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Rückkehr an den Ort des ersten Dates: Mark Zuckerberg und Priscilla Chan mit Tochter Max im Café Burdick

© Mark Zuckerberg/Facebook

Zuckerberg präsentiert neue Pläne: Facebooks Flirt mit der Liebe

Facebook will zum Dating-Portal werden und damit Tinder & Co Konkurrenz machen. Das überrascht nach dem jüngsten Datenskandal - geht es doch um einen der sensibelsten Bereiche: Die Liebe.

Mark Zuckerberg und seine Frau Priscilla Chan haben sich noch auf altmodische Weise kennengelernt: Auf der Party einer Studentenverbindung, genauer: in der Warteschlange vor der Toilette. Dass der Nerd eines Tages Milliardär werden würde, ahnten damals weder er selbst noch die angehende Ärztin.

Heute dagegen wird jede dritte Ehe übers Netz angebahnt. Die Sehnsucht nach der Liebe ist ein Milliardengeschäft – das sich auch Facebook nicht entgehen lassen will: Das Netzwerk wird um eine Flirtfunktion ergänzt, kündigte Zuckerberg auf der Facebook-Entwicklerkonferenz F8 am Dienstagabend im kalifornischen San José an. Es ist nicht das einzige neue Feld, das Facebook erobern will, dennoch überrascht diese Ankündigung am meisten. Zumindest im Hinblick auf den Zeitpunkt.

Flirten, Löschen und Übersetzen: Facebook-CEO Mark Zuckerberg präsentierte am 1. Mai die nächsten neuen Features seines Netzwerks.
Flirten, Löschen und Übersetzen: Facebook-CEO Mark Zuckerberg präsentierte am 1. Mai die nächsten neuen Features seines Netzwerks.

© Stephen Lam/REUTERS

Noch keine zwei Monate ist es her, dass Facebook vom Skandal um den Abfluss von Nutzerdaten an die Firma Cambridge Analytica eingeholt wurde. Das Netzwerk sammele zu viele Daten und sei zu mächtig geworden, lautete der Vorwurf. Während die britische Firma am Mittwochabend Konsequenzen zog und ankündigte, unverzügliche „alle Tätigkeiten“ zu beenden, dringt Facebook mit der Flirt-Funktion ausgerechnet in einen der privatesten Bereiche vor: Die Liebe.
Es gebe so viele Singles, „da müssen wir doch etwas tun“, sagte Zuckerberg, der Amor kaum allein aus altruistischen Motiven spielen möchte. „Es soll um den Aufbau echter, langfristiger Beziehungen gehen, nicht um schnelle Abenteuer“, erklärte er. Facebook ergänze mit der Partnerschaftsvermittlung sein Kerngeschäft, nämlich neue Leute zu treffen und Beziehungen zu pflegen. Diese Erfahrung solle künftig „noch besser gemacht werden.“

Die Nutzer zahlen - wie üblich - mit ihren Daten

Wie Facebook kostet auch der Kuppelservice kein Geld – die Nutzer bezahlen mit ihren Daten. Der Schutz der Privatsphäre werde bei dem neuen Dienst aber von Beginn an ernst genommen, betonte Zuckerberg. Das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, doch muss er nach dem Skandal verstärkt um das Vertrauen seiner Nutzer werben. Wer die große Liebe künftig über Facebook suchen will, muss ein zusätzliches Profil anlegen, jegliche Kommunikation soll in einem separaten Chatkanal ablaufen. Nur Textnachrichten sind möglich, was logisch ist im Hinblick auf Facebooks strenge „No Nipples“-Politik, Bilder von blanken Brüsten sofort entfernt werden.
Dass Facebook den bestehenden Dating-Plattform ernsthaft Konkurrenz machen wird, ist wahrscheinlich. Schließlich sind die Dating-Portale Winzlinge im Vergleich zu dem sozialen Netzwerk mit seinen 2,2 Milliarden Mitgliedern.

Während Nutzer bei den Portalen erst lange Fragebögen ausfüllen müssen, damit ein Algorithmus den passenden Partner vorschlagen kann, kennt Facebook die Vorlieben und Eigenschaften längst im Detail - von „Like“ zu „Love“ ist es dann nicht weit. Das sehen die Anleger ähnlich. Die Aktie der Match Group, dem Mutterkonzern der Flirt-App Tinder und des Portals OKCupid, verlor am Dienstagabend über ein Fünftel ihres Werts. Aber nicht nur das Flirten will Facebook künftig erleichtern. Sondern Nutzer sollen sich auch schneller trennen können. Und zwar von ihren geteilten Daten. „Clear History“ heißt die neue Kontrollfunktion, die auch auf Druck der Politik eingeführt wird. Mit der Anwendung sollen Nutzer leichter Informationen entfernen wie die Liste besuchter Websites oder angeklickter Links. Bis das möglich sei, werden aber einige Monate vergehen, sagte Zuckerberg.

Die neue Löschfunktion gewann auch angesichts des Abgangs von WhatsApp-Gründer und Facebook-Vorstand Jan Koum an Relevanz. Am Vorabend der Konferenz hatte er seinen Abschied angekündigt, angeblich aus privaten Gründen. Doch soll es zwischen ihm und Zuckerberg Streit gegeben haben um den Umgang mit Nutzerdaten – und zwar schon seit der Übernahme von WhatsApp durch Facebook 2014. Zuletzt deshalb, weil Facebook offenbar die strenge Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bei dem Chatprogramm aufweichen will für den neuen Dienst „WhatsApp Business“.

„Zusammen verbessern wir die Welt"

Zwar entschuldigte sich Zuckerberg bei der Konferenz mehrfach für den Datenskandal um Cambridge Analytica, gleichzeitig ging er jedoch in die Offensive: „Zusammen verbessern wir die Welt, deshalb werden wir weiter arbeiten. Unsere Reise ist noch nicht beendet“, sagte Zuckerberg, der Unterstützung von Barack Obamas früherem Redenschreiber bekommen haben soll.

Eine Nummer kleiner und bescheidener geht es für ihn offensichtlich nicht – Zuckerberg weiß, was auf dem Spiel steht: Zahlreiche Nutzer löschten ihre Facebook-Konten, nach dem bekannt wurde, dass Cambridge Analytica Zugriff auf 87 Millionen Profile hatte und diese auch im US-Wahlkampf für Donald Trump nutzte. Wer aber bitte möchte nicht dabei sein, wenn es angeblich darum geht, die Welt zu retten? Noch dazu mit einem Herzblatt an der Seite.

Zuckerberg und Chan haben übrigens 2012 geheiratet – Fotos gibt es selbstverständlich auf Facebook zu sehen.

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