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Postbank-Filiale (Archivbild) - bei dieser Bank hatte Andrea L. ihr Konto eröffnet.

© picture alliance / dpa

Falscher Name auf der Kontokarte: Wie eine trans Kundin bei einer Bank um ihr Recht kämpft

Als Andrea L. ein Konto bei der Postbank eröffnet, bekommt sie massive Probleme. Eine typische Alltagsdiskriminierung für trans Menschen, sagt eine Expertin.

Andrea L. wollte eigentlich nur ein Bankkonto eröffnen, das auf ihren aktuellen Vornamen läuft. Sie ist eine trans Frau, lebte zuvor mit einem männlichen Vornamen. Doch so einfach war das nicht mit der Kontoeröffnung.

Im schriftlich geführten Gespräch erklärt L., dass sie am 24. April bei der Postbank Düsseldorf ein Girokonto auf ihren weiblichen Vornamen eröffnete. Kurze Zeit später erhielt sie die entsprechende Kontokarte samt Pin per Post.

Ohne Vorwarnung soll dieses dann allerdings gesperrt worden sein: „Anfang Mai 2020 konnte ich plötzlich kein Geld mehr abheben, die Postbank hat mein Konto auf meine weibliche Identität blockiert und ich konnte nicht mehr einkaufen mangels Bargeld“, sagt sie heute.

In der Woche darauf folgte eine zweite, neue Kontokarte auf ihren Geburtsnamen.

Die Postbank begründete die Sperrung des Kontos laut Andrea L. damit, dass sie „eine gerichtliche Personenstandsänderung nach dem Transsexuellengesetz benötige und sie mich deswegen auf meinen alten Namen und Personenstand führen müssten. Dabei beriefen sie sich fälschlicherweise auf das Geldwäschegesetz”.

Ein Dokument gegen Diskriminierung - hier aber nicht akzeptiert

Allerdings hatte Andrea L. bei der Kontoeröffnung ihren Reisepass und ihren Ergänzungsausweis der “Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität” (kurz: “dgti”) vorgezeigt – ein Dokument, das genau für solche Dinge gedacht ist: Behördengänge, Bankangelegenheiten, auf Reisen. Er soll Diskriminierung und Stigmatisierung vorbeugen und trans Menschen helfen, im Alltag akzeptiert zu werden.

Auf Tagesspiegel-Nachfrage ist sich die Postbank der Probleme bewusst, die trans Menschen in unserer Gesellschaft haben, bestätigt ein Sprecher. Trans Menschen leiden oft unter sogenanntem “Minderheitenstress”, der Menschen betreffen kann, die stigmatisiert, verfolgt und angefeindet werden, da sie, wie Andrea L. zum Beispiel, einer geschlechtlichen, sexuellen, religiösen oder ethnischen Minderheit angehören. Dies kann zu Depressionen, Suizidalität und anderen Krankheiten führen. Dies kann auch getriggert werden, wenn trans Menschen nicht in ihrer Identität akzeptiert werden.

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Die Postbank hingegen sagt, man versuche "transgeschlechtlichen Personen entgegenzukommen, wo immer das rechtlich möglich ist". So hat die Postbank mit der Deutschen Post AG entschieden, dass trans Personen in den Filialen lagernde Paketsendungen mit ihrem Ergänzungsausweis der “dgti” abholen können. Außerdem wurde 2011 die “Carta der Vielfalt" unterzeichnet. Damit verpflichtet sich die Postbank, Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Nationalität, ethnischer Herkunft, Religion, sexueller Orientierung, Alter und Behinderung zu unterbinden.

Die Postbank sagt, sie versuche trans Menschen entgegenzukommen

Dennoch kommt es zu Vorfällen wie mit Andrea L. – wieso?

Die Postbank bestätigt einmal, dass L. Ende April 2020 ein Giro-Basiskonto eröffnete – auf den Namen Andrea L. "In einer nachträglichen Überprüfung der Kontoeröffnung Anfang Mai, durch die Postbank-Kontoführung, wurde erkannt, dass die persönlichen Angaben von den vorgelegten Ausweispapieren abweichen. Gemäß Geldwäschegesetz wurden die Kundendaten entsprechend dem bei der Kontoeröffnung vorgelegten Reisepass korrigiert", heißt es seitens der Postbank.

Anschließend wurde die Girokarte ausgetauscht, die alte Karte erst nach Zusendung der neuen gesperrt, heißt es. Und: "Eine Sperrung des Kontos erfolgte zu keinem Zeitpunkt. Das Konto konnte demnach jederzeit von Frau L. verwendet werden."

Andrea L. will die Karte auf ihren alten Namen nicht akzeptieren

Andrea L. wollte die Karte auf ihren männlichen Geburtsnamen nicht akzeptieren und reichte Beschwerde ein, in der sie auf den Ergänzungsausweis der “dgti” verwies. Die Postbank zeigt sich dennoch uneinsichtig, der Sprecher erklärt: "Wir haben mit dem Schreiben vom 03.06.2020 eine Änderung abgelehnt, da es sich bei dem genannten Ergänzungsausweis um ein nicht amtliches Ausweisdokument handelt, welches wir nicht akzeptieren können." Laut des Geldwäschegesetzes dürfen private Girokonten nur auf den Namen geführt werden, der in amtlichen Ausweisen ausgewiesen ist, genauso wie die Geschlechtsangabe, heißt es.

Andrea L. fühlt sich diskriminiert – für sie ist es eine Zumutung, eine Karte zu benutzen, die nicht ihren richtigen Namen führt.

So sieht der dgti-Ergänzungsausweis aus, der von vielen Behörden und Einrichtungen akzeptiert wird.
So sieht der dgti-Ergänzungsausweis aus, der von vielen Behörden und Einrichtungen akzeptiert wird.

© Velspol

Julia Steenken ist bei der “dgti” tätig und arbeitete zuvor als Bankkauffrau. Sie bringt Licht in den Fall: "Für die Führung eines Kontos ist vor allem Paragraph 154 der Abgabenordnung maßgeblich. Aus diesem ist eindeutig ersichtlich, dass Konten nur auf die Ausweisidentität zu führen sind. Hier besteht nicht der Hauch eines Spielraums."

Eine Expertin wundert der Fall nicht - die Postbank werde "skeptisch betrachtet"

Aber: Zahlkarten sind an die Konten angehängte Verträge – auf welchen Namen diese laufen, liegt im Ermessen des Kreditinstitutes, erklärt Steenken.

Beim Ausweis der “dgti” hingegen habe sich mittlerweile durchgesetzt, dass dieser ein nicht-amtliches Legitimationsdokument sei und die bislang vom Staat nicht ausgegebenen Legitimationspapiere für trans Personen für die Übergangszeit ersetzen kann. Einige Banken akzeptieren diesen auch, um den neuen Namen der Person auf der Bankkarte zu führen – die Postbank gehört allerdings nicht dazu.

Steenken wundert der Fall um Andrea L. nicht – im Gegenteil: "Die Postbank wird in Fachkreisen ohnehin sehr skeptisch betrachtet. Sie verweigert sich seit Jahren eines sachlichen Austausches, auch mit mir." Steenken sagt, dass der Vorgang die fachliche Kompetenz des Kreditinstitutes widerspiegle, denn das Konto hätte nie auf die Legitimationsdaten des Ergänzungsausweises eröffnet werden dürfen. "Allerdings sind derartige Kontoeröffnungen bei der Postbank, und nur bei dieser, keine Seltenheit und mir privat auch bekannt."

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Bei einer Kontoeröffnung auf einen Ergänzungsausweis handle es sich laut Steenken sogar um einen Straftatbestand. "Die Postbank provoziert durch ihr Verhalten eine klarstellende Anweisung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, die mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Untersagung entsprechender Kontokarten zur Folge hätte. Bislang werden diese aufsichtsrechtlich billigend in Kauf genommen."

Die einzige Möglichkeit für Kund*innen: Abbruch der Geschäftsbeziehung

Das Problem liegt also bei der Postbank, die sich scheinbar nicht ausreichend mit der Thematik auskennt. Julia Steenken erklärt außerdem, dass Konten von trans Kund*innen in den "Randbereich der Kontoführung" fallen und in der Ausbildung der Angestellten nicht weiter thematisiert werden. Das führe zu Unsicherheiten in den Instituten – und auch Vorstände würden den Spielraum, den sie eigentlich haben, selten nutzen.

Die einzige Möglichkeit für Kund*innen, sich zu wehren, bestehe im Abbruch der Geschäftsbeziehung. Immerhin gibt es laut Steenken 100 Banken, die Kontokarten auf den neuen Namen ausstellen. Sie empfiehlt unter anderem die Oldenburgische Landesbank, die Hamburger Sparkasse und die Nassauische Sparkasse.

Genau das hat Andrea L. mittlerweile auch getan – sie hat ihr Konto bei der Postbank gekündigt und ist nun bei der Sparkasse. Die Kontokarte führt ihren weiblichen Vornamen. Einen Fehler hat L. nicht gemacht, findet Steenken. Sie habe ihr Recht eingefordert und "das unkundige Handeln der Bediensteten" der Postbank könne ihr nicht zum Vorwurf gemacht werden.

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