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Die Drag Queen Olivia Jones.

© Peter Gercke/dpa-Zentralbild/dpa

Erste Drag Queen in der Bundesversammlung: "Ich wäre gerne Bundespräsidentin"

Olivia Jones wird am Sonntag als erste Drag Queen den Bundespräsidenten wählen. Sie hat sich schon oft politisch engagiert - und würde das Amt zur Not auch selber übernehmen.

Türkis? Oder Orange? Noch ist nicht ganz klar, welche Farbe Olivia Jones für ihr Outfit am Sonntag aussuchen wird. Auffallen wird sie bei der Wahl des Bundespräsidenten so oder so. Olivia Jones ist die erste Drag Queen, die jemals als Mitglied für die Bundesversammlung nominiert wurde - und es ist Ehrensache für sie, auch da im Fummel aufzutreten. "Es gab bislang Wahlmänner und Wahlfrauen und jetzt gibt es eben auch mal was dazwischen", sagte Jones, als sie von den Grünen in Niedersachsen als Mitglied der Bundesversammlung nominiert wurde. Es sei an der Zeit, "dass jemand wie ich den Bundespräsidenten mitwählen darf".

Jones dürfte einer breiten Öffentlichkeit vor allem aus Entertainment-Formaten wie dem "Dschungelcamp", "Big Brother" oder "Frauentausch" bekannt sein, wo sie teils mehrfach teilnahm. Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie sich auch immer wieder politisch engagiert hat.

Jones kandidierte bereits für die Hamburger Bürgerschaft

In Hamburg, wo sie als Kiez-Mutti auf St. Pauli präsidiert und eine Bar betreibt, trat sie 2004 bei der Bürgerschaftswahl an, um die Partei von Roland Schill zu verhindern. 2008 kandidierte sie erneut, zog sich aber später zurück und rief zur Wahl der Grünen auf. Sie wirbt für HIV-Projekte und setzt sich für die Tierschutzorganisation Peta ein.

Und so wird sie es auch ihre Teilnahme an der Bundesversammlung explizit als politisches Zeichen für mehr Akzeptanz für queere Menschen verstehen. Ihre Nominierung sei "ein kleiner Lichtblick für alle, die in diesen schwierigen Zeiten für Toleranz und Vielfalt kämpfen", hat sie erklärt. Die Bundesversammlung sei offener und toleranter geworden.

Sie stimmt für Frank-Walter Steinmeier

In diesen Tagen ist Jones viel gefragt - man sei selber überrascht, welchen Wirbel ihre Teilnahme an der Wahl verursache, heißt es aus ihrem Management. Als Königin der Nacht traut sie sich selbstverständlich nicht nur das Wählen, sondern auch gleich das ganze Amt des Staatsoberhauptes zu. "Ich wäre gerne Bundespräsidentin", sagte sie der "Saarbrücker Zeitung". Das Amt passe wunderbar zu ihr: "Ich reise gerne, und als St. Pauli-Wirtin und Fremdenführerin habe ich viel Erfahrung darin, zu repräsentieren und Menschen aus aller Welt zu empfangen."

Das wird sie allerdings nicht davon abhalten, jetzt erst einmal für Frank-Walter Steinmeier zu stimmen. Sie schätzt ihn als "ruhigen und bedachten Menschen" und erwartet von ihm, dass er sich für eine offene und vielfältige Gesellschaft einsetzt. Und sie hoffe, dass er als Bundespräsident die Politiker ab und an unabhängig von der Parteizugehörigkeit zurechtweise.

Eine Anzeige gegen den AfD-Vorsitzenden in Sachsen-Anhalt

Aufsehen erregte im vergangenen Herbst Olivia Jones` Auseinandersetzung mit der AfD. Erst zeigte sie den AfD-Vorsitzenden von Sachsen-Anhalt, der besonders stark Stimmung gegen Homo- und Transsexuelle macht, wegen Volksverhetzung an. Später jedoch traf sie sich mit ihm auf ein Gespräch. Man müsse auch mal versöhnlich auftreten, heißt es aus ihrem Umfeld. Sie selber hat bei der AfD "viele Floskeln und kaum Inhalte" ausgemacht - das müsse man enttarnen.

"Ich bin für den offenen Dialog", sagte Jones jetzt in dem Interview. Sollte sie in der Bundesversammlung auf Frauke Petry treffen, habe sie kein Problem damit, ein Foto mit ihr zu machen: "Mehr aber auch nicht." Sie werde ihr auch klar sagen, dass man nicht noch mehr Hass in der Gesellschaft brauche.

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