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Der Kreuzberger CSD entstand als Abgrenzung zur großen CSD-Demo.

© Guido Woller

Christopher Street Day in Kreuzberg: Alternativer CSD mit radikalen Botschaften

Der kleine CSD will auch in diesem Jahr wieder Themen auf die Straße bringen, die auf dem großen CSD nach Ansicht der Kreuzberger Demonstranten keinen Platz bekommen. Um die politische Note hervorzuheben, gibt es auch in diesem Jahr wieder kein Straßenfest.

„Keine pinke Camouflage – Queer bleibt radikal. Unanständig, unintegriert, unbequem gegen Krieg, Rassismus, Ausbeutung“ – das Motto sagt im Grunde alles über das Selbstverständnis des kleinen CSD. Die Kreuzberger Variante des Christopher Street Day, kurz KCSD, zieht am heutigen Sonnabend wieder ab 16 Uhr vom Oranien- zum Heinrichplatz. Der etwas sperrige Leitspruch spiegelt dabei den Kerngedanken aus den Anfängen der Veranstaltung wieder: Der große CSD sei nicht politisch genug, bestimmte Themen bekämen dort keinen Platz. Dieses Jahr bemängeln die KCSD-Demonstranten beispielsweise, dass der große CSD sich zwar mit Slogans wie „Refugees welcome“ schmücke, dann aber keine Kommentare zur Räumung des Oranienplatzes und der Situation in der Gerhart-Hauptmann- Schule abgebe.

Kreuzberger CSD nur durch Freiwilligenarbeit möglich

Seit mehreren Jahren beteiligen sich Flüchtlingsgruppen am CSD in Kreuzberg, spanische und griechische Aktivsten sind dieses Jahr zum ersten Mal dabei. Sie und viele andere haben nach der Abschlusskundgebung der Demonstration ab 18 Uhr die Möglichkeit, ihre Anliegen in Redebeiträgen dem Publikum am Heinrichplatz zu vermitteln. Zwar gibt es auch musikalische Beiträge und Perfomances, „aber im Vordergrund soll ganz klar die politische Botschaft stehen“, erklären die Organisatoren des diesjährigen KCSD – eine etwa 15-köpfige Gruppe aus Clubbetreibern, Projektleitern und Privatpersonen aus Kreuzberg. Jedes Jahr aufs Neue finden sich Freiwillige, die den Demonstrationszug durch Kreuzberg planen – und zwar ehrenamtlich, sonst wäre das Ganze trotz Soli-Veranstaltungen nicht finanzierbar. Einzig das SO36 ist von Beginn an dabei und übernimmt mittlerweile vor allem technische und logistische Aufgaben, wie Bühnenaufbau und Transport.

Orga-Team ist "rassismus-sensibel"

Im vergangenen Jahr stand allerdings ein großes Fragezeichen dahinter, ob es den CSD in Kreuzberg überhaupt noch geben solle. Grund dafür waren Rassismusvorwürfe aus den eigenen Reihen, die bei den Planungen für die Veranstaltung ein Jahr zuvor erhoben worden waren. Die Diskussion wurde auch nach der Demonstration nie wirklich zu Ende geführt. Letztlich konnte die Veranstaltung aber doch stattfinden – erstmals als Kreuzberger CSD und nicht mehr wie zuvor als „Transgenialer CSD“. „Ansonsten gibt es aber keinen Unterschied zum früheren Transgenialen CSD“, erklärt die Geschäftsführerin der Bar „Südblock“ am Kottbusser Tor, Tülin Duman, die den diesjährigen KCSD mitorganisiert. Und was das Rassismus-Thema angeht, sei das Orga-Team sehr sensibilisiert. „Wir haben teilweise selbst verschiedene Erfahrungen mit Rassismus gemacht.“

Schlammrutsche brachte die Trennung

Zur Abspaltung vom großen CSD kam es 1997: Als Antwort auf eine abfällige Bemerkung in einer Rede des CDU-Politikers Klaus-Rüdiger Landowsky fuhr aus Kreuzberg ein Wagen mit einer Schlammrutsche, Rattenwagen genannt, auf der Demo mit. Der Wagen des Kreuzberger Kult-Clubs SO36 positionierte sich zudem gegen die neu eingeführten Wagengebühren. Als im Laufe der Veranstaltung andere Demonstranten und geparkte Autos Schlammspritzer abbekamen, verwies die Polizei den Rattenwagen von der Veranstaltung. Sowohl der Rattenwagen als auch der Wagen des SO36 fuhren daraufhin zurück nach Kreuzberg. Und die Geschichte nahm ihren Lauf.

Juliane Fiegler

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