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Vorsätze und Wünsche zum neuen Jahr - worauf sollte man achten?

© dpa

Zum neuen Jahr: Wie sich gute Vorsätze durchhalten lassen

Gute Vorsätze haben zum Jahreswechsel Konjunktur. Ihr Scheitern hat Methode. Doch auch ihre erfolgreiche Umsetzung, wie Studien zeigen. Was Wissenschaftler dazu sagen.

Oscar Wilde hat es schon immer gewusst. „Gute Vorsätze sind nutzlose Versuche, in wissenschaftliche Gesetze einzugreifen“, hat der irische Schriftsteller einst behauptet. Und gleich noch eins daraufgesetzt: „Ihr Ursprung ist pure Eitelkeit. Ihr Resultat ist gleich Null.“ Vor allem die letzte Beobachtung dürfte sich der Zustimmung eines mächtigen Chors von Frustrierten sicher sein. Von Menschen, die immer wieder versucht haben, ein paar Kilo abzunehmen, mehr Sport zu treiben, sich das Rauchen abzugewöhnen.

Laut einer aktuellen repräsentativen Emnid-Umfrage, die das Software-Unternehmen Qlik in Auftrag gegeben hat und für die 1000 Bürger befragt wurden, kennen sechs von zehn Deutschen das Problem. Jeder Zweite der Betroffenen gibt an, er habe den Aufwand unterschätzt, der zur Umsetzung seines Änderungsplans nötig sei. Vier von zehn Befragten meinten, ihnen habe die Fokussierung auf das Ziel gefehlt, die Motivation habe mit der Zeit nachgelassen. Von besonders vielen Problemen berichteten Menschen zwischen 30 und 39 Jahren, vor allem, wenn sie in einem Mehrpersonen-Haushalt lebten und mit ihrem Lebensstil Rücksicht auf die anderen nehmen mussten.

Sind also wirklich alle guten Vorsätze zum Scheitern verurteilt? Und ist es womöglich besser, erst gar keine zu fassen? Durchaus nicht, sagt die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, die Erlanger Sozialpsychologin Andrea Abele-Brehm: „Es muss allerdings wirklich der eigene Wunsch sein, dann sind gute Vorsätze prinzipiell sinnvoll.“ Hat man den starken Drang nach Veränderung, dann kann man die „wissenschaftlichen Gesetze“, von denen Oscar Wilde spricht, durchaus nutzen, damit es beim nächsten Anlauf besser klappt. Aus Studien ist bekannt, dass gute Vorsätze besser umzusetzen und durchzuhalten sind, wenn Menschen einen realistischen Plan für die Realisierung haben, wenn ihnen positive Auswirkungen ihres Verhaltens winken und wenn sie zwischendurch immer wieder ihre Ziele mit dem aktuellen Verhalten vergleichen können.

Worauf man bei guten Vorsätzen achten sollte

Zunächst sollten aber die Vorsätze selbst bestimmte Kriterien erfüllen. Abele-Brehm bringt diese Merkmale auf eine Formel, die aus der Arbeitspsychologie stammt: Das angesteuerte Projekt sollte spezifisch, messbar, anspruchsvoll, realistisch und terminiert sein. Spezifisch, das heißt: Es ergibt wenig Sinn, nur den allgemeinen Vorsatz zum Abnehmen zu fassen. Besser ist es, sich etwas Konkretes vorzunehmen, also etwa in den nächsten zwei Wochen ein Kilo zu verlieren. Anspruchsvoll und realistisch – diese beiden Kriterien sollten sich die Waage halten. „Zu leichte Ziele motivieren nicht, man muss aber die Bodenhaftung bewahren, sonst drohen Frustrationen“, sagt Abele-Brehm. Außerdem sei ein zeitlicher Rahmen sinnvoll, innerhalb dessen man zum Beispiel ein Etappenziel erreicht haben möchte.

„Gute Vorsätze sind nichts, was man in der Silvesternacht beim Bleigießen ganz beiläufig fassen könnte“, sagt die Sozialpsychologin. Sie erfordern immer ein Maß an Selbstkontrolle. Wird der Bereich der Sucht und Abhängigkeit berührt wie bei starken Rauchern, die sich ganz von der Zigarette lösen wollen, dann sind biologische und psychologische Hürden zu nehmen, die mit mehr Aussicht auf Erfolg in gezielten Programmen zu überwinden sind. Oft betreffen gute Vorsätze aber auch Bereiche, in denen man nicht allein verantwortlich ist. Wer sich etwa vornimmt, bei Konflikten künftig ruhiger zu bleiben, muss mit den Reaktionen der anderen rechnen.

Dazu kommt, dass Misserfolge und einzelne Rückschläge oft den gesamten Vorsatz ins Wanken bringen. Und man sich selbst als schlechter Mensch fühlt. Gegen diesen moralisierenden Anklang könnte es helfen, statt von „Vorsätzen“ von „Zielen“ oder „Plänen“ zu sprechen. Zudem sollte man auch kleine Projekte und kürzere Zeiträume ins Visier nehmen. „An einfacheren Dingen kann man die Selbstkontrolle üben“, sagt Abele-Brehm.

In der Realität gehören allerdings große gesundheitliche Zielsetzungen wie „weniger Stress haben“, sich mehr bewegen, gesünder essen und abnehmen zu den Top Ten der guten Vorsätze. Das zeigte zu Beginn des Jahres 2014 eine Forsa-Umfrage unter 3000 Bundesbürgern, die die DAK-Gesundheit in Auftrag gegeben hatte. Immerhin jeder Zweite gab dort auch zu Protokoll, er habe seine Neujahrsvorsätze für 2013 mindestens ein halbes Jahr lang durchgehalten.

Soziale Unterstützung hilft

Aus der Gesundheitspsychologie ist bekannt, dass soziale Unterstützung sehr wichtig ist, wenn Menschen ihren Lebensstil dauerhaft ändern wollen. „Oft helfen dabei Verabredungen, etwa zum Joggen und Walken, oder Aktivitäten im Sportverein“, sagt Abele-Brehm. Auch das Handy kann helfen: Im wissenschaftlichen Projekt MoMo (Mobil mit Mobiltelefonen), das von der Europäischen Gesellschaft für Gesundheitspsychologie finanziert wurde, versuchten Psychologinnen der FU Berlin und der Universität Maastricht, Niederländer und Deutsche mit individuellen Textbotschaften zu mehr körperlicher Bewegung anzuregen, die sie per SMS oder E-Mail versandten. Die Forscherinnen waren von der Idee geleitet, dass eine persönliche, maßgeschneiderte Ansprache am meisten motiviert. „Die ersten Auswertungen bezüglich kurzfristiger Effekte sind vielversprechend“, sagt FU-Gesundheitspsychologin Lena Fleig.

Auch aus dem laufenden Projekt Hafa („Heute Anfangen & Fit und aktiv ins Frühjahr starten“) kristallisiert sich eine Grunderkenntnis heraus: Gute Vorsätze können sich gegenseitig stützen. „Wer sich vornimmt, sich mehr zu bewegen, achtet gleichzeitig auf gesündere Ernährung“, sagt Fleig. Das klingt nicht ganz so prickelnd wie Oscar Wildes Bonmot. Es kommt dafür aber aus der Wissenschaft. Und es hat den Vorzug, nicht ganz so defätistisch zu sein.

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