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Maren Kroymann (Mitte) singt den Abschlusssong ihrer Comedyshow mit einem großen LGBTQI-Chor.

© Radio Bremen/btf

Besondere Folge der Sendung „Kroymann“: Beiläufige Beweisführung

Maren Kroymann hat sich queere Gäste in die neue Ausgabe ihrer ARD-Comedyshow eingeladen. Es geht um Empathie-Pillen, Cyberabwehr und Hundewelpen.

Die Schauspielerin hat ein Problem: „Seit ich mich als lesbisch geoutet habe, kriege ich deutlich seltener Rollen als Geliebte oder Ehefrau.“ Stattdessen spiele sie nur noch Großmütter, verbitterte Ex-Frauen, AfD-Politikerinnen – „Frauen, bei denen kein gesunder Mensch an Sex denken würde.“

Um endlich auch Angebote für andere Figuren zu bekommen, wendet sich Frau Kroymann an die Agentur Alibi Love von Ex-Fußballstar Toni Schumacher. Hier können sich homosexuelle Promis eine öffentliche Fake-Heterosexualität buchen. Kroymann probiert es aus – und lässt sich eine Affäre mit Jan Josef Liefers andichten. Dessen Vertrag mit seiner Schein-Ehefrau Anna Loos läuft nämlich gerade aus. Win-win sozusagen.

Kroymann spielt unter anderem eine apathische Oma

Der spaßig Sketch lief im Dezember in der Comedy-Sendung „Kroymann“, doch das Thema der beschränkten Rollenangebote für offen queere Schauspieler*innen treibt Maren Kroymann weiter um. Genug eigene Erfahrung damit hat sie: Nach ihrem öffentlichen Coming Out 1993 wollte sie lange niemand casten. Später wurde es wieder besser, aber mit attraktiven Filmangeboten wird die Wahl-Berlinerin auch nicht überschüttet.

Für die aktuelle Ausgabe ihrer Sendung hat sie sich deshalb etwas Besonderes ausgedacht: Bis auf das feste „Kroymann“-Ensemblemitglied Annette Frier wirkten diesmal ausschließlich queere Gastschauspieler*innen mit. Sie sind in allen möglichen Rollen zu sehen – bloß nicht als explizit schwule, lesbische, bisexuelle oder trans Charaktere.

Eher im Gegenteil. So geben Christina Hecke und Roland Riebeling ein Pärchen, das einen Welpen bei einer schrulligen Hundezüchterin abholt, Klaus Nierhoff – unter anderem bekannt aus der „Lindenstraße“ – hat einen Kurzauftritt als Maren Kroymanns zukünftiger Ehemann und Gustav Peter Wöhler bietet ihr als spießiger verzweifelter Abteilungsleiter beim BND den Posten der deutschen Cyberabwehr-Chefin an.

Wenn man nicht weiß, dass alle Mitwirkenden (bis auf Frier) queer sind, hat man den Eindruck, einfach eine weitere „Kroymann“-Ausgabe zu sehen. Dadurch gelingt ganz beiläufig und äußerst anschaulich der Beweis, dass queere Darsteller*innen alle möglichen Figuren verkörpern können.

[„Kroymann“, Donnerstag, 28.1., 23.35 Uhr, ARD oder hier in der Mediathek]

Im besten Sketch der halbstündigen Sendung – einer Werbung für ein imaginäres Medikament– spielen der 20-jährige Lukas von Horbatschewsky („Druck“) und die 26- jährige Merve Aksoy („Nur eine Frau“) die Enkel einer völlig apathischen Oma. In hübsch überzeichneter Generation-Z- Manier agitieren die beiden Kroymann mit ihren politischen Ansichten und weinen ihr die Ohren voll mit ihren persönlichen Problemen.

Weil die Großmutter dafür kein echtes Interesse aufbringen kann, nimmt sie das Medikament „Empathie forte“. Plötzlich kann sie bei „bis zu drei Themen enthusiastisch mitfühlen und brennenden Eifer vortäuschen“, wie der Werbesprecher verkündet. Vor jedem Treffen mit Freunden und Familie schluckt sie jetzt eine Kapsel. Auch Politker*innen, Promis und Wirtschaftsbosse vertrauen auf das medikamentös erzeugte Mitgefühl. Nur zu viel darf man davon nicht erwischen, dann werden plötzlich auch dreckige Löffel zum Entrüstungsgrund.

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Erst in den letzten fünf Minuten deckt Kroymann das Anliegen der Folge auf, indem sie dem Sketch, der sich durch die ganze Sendung gezogen hat, einen neuen Dreh gibt. Hatte Schauspielerin Maren, die gerade ein Fotoshooting mit dem „Playboy“ absolviert hat, im Gespräch mit einer leicht pikierten Interviewerin die ganze Zeit behauptet, dass sie „auch mal auf ihren Körper reduziert werden“ und nicht immer nur als intelligente Frau mit Humor gelten wolle, verrät sie nun den wahren Grund für die Nacktaufnahmen. Er geht in die gleiche Richtung wie die Alibi-Love-Aktion mit dem falschen Liebhaber – und zieht die Interviewerin auf ihre Seite.

Maren Kroymann tritt abseits der Bühnen und Kameras schon seit Jahrzehnten für die Anliegen der LGBTIQ-Community ein. Sie findet dabei stets deutliche Worte, kann aber auch verspielt und verschmitzt zu Werke gehen, wie die neue „Kroymann“-Folge zeigt. Diese endet mit einem anspielungsreichen Popsong, bei dem die 71-Jährige von einem riesigen queeren Chor begleitet wird. Vielleicht bringt der ja ein paar Caster*innen zum Nachdenken – und macht queeren Schauspieler*innen Mut zur Offenheit.

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