenarchiv.
Sabine Balke leitet das Digitale Deutsche Frauenarchiv.

© Jana Demnitz

Werden aus Ihrer feministischen Perspektive in den aktuellen Debatten überhaupt die relevanten Themen angesprochen?

Vor drei Jahren wussten wir natürlich nicht, dass #Metoo über uns hereinbrechen wird, aber die gesellschaftlichen Debatten über Sexismus, häusliche Gewalt, ungleiche Bezahlung und Machtmissbrauch sind wichtig, und wir haben sie bei unseren Aktivitäten natürlich mit aufgegriffen. Die feministische Sommeruniversität ist aber auch dafür da gewesen, um die verschiedenen Positionen zusammenzubringen, um zu diskutieren und um zu überlegen, wie ein gemeinsamer Kampf gegen rechte und konservative Kräfte noch möglich ist. Wenn die feministische Bewegung erfolgreich gegen Rechts sein will, schaffen wir das nur zusammen. Und das ist, glaube ich, die allerwichtigste Message unserer Sommeruni. Wir hatten zum Beispiel ein Panel zum Thema "Feministische Medien auf dem Prüfstand". Auf der einen Seite saß eine Vertreterin des Magazins "Emma", auf der anderen Seite eine Vertreterin der Zeitschrift "an.schläge". Beide haben sich Rassismus vorgeworfen, weil die einen den Islamismus thematisieren und die anderen nicht. Beide haben auf dem Podium über ihre jeweiligen Positionen gestritten, am Ende standen sie dennoch zusammen und haben weiterdiskutiert. Allein dieses Miteinander zu sehen, trotz konträrer Meinungen, war ein Erfolgserlebnis. Die Sommeruni ist ein Format, das wir brauchen, um gemeinsam erfolgreich zu sein. 

Die Feministische Sommeruni fand Mitte September in der Humboldt-Universität zu Berlin statt.
Die Feministische Sommeruni fand Mitte September in der Humboldt-Universität zu Berlin statt.

© Jana Demnitz

"Gemeinsam" ist ein gutes Stichwort. Gerade in den letzten Jahren gab es in der feministischen und queeren Szene in Berlin viele Anfeindungen untereinander – schauen wir nur auf die Debatten zum Buch "Beissreflexe" .

Wenn ich das jetzt aus der Perspektive meiner Arbeit im feministischen Frauenarchiv betrachte, sage ich: Wir versuchen, alle Positionen zu sammeln und zu erhalten. Die Nachwelt erhält dadurch die Möglichkeit nachzuforschen, wie es war, sie kann sich informieren und sich selbst eine Meinung bilden. Genau diesen Ansatz finde ich heute wichtiger denn je: Alle müssen an einen Tisch geholt werden. Gerade bei den Diskussionen über "Beissreflexe" haben wir gesehen, wie unterschiedlich die Positionen zu Diskriminierung, Rassismus und Sexismus sind und wie wir uns auseinanderdividieren lassen. Obwohl es gerade in diesen Zeiten eine gemeinsame Kraft braucht, um Anfeindungen auf der Straße oder antifeministische Attacken von Konservativen und den Identitären etwas entgegenzusetzen. Das können wir nur zusammen, das ist auch unsere Aufgabe. Und mit der Feministischen Sommeruniversität versuchen wir, diese Debatten in die Öffentlichkeit zu bringen – und nicht nur unter Frauen. Wir wollen gemeinsam mit allen, die sich diesen Themen verbunden fühlen, Bündnisse und Netzwerke schaffen, um sich gegen die rechten Angriffe zu wehren.

Der Deutsche Juristinnenbund (djb) hatte das Podium "#Metoo – Und wie weiter?" veranstaltet. So wurde darauf hingewiesen, dass mit der Reform des Sexualstrafrechts sexuelle Belästigung bereits seit 2016 strafbar ist.
Der Deutsche Juristinnenbund (djb) hatte das Podium "#Metoo – Und wie weiter?" veranstaltet. So wurde darauf hingewiesen, dass mit der Reform des Sexualstrafrechts sexuelle Belästigung bereits seit 2016 strafbar ist.

© Jana Demnitz

Sie kommen aus der autonomen Lesben- und Frauenbewegung. Welche Erinnerungen haben Sie an die Auseinandersetzungen innerhalb der Szene in den 1980er-Jahren?

Diese Anfeindungen unter den Gruppen habe ich schon immer als etwas wahrgenommen, das unsere Stärke nimmt. Wir haben es in der jüngeren Vergangenheit aber auch beim Transgenialen CSD in Kreuzberg gesehen, wie am Ende Streitereien, Verletzungen und Misstrauen solch ein wichtiges Projekt zerstören. Heute gibt es den Transgenialen CSD nicht mehr. Dabei war er für die Community von immenser Bedeutung. Der war genau das, um zu zeigen, dass der große CSD Mainstream geworden ist und wir auch andere Formate brauchen. Diese Entwicklung macht mich traurig und wütend, und ich versuche, zu handeln. Das heißt für mich, unterschiedliche Positionen an einen Tisch zu bekommen.

In Ihrem Programm für die Sommeruniversität haben Sie auch gezielt lesbische Frauen angesprochen. Warum?

Wir verstehen den Begriff lesbisch als einen Teil von queer und den wollen wir sichtbar machen. Wir sind LSBTIQ*. Aber wir sind explizit der lesbische Teil davon. Ich arbeite auch im Spinnenboden Lesbenarchiv mit und es ist ganz wichtig, die lesbische Geschichte zu sammeln und weiterzutragen. Für die Archivarbeit ist es von großer Bedeutung, unseren Schwerpunkt zu definieren: Was sammeln wir? Je klarer unser Schwerpunkt ist, desto klarer ist auch die Message nach außen und das ist lesbisch! Seit mehr als 40 Jahren sammeln wir lesbische Geschichte und das wollen wir auch weiterhin tun, als Teil einer größeren Bewegung.


Wie wird das Digitale Frauenarchiv bisher denn angenommen?

Es ist sehr gut angelaufen. Schon nach einer Stunde hatten wir 1.000 Klickzahlen. Alle sind gespannt. Was aber noch viel wichtiger ist: Bei diesem Projekt sind dieses Mal die Frauen technisch vorne weg. Viele fragen uns, wie habt ihr das umgesetzt?

Wie denn?

Für das Portal haben wir mit einer Dienstleistungsfirma zusammengearbeitet. Aber die Koppelung von einer Servicestelle für die kleineren Archive, die ihre Inhalte digitalisiere wollen und gleichzeitig jemanden zu haben, die die Rechtefragen klärt das kannte man bisher noch nicht. Das ist ein Pilotprojekt. Wir werden auch eine Rechteklärungsbroschüre herausgeben. All das Wissen, das wir in den letzten zwei Jahren gesammelt haben, muss weitergeben werden.

Mehr als 1000 Teilnehmer*innen kamen zur Feministischen Sommeruni.
Mehr als 1000 Teilnehmer*innen kamen zur Feministischen Sommeruni.

© Jana Demnitz

Hat Sie in den letzten zwei Jahren Ihrer Archivarbeit etwas besonders begeistert?

Es gibt viele Dinge, die in den Archiven schlummern. Wer wusste schon, dass in einer Einrichtung die Tagebücher der Frauenrechtlerin Minna Cauer liegen und die sind jetzt digitalisiert. Jetzt kann man sich ihre Handschrift und ihre Notizen anschauen. Bisher war das nur einem kleinen Kreis vorbehalten. Jetzt kann man ganz einfach auf unserem Portal stöbern und tolle Inhalte finden wie über Lesben in der DDR, Audre Lorde oder Publikationen von der Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Hedwig Dohm. Unser Archiv ist ein lebender Organismus. Es wächst weiter und es ist nur der Anfang.

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