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„Mein Körper, meine Wahl“. Intersexuelle Aktivisten kämpfen seit langem für das Recht auf Selbstbestimmung. Foto: Florian Schuh/dpa/picture-alliance

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Eingriffe bei Unter-14-Jährigen: Geschlechtsverändernde OPs bei Kindern sollen verboten werden

Noch immer werden an intersexuellen Säuglingen und Kindern geschlechtsverändernde Operationen durchgeführt. Das will das Justizministerium jetzt verbieten.

Geschlechtsverändernde Operationen bei Kindern sollen künftig in Deutschland verboten werden. Einen entsprechenden ersten Referentenentwurf hat jetzt das Bundesjustizministerium vorgelegt.

Umgesetzt würde damit der Koalitionsvertrag von Union und SPD, der ein solches Verbot versprochen hatte.

Hintergrund ist, dass in Deutschland noch immer intergeschlechtliche Säuglinge und Kinder diesen Eingriffen unterzogen werden. Die Zahl der OPs ist in den vergangenen Jahren nicht zurückgegangen. Eine Studie vom Beginn dieses Jahres geht davon aus, dass im Zeitraum zwischen 2005 und 2016 bei Unter-Zehnjährigen jährlich im Schnitt 1871 „feminisierende“ oder „maskulinisierende“ Operationen durchgeführt wurden. Intersexuelle Menschen haben angeborene Geschlechtsmerkmale, die nicht eindeutig in die Kategorien männlich oder weiblich passen, sei es genetisch, hormonell oder anatomisch. 

Eltern müssen künftig geschlechtsangleichende OPs bei ihren Kindern ablehnen

Der Gesetzentwurf, der dem Tagesspiegel vorliegt, sieht jetzt vor, dass Eltern nicht in einen operativen Eingriff an den inneren oder äußeren Geschlechtsmerkmalen des Kindes einwilligen dürfen, wenn dieser zu einer Änderung des angeborenen biologischen Geschlechts führt. Darunter fallen ausdrücklich eine Änderung des männlichen, weiblichen oder intergeschlechtlichen Erscheinungsbildes eines Kindes.

Ausgenommen von dieser Regelung sind nur Eingriffe, die eine Lebensgefahr von einem Kind abwenden.

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Ab dem 14. Lebensjahr können Kinder selber in den Eingriff einwilligen, darüber muss allerdings ein Familiengericht befinden. Auch Eltern müssen dann einwilligen, der Eingriff darf zudem dem Wohl des Kindes nicht widersprechen.

Medizinische Leitlinien raten von den Operationen an intersexuellen Kindern ab

Zur Begründung des Gesetzentwurfes führt das Justizministerium an, das Recht des Kindes auf geschlechtliche Selbstbestimmung müsse geschützt werden. Weder Eltern noch Ärztinnen und Ärzte könnten die spätere geschlechtliche Entwicklung eines Kindes vorhersehen.

Wie viele Menschen tatsächlich davon jährlich betroffen sind, ist unklar. Die in der zitierten Studie genannten Zahlen beziehen sich auf Behandlungsfälle: Eine Person wird demnach oft mehrfach operiert.

Die Opposition fordert einen Entschädigungsfonds

Dass die Zahl der OPs nicht sinkt, wurde in der Studie stark kritisiert: Schließlich würden medizinische Leitlinien wegen „psychosozialer Bedenken“ immer mehr von Eingriffen abraten. Rechtlich verbindlich sind die Leitlinien aber nicht. Andere Studien gehen von ähnlichen Zahlen aus.

Aus der Opposition gab es am Dienstag Zustimmung zu den Plänen, aber auch Kritik. Der FDP-Abgeordnete Jens Brandenburg nannte es "gut und überfällig", dass die Justizministerin den seit Jahren versprochenen Referentenentwurf vorlege. In Sachen Beratung und Aufklärung bei Intergeschlechtlichkeit springe der Entwurf aber "viel zu kurz": "Gute Beratungsangebote brauchen Eltern genauso wie Familienrichter und das medizinische Personal."

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Auch Sven Lehmann, queerpolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, begrüßte den Entwurf. Die Grünen erwarten von der Bundesregierung aber einen Fonds, aus dem intergeschlechtliche Menschen entschädigt werden, die unter den Folgen von nicht medizinisch indizierten geschlechtsangleichenden oder -verändernden Operationen leiden.

Doris Achelwilm von der Linken-Fraktion im Bundestag reagierte ebenfalls grundsätzlich positiv. Unklar bleibe allerdings, wie mit Verstößen umgegangen werden soll. Auch Achelwilm forderte einen Fonds, um Opfer zu entschädigen.

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