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Der Teddy Award wird in mehreren Kategorien für queere Berlinale-Filme verliehen.

© Gregor Fischer/dpa

Februar ohne Berlinale (9): Party mit dem Regenbogenbär

Eigentlich sollte jetzt die Berlinale stattfinden. Wir verkürzen das Warten aufs Publikumsfest im Juni, erinnern uns - und empfehlen Berlinale-Filme.

Plötzlich wird es laut in der letzten Reihe des Hauses der Berliner Festspiele. Ein kleiner Sprechchor ruft: „Fora Temer, fora Temer!“ – Temer raus. Es sind brasilianische Filmschaffende, die ihren Präsidenten nicht mehr in seinem Amt sehen wollen.

Die Schauspieler*innen, Regisseur*innen und Produzent*innen können sich an diesem Abend vor drei Jahren zwar über drei Teddy Awards für die besten queeren Berlinale-Filme freuen, doch die Sorge um die Zustände in ihrer Heimat schwingt immer mit.

„Wir leben in einer schrecklichen Zeit“, sagt etwa Regisseur Kiko Goifman, als der zusammen mit Claudia Priscilla den Doku-Teddy für „Bixa Travesty“ über die Sängerin Linn da Quebrada bekommt. Er hat Tränen in den Augen, spricht von Zensur und Unterdrückung in Brasilien – einem Land das für queere und trans Menschen besonders gefährlich ist.

Damals konnte niemand ahnen, dass auf Temer der noch schlimmere, rechtsradikale und offen homofeindliche Jair Bolsonaro folgen würde. Die queere (Film-)Szene ist in Bedrängnis.

Ein Werk wie Daniel Nolascos „Vento Seco“, das hypermaskuline Sexfantasien in Bild setzt, hat dort beispielsweise keine Chance, ins Kino zu kommen. Dafür hatte es vergangenes Jahr Berlinale-Premiere auf der Riesenleinwand des Zoo Palastes – natürlich im Panorama, der traditionell die Heimat des queeren Films auf dem Festival.

Seit den Zeiten Manfred Salzgebers, der das Panorama von 1986 bis 1991 leitete, war die Berlinale – quasi nebenbei und doch mittendrin – auch immer eines der größten europäischen Queerfilm-Festivals. Mit dem Teddy verleiht sie zudem den wichtigsten Preis für LGBTIQ-Filme.

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Dieses Festival im Festival ist sowohl für queere Filmemacher*inn als auch für das Publikum ein Schutzraum - und eine horizonterweiternde Feier der Diversität. Wann hat man schon die Chance, vom Leben eines obdachlosen lesbischen Paars in L.A. zu erfahren oder von den Rettungsaktionen russischer Aktivist*innen für queere Tschetschen*innen? Wo kann man ein Umpolungsdrama aus Guatemala oder die zarte Annäherung von zwei Senioren in Hongkong sehen?

Einen der ersten abendfüllenden Dokumentarfilme über Menschen, die die Geschlechtergrenzen in Frage stellen, zeigte Monika Treut 1999 im Panorama. „Gendernauts“ heißt dieses Werk, das die Hamburger Regisseurin jetzt – wieder zusammen mit Kamerafrau Elfi Mikesch – fortgesetzt hat: Für „Genderation“ haben die beiden ihre kalifornischen Protagonist*innen noch einmal besucht. Die Premiere findet im Panorama 2021 statt. Vielleicht gewinnt Treut wie damals einen Teddy Award. Verliehen werden sollen die Preise bei einer Gala im Sommer.

BERLINALE-FILMTIPP
Fucking Åmål (1999): Lukas Moodysson gewann mit diesem Coming-Out-Film, der von zwei Schülerinnen in einer schwedischen Kleinstadt erzählt, 1999 den Spielfilm-Teddy. Bei Amazon Prime und als DVD.

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