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Auf Menschen haben es die tonnenschweren Schwertwale normalerweise nicht abgesehen.

© imago/Nature Picture Library

Zwischenfälle vor Spaniens Küste: Warum Schwertwale Segelboote angreifen

Orcas attackieren vor der spanischen Küste Segelschiffe. Forscher rätseln, was hinter den Vorfällen mit den Schwertwalen steckt: Angriff oder Spiel?

Killerwal oder Mörderwal werden diese Meeresräuber auch genannt, weil sie bei der gemeinsamen Jagd auf Delfine, Robben oder Thunfische ziemlich brutal vorgehen. Doch auf Menschen haben es die tonnenschweren Schwertwale, die acht bis zehn Meter lang werden können, normalerweise nicht abgesehen.

Umso mehr sorgt für Aufmerksamkeit, dass immer mehr Segelboote vor der spanischen Atlantikküste von diesen Raubwalen attackiert und beschädigt werden. Nun versuchen Forscher herauszufinden, was hinter den rätselhaften Vorfällen steckt.

„Der Schwertwal rammte uns 15 Mal“, berichtet Justin Crowther, der britische Kapitän der Segeljacht „Beautiful Dreamer“. Der Wal mit der markanten schwarzen Rückenflosse sei immer wieder mit Kraft gegen das Ruder geschwommen. Solange, bis die Zehn-Meter-Jacht, die zu diesem Zeitpunkt elf Kilometer von der spanischen Hafenstadt Ferrol (Region Galicien) mit Motor unterwegs war, völlig manövrierunfähig gewesen sei. „Wir haben dann den Motor abgeschaltet.“ Daraufhin sei der Angreifer verschwunden, sagte Crowther der spanischen Zeitung „La Voz de Galicia“.

Küstenwache muss mehrfach ausrücken

Kurz nach dieser mysteriösen Begegnung der „Beautiful Dreamer“, die sich vor wenigen Tagen ereignete, informierte der Seenotrettungsdienst die Schifffahrt über einen „Angriff von Schwertwalen“ vor der nordwestspanischen Küste. Und er warnte: „Versuchen Sie nicht, sich im Falle einer Sichtung zu nähern. Halten Sie Abstand.“ Beim Auftauchen von Orcas, wie die Meeressäuger nach ihrem lateinischen Namen „Orcinus orca“ auch genannt werden, solle die Küstenwacht verständigt werden. Seit Anfang September musste der Seenotdienst wenigstens viermal ausrücken, um von den Meeresbewohnern lädierte Segeljachten abzuschleppen.

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Auch der angeordnete Sicherheitsabstand schützt die Sportschiffer nicht unbedingt vor solchen Begegnungen. Denn die Orcas, die als neugierig gelten und zur Familie der Delfine gehören, begleiten gerne Schiffe auf dem Meer. Sie schwimmen neben den Booten, tauchen unter ihnen hinweg – ganz so, als ob sie Gesellschaft suchen würden. Aber von Angriffen auf Schiffe hatte man bisher nichts gehört. So machten sich auch die drei Marinesoldaten, die Ende August mit der Regattajacht „Mirfak“ vor der galicischen Küste Spaniens unterwegs waren, zunächst keine Sorgen, als drei Schwertwale neben dem Boot auftauchten. Erst als eines der Meerestiere immer wieder das Ruder rammte und zerstörte, wurde ihnen klar, dass diese keine gewöhnliche Begegnung war.

„Die wollten mit dem Ruder spielen“

„Das ist das erste Mal, dass mir dies in meinen 40 Jahren als Seemann passiert ist“, kommentierte später Candido Cosuelo, einer der Soldaten, den Vorfall im spanischen TV. Der erfahrene Segler Cosuelo glaubt nicht, dass die Schwertwale wirklich das Boot oder seine Besatzung anfallen wollten. „Die wollten mit dem Ruder spielen.“ Am selben Tag machte nicht weit entfernt noch eine französische Jacht unliebsame Bekanntschaft mit den Orcas.

Die britische Zeitung „The Guardian“ berichtete, dass es schon im Juli ähnliche Vorfälle gegeben habe. Und zwar weiter südlich im Atlantik, in der Nähe der Meerenge von Gibraltar. Die Skipperin Victoria Morris berichtete in dem Blatt über einen „total organisierten Angriff“ auf ihr Schiff von neun dieser großen Meeresräuber. Auch in diesem Fall wurde vor allem das Ruder, das offenbar eine besondere Anziehungskraft hat, attackiert – bis es brach.

Was steckt hinter dem Verhalten dieser Meeresbewohner? Fühlen sie sich bedroht oder bei der Futtersuche gestört? Oder sehen sie die Boote und deren sich bewegenden Ruderblätter tatsächlich als eine Art Spielzeug?

Vorfälle mit Jungtieren?

Die Meeresbiologen der spanischen Walforschungsorganisation Cemma versuchten dieser Tage, die Öffentlichkeit mit einem Kommuniqué zu beruhigen. Es handele sich vermutlich nicht um gezielte Angriffe, sondern um „Interaktionen mit Schiffen“.

Die Forscher weisen darauf hin, dass die Schwertwale geschützt seien und dass es Schiffen deswegen nicht erlaubt sei, sich ihnen zu nähern. Es ist auch kein Geheimnis, dass sich nicht alle Freizeitkapitäne an diese Bestimmungen halten.

Jedes Jahr ziehen die Schwertwale im Spätsommer von Gibraltar kommend an der portugiesischen und spanischen Atlantikküste entlang Richtung Norden, um Thunfische zu jagen. Die Orcas gehen am liebsten im Team auf Beutejagd und haben raffinierte Methoden entwickelt, mit denen sie sogar Haie oder Blauwale erlegen können.

Möglicherweise handele es sich bei den Protagonisten der Vorfälle um einige Jungtiere, die sich noch in einer Phase des „Lernens und der Neugier“ befänden, mutmaßte Cemma-Biologe Alfredo López in der galicischen Zeitung „Faro de Vigo“. Normalerweise würden die Schwertwale weder Boote noch Personen bedrängen. Horrorvisionen und Panikmache seien deswegen nicht angebracht: López weiter: „Sie springen nicht plötzlich aufs Deck, um Menschen zu attackieren.“

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