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Selbstporträt von Robert Mapplethorpe, 1988.

©  koolfilm

Doku über Robert Mapplethorpe: Blumen und Peitschen

Eine schillernde Persönlichkeit. Der Dokumentationsfilm "Look at the Pictures" erhellt das Werk des großen, schwulen Fotografen Robert Mapplethorpe.

Am Anfang, sagt Robert Mapplethorpe, habe es sich verboten angefühlt, Pornozeitschriften in den New Yorker Kiosken in ihren Zellophanhüllen zu sehen. Er wollte dieses kitzelnde Gefühl in seine Kunst integrieren. Und irgendwann wollte er dafür solche Fotos selber machen. „Ich dachte, anderen etwas zu stehlen“, wenn er deren Bilder einfach nur benutzte. Und so verlegte sich der Kunststudent auf die Fotografie, die er – snobistisch, wie er war – bis dahin gar nicht für eine Kunst gehalten hatte.

Der Film „Look at the Pictures“ nimmt für sich in Anspruch, unvoreingenommen nur die Bilder zu betrachten. Ohne das Skandalumfeld der Zeit. Natürlich wird er diesem Anspruch nicht gerecht – und ist gerade deshalb so gut. Ja, in Wahrheit handelt es sich um einen Glücksfall der Verbindung zusätzlicher Dokumente, Zeitzeugenaussagen und Interviewmitschnitte von Mapplethorpe, die ihrerseits erst das Werk erhellen.

Er tötete sein Äffchen für die Kunst

„Die Fotos sind nicht so wichtig wie das Leben, das einer führt“, sagt der junge Robert. So einer denkt, dass der heiß ersehnte Ruhm nur über eine schillernde Persönlichkeit zu einem kommt. Es sind schließlich die 70er, ein paar Straßen weiter arbeitet Andy Warhol in der Factory an seiner Unsterblichkeit. Robert Mapplethorpe kauft sich, da ist er noch Student am Pratt Institute, zunächst ein Äffchen, dass er ständig auf seiner Schulter trägt, wo es gerne und viel masturbiert. Leider wird er für eine Kunstarbeit später das Äffchen töten, die Knochen auskochen und fotografieren. Dafür bekommt er eine Eins.

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Der Film zeigt Personen, die diesen besonderen Jungen allesamt schon früh mögen. Da ist der katholische Pfarrer der Familie, dem Mapplethorpe als Kind Bilder gemalt hat von der Jungfrau Maria – bald erkennt der Geistliche, dass Robert an der Kirche nie die Dogmen, sondern immer nur die Symbole interessiert haben, die aufgeladenen Bilder. Da konnte noch niemand ahnen, dass Mapplethorpe irgendwann einen Schwanz auf einem Altar fotografieren würde und die Aufladung vor allem sexuell sein würde. Und dann, sagt der Pfarrer, war da von Anfang an dieser durchdringene Blick, „always looking, always penetrating“.

Mapplethorpe hat diesen Fotografenblick sehr direkt verstanden. Und dann abgebildet. In einer grandiosen Szene reden New Yorker Kuratorinnen um das Schockpotenzial seines umstrittensten Bildes herum – ein Selbstbildnis des Künstlers, dem eine Peitsche aus dem Hintern ragt. „Ein anderer Abzug hatte schärfere Kontraste, aber das war ein anderes Papier, oder?“, fragt eine. „Mir gefällt, wie er die Hand an der Peitsche hält, das wirkt, als würde er einen Auslöser betätigen“, sagt die andere. „Die Peitsche ragt bis an den Bildrand, das stellt eine Verbindung zum Betrachter her.“ Es ist zum Brüllen.

Letzte Ausstellung 1989

Andererseits ist da der Vater, ehrlich genug, um zuzugeben, dass er seinem Sohn das Schwulsein übel nimmt. „Aber mit den Blumen war er sehr gut.“ Seinen viel älteren und reicheren Förderer und Kurator Sam Wagstaff, so sagt Mapplethorpe selbst, hätte er als Freund und Partner nie in Betracht gezogen, ohne dessen Geld. Wagstaff kaufte ihm die erste Hasselblad und später ein Loft in der Bond Street. Der Labor-Mitarbeiter war der Einzige, der von dem sonst wenig großzügigen Mapplethorpe Koks geschenkt bekam, um schneller arbeiten zu können. Mapplethorpes Geltungssucht ging weit: Er genoss es sogar, dass die Preise für seine Kunstwerke stiegen, als bekannt wurde, dass er an Aids erkrankt war.

Eine Galeristin sagt, sie könne den Erfolg einer Schau dem Geräuschpegel während der Eröffnung entnehmen. Bei der letzten Ausstellung Mapplethorpes, bei deren Eröffnung 1989 der von Aids gezeichnete Künstler wie ein sterbender König Hof hielt, habe man eine Stecknadel fallen hören.

Eiszeit, FaF, Hackesche Höfe, Kant, Rollberg, Xenon (alle OmU)

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