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Priscilla Presley 2016.

© Semmel Concerts / Christopher Ameruoso

Priscilla Presley im Interview: Der Geist von Elvis

40 Jahre nach seinem Tod tourt der King of Rock’n’Roll erstmals mit dem London Royal Philharmonic Orchestra. Hätte er das gewollt? Priscilla Presley sagt: ja.

Mrs. Presley, hinter Ihnen spielt das Royal Philharmonic Orchestra, vor Ihnen sitzen 9000 Leute, und über Ihnen schwebt eine Leinwand, von der Ihr Ex-Mann singt. Wie anstrengend ist das für Sie?

Anstrengend? Nein. Es ist zauberhaft. Wenn Großeltern und Enkel einander umarmen und ihre leuchtenden Handys in die Höhe halten, ist das für mich einfach magisch …

… als stünde Elvis Presley wirklich auf der Bühne?

Genau.

Die Leute bejubeln aber eine Projektion.

Für mich ist das sehr emotional, das muss ich zugeben. Besonders, wenn die Songs des „’68 Comeback Special“ kommen.

Sie sprechen von der Fernsehshow, in der Ihr damaliger Ehemann im Lederanzug vor kleinem Publikum erstmals wieder auftrat, nachdem seine Karriere mit der „British Invasion“ etwas an Schwung verloren hatte.

Ja. Himmel, dieser schwarze Lederanzug! Sie können sich nicht vorstellen, wie nervös er gewesen ist. Er wusste ja nicht, ob sein Plan aufgeht. Doch es hat funktioniert: Seine Karriere nahm wieder an Fahrt auf, es war ein großartiges Comeback. Und wenn ich ihn heute auf der Bühne sehe, stellt sich dieses euphorische Gefühl wieder bei mir ein.

Viva la Diva. Am 15. Mai ist „Elvis in Concert – The Wonder of You“ in der Berliner Mercedes- Benz-Arena zu sehen – mit Priscilla Presley.
Viva la Diva. Am 15. Mai ist „Elvis in Concert – The Wonder of You“ in der Berliner Mercedes- Benz-Arena zu sehen – mit Priscilla Presley.

© Foto Paul Sanders/Semmel Concerts

Elvis Presley war ein Rebell, Sie waren eine Rebellin. Mit gerade mal 15 Jahren haben Sie Ihre Eltern so lange bearbeitet, bis Sie allein nach Memphis, Tennessee, fliegen durften – in die Villa des King of Rock’n’Roll. Womit haben Sie sie überzeugt?

Wie meine Eltern mich ziehen lassen konnten? Es war schwer für alle. Ich stellte mich vor meinen Stiefvater …

… einen US-Offizier, der damals in Bad Nauheim, wo Sie den 24-jährigen Elvis kennengelernt hatten, stationiert war …

… und sagte: Du zerstörst mein Leben. Elvis telefonierte mit ihm, sehr respektvoll. Unzählige Vorkehrungen wurden getroffen. Sie hätten mir nie erlaubt, einfach so von Bad Nauheim wegzugehen. Und dann saß ich irgendwann im Flugzeug.

Was ging in Ihnen vor?

Noch nie zuvor war ich allein verreist. Es war aufregend, furchteinflößend, alles fühlte sich neu an. Ich hatte ja keine Ahnung, was mich erwarten würde. Hören Sie, ich möchte jetzt wirklich gern wieder über die Tour reden.

"Viele idealisierten ihn: Robert Plant, Davis Bowie"

Elvis starb 1977.
Elvis starb 1977.

© Elvis Presley Enterprises

Okay. Welche Songs von der Tour bedeuten Ihnen am meisten?

„If I Can Dream“, „Kentucky Rain“ … Warum? Weil ich Elvis mit „Kentucky Rain“ im Studio gesehen habe – er hat sehr emotional reagiert. Es war kein Song, den seine Plattenfirma oder sein Management für ihn ausgesucht hat, sondern ein Lied, das er liebte. Kein Song aus einem Film, die mochte er nicht so. Außer „Can’t Help Falling in Love“ natürlich.

Sie sind Großmutter von vier Enkeln. Werden sie die Show sehen?

Ja, in den Staaten. Es kommen viele Kinder. Neulich habe ich eine Achtjährige im Elvis-Fan-Kleid gesehen. Mein Team hatte mich auf sie aufmerksam gemacht: „Oh mein Gott! Da ist dieses kleine Mädchen!“ Ich war den Tränen nahe. Also ließ ich sie hinter die Bühne kommen. Sie war so im Bann von Elvis, es war rührend.

Für viele große Künstler war Elvis eine Initiation. Bruce Springsteen beschreibt in seiner Autobiografie, wie er ihn zum ersten Mal in der Ed-Sullivan-Show sieht und das sein Leben verändert.

Ja, davon weiß ich. Ich habe das auch als Kind gesehen. Gestern Abend begegnete ich Roger … wie heißt der noch gleich?

Manager: Taylor!

Roger Taylor von Duran Duran. Er war sehr bewegt. Viele idealisierten Elvis: Robert Plant von Led Zeppelin, David Bowie. Elvis’ Einfluss war immens. Er trat die Tür zu deiner Kreativität auf, zertrümmerte alle Versteinerung. Get out of the box! Noch nie habe ich jemanden kennengelernt, der Elvis nicht mochte.

Haben Sie mit ihm darüber geredet, ob er mit einem Orchester auftreten möchte?

Er hat geäußert, dass er das wollte. Mir ist klar, ich bin ein großes Risiko eingegangen, weil er für Rock’n’Roll bekannt ist. Aber wenn das Royal Philharmonic Orchestra einem „King“ nicht genügt … Als wir das Album im Studio aufgenommen haben, folgten alle Musiker seinem Gesang – es war, als sei sein Geist anwesend.

Sie zeigen in der Show auch private Videos, die Sie in Graceland gedreht haben. War die Kamera immer dabei?

Nein. Elvis mochte es gar nicht, wenn er zu Hause gefilmt oder fotografiert wurde, weil draußen überall Paparazzi auf ihn lauerten. Ständig waren da Fans mit langen Teleobjektiven, sogar an der Zufahrt von Graceland. Schließlich schenkte er mir eine Videokamera, das muss so 1966 gewesen sein. Ich drehte einige Szenen, doch dann mochte er es nicht mehr. Seine Privatsphäre war ihm heilig. Stellen Sie sich mal vor: Irgendwann konnten wir nicht mehr in Restaurants gehen. Er duldete keine Fotos, die ihn beim Essen zeigten! Manchmal denke ich, wie es heute wäre – mit all den Smartphones.

Einen Twitter-Account hätte er wohl nicht?

Das hätte er gar nicht nötig. Die Leute folgten ihm ja auch so. Manchmal ritt er sein Pferd an den Zaun von Graceland und sagte den Kids „Hallo“.

"Es war das Schwerste überhaupt, ihn teilen zu müssen"

Priscilla Presley, 71, heiratete Elvis Presley 1967 in Las Vegas. Ihr gemeinsames Kind, Lisa Marie, kam 1968 zur Welt. 1973 wurde die Ehe geschieden.
Priscilla Presley, 71, heiratete Elvis Presley 1967 in Las Vegas. Ihr gemeinsames Kind, Lisa Marie, kam 1968 zur Welt. 1973 wurde die Ehe geschieden.

© picture-alliance/ dpa

Elvis war ein anderer Mensch, wenn er zu Hause war?

Klar. Die privaten Videoschnipsel, die ich zeige, offenbaren seine Verspieltheit. Er konnte ein kleiner Junge sein. Dann wieder zeigen sie ihn als Vater, der sehr stolz auf sein Baby gewesen ist. Man sieht ihn als Spitzbuben, als Ehemann … Material von unserer Hochzeit in Las Vegas ist auch dabei.

Nicht nur in den Staaten ist Elvis heute noch omnipräsent. Niemand hat so viele Doppelgänger wie er. Wie ist das für Sie?

Das war härter, als ich jünger war. Wissen Sie, ich habe ihn ja nicht vor 1969 live auf der Bühne gesehen. Da waren wir schon verheiratet! Als ich ihn dann sah, dachte ich: Oh mein Gott, so ist das also! Er war wie ein Tiger, den sie aus dem Käfig gelassen hatten, er lief ruhelos hin und her. Einfach wunderschön, so kraftvoll. Also war es das Schwerste überhaupt, ihn teilen zu müssen. Oh mein Gott. Ich konnte mich nicht daran gewöhnen. Und ich musste ihn nicht nur mit ein paar Fans teilen, sondern mit der ganzen Welt.

Kamen Sie irgendwann damit klar?

Nicht gut. Junge Frauen campten vor Graceland!

Haben die Ihnen auch leidgetan?

Ja, total. Ach, heute verstehe ich das alles besser – auch, was Elvis mir anvertraut hat. Ich habe nie kapiert, warum er nach Jahren der Bühnenerfahrung vor einem Konzert nervös war. Er sagte: „Das Publikum ist jedes Mal anders.“ Manchmal war das Publikum abwartend: Jetzt zeig mal, was du so drauf hast. Du kannst es dir nicht leisten, so selbstbewusst zu sein, dass du nicht mehr aufgeregt bist.

Elvis war auch dafür bekannt, dass er das Publikum manchmal foppte.

Ja, wenn er in guter Form war, dichtete er ein paar Zeilen um. Meistens hat’s niemand gemerkt, dann drehte er sich weg, weil er kichern musste.

Welche Rolle hatte Humor in Ihrer Beziehung?

Er hatte einen unkonventionellen Sinn für Humor. Wenn wir im Auto waren, und da kam dieses Verkehrszeichen „Stop ahead“, rief er: „Stop! A head!“ Wenn er einen Mars Bar (Mars-Riegel) aß, meinte er: „Komisch, gibt es eine Bar auf dem Mars?“ Oder, wenn es um Carpets (Teppiche) ging: „Did you ever see a Car Pet (Haustier)?“

Ihre wichtigste Lektion?

Nimm niemals etwas als gegeben hin. Das Leben kann dich austricksen.

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