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Der Wohnkomplex in Essen ist nach dem verheerenden Brand einsturzgefährdet.

© Imago/Reichwein

Update

Wohnkomplex ist einsturzgefährdet: Polizei-Roboter kommt nach Großbrand in Essen zum Einsatz

Der Brand in einem Wohnkomplex im Essener Westviertel ist gelöscht. Zur Ursache gibt es noch keine Hinweise. Rund 100 Menschen wurden aus dem Gebäude gerettet.

Am Tag nach dem Großbrand in der Essener Innenstadt mit drei Verletzten und 35 zerstörten Wohnungen soll ein vierbeiniger Polizei-Roboter die Ruine erkunden. „Der kommt zum Einsatz“, sagte ein Sprecher der Polizei in Essen am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Geplant sei der Einsatzstart am späten Vormittag.

Der 35 Kilo schwere Laufroboter war erst vor wenigen Wochen bei einem Termin mit NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) in Duisburg vorgestellt worden. Damals wurde erläutert, dass er mit Kameras und Sensoren zum Beispiel Katastrophenorte erkunden könnte.

Die Ruine des Wohnkomplexes ist nach einer ersten Einschätzung der Feuerwehr einsturzgefährdet. Feuerwehrleute haben in der Nacht zum Dienstag mehrfach mit einer Wärmebildkamera kontrolliert, ob etwas aufglimmt, wie ein Sprecher der Feuerwehr am Dienstagmorgen schilderte.

Immer wieder seien kleine Glutnester aufgetaucht, die gelöscht worden seien. Gegen 7 Uhr hätten die Einsatzkräfte dann „Feuer aus“ gemeldet, sagte der Sprecher. Damit werde die Einsatzstelle der Kriminalpolizei übergeben. Die Ursache des verheerenden Bandes in Essen ist bislang noch unbekannt. Unter Kontrolle habe die Feuerwehr den Brand schon am Morgen gebracht.

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Das Feuer hatte sich von einem Balkon ausgebreitet. Wie die Feuerwehr am Montag mitteilte, sorgte das in der Nacht wütende Sturmtief „Antonia“ offensichtlich dafür, dass sich das Feuer dann rasend schnell über die im Wind liegende Fassade und Balkone ausdehnte. Das Gebäude mit einer Fassadenlänge von etwa 65 Metern mit viereinhalb Geschossen sei mit einer Wärmedämmverbundfassade ausgestattet.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte zuvor gesagt, der Brand sei „sehr stark von außen in Gang gesetzt worden“.

Der Polizei-Roboter war erst vor wenigen Wochen bei einem Termin mit NRW-Innenminister Herbert Reul (r.) vorgestellt worden.
Der Polizei-Roboter war erst vor wenigen Wochen bei einem Termin mit NRW-Innenminister Herbert Reul (r.) vorgestellt worden.

© Rolf Vennenbernd/dpa

Die drei Verletzten mit Rauchgasproblemen hätten das Krankenhaus bereits wieder verlassen können. „Vermisst wird niemand, aber es kann natürlich trotzdem noch jemand drin sein“, sagte Reul. Etwa 100 Personen seien aus dem Komplex in Sicherheit gebracht worden.

„Die massive Brandausbreitung hat alle Einsatzkräfte sehr überrascht“, betonte der Feuerwehrsprecher. So etwas habe man noch nie erlebt. Normalerweise gebe es in modernen Gebäuden Brandsperren, die eine solche Dynamik verhinderten. Warum der Brand dennoch habe geschehen können, müsse untersucht werden.

Der Großbrand betreffe 39 der insgesamt 112 Wohnungen, teilte die Vivawest Wohnen GmbH mit. Das Unternehmen sagte den rund 100 Mietern der abgebrannten Wohnungen Unterstützung zu. „Wir sind tief betroffen und wünschen den verletzten Mietern baldige Genesung“, sagte Uwe Eichner, Vorsitzender der Geschäftsführung. Vivawest hat ihnen kurzfristig Hotelzimmer in umliegenden Hotels auf Kosten des Wohnungsunternehmens versprochen.

Das Gebäude ist ein Neubau von 2015, das gemäß den Bauvorschriften mit Brandschutztüren ausgestattet war, um die schnelle Verbreitung eines Feuers zu verhindern. Die Brandschutztüren seien zuletzt im März 2021 gewartet worden, sagte ein Sprecher von Vivawest. Die Dämmung des Hauses erfolge überwiegend mit Mineralfaserplatten, weil diese weniger brandanfällig als Polysterol-Dämmstoffe seien.

Brand in einem Wohnkomplex in Essen
Brand in einem Wohnkomplex in Essen

© Reuters/Christoph Reichwein

Aus dem ausgebrannten Wohnhaus und aus umliegenden Gebäuden sind etwa 180 Bewohnerinnen und Bewohner in einem benachbarten Hörsaalzentrum untergebracht worden. Dazu gehörten Kinder, Ältere, Menschen im Rollstuhl, „der komplette Altersquerschnitt“, sagte der zuständige Abschnittsleiter Betreuung der Malteser, Sebastian Smitmans. Die Menschen „seien gefasst“ und ruhig. Notfallseelsorger böten Gespräche an.

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Auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat sich betroffen über den Brand geäußert.

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Erst kürzlich hatte die „WAZ“ über eine Serie von Bränden in der Stadt berichtet. Dreimal habe es innerhalb einer Woche im Eltingviertel nördlich des Stadtkerns gebrannt.

Augenzeugenbericht: „Es glich einem Inferno“

Der 35 Jahre alte Lennart Diedrich war als direkter Anwohner einer der ersten Augenzeugen des Feuers. „So um zwei Uhr war's, als ich ins Bett gehen wollte und so die letzten Lichter ausgemacht habe und draußen ‚Feuer! Feuer!‘ geschrien wurde“, berichtet Diedrich der Deutschen Presse-Agentur. „Und dann hab ich aus dem Fenster geschaut, und da kam da, wo die Jalousien so auf Halbmast hängen, Rauch raus. Da hab ich gesagt: ‚Ok, das ist ernster.‘“

Er habe versucht, die Feuerwehr zu rufen, sich angezogen und sei rausgerannt. „Dann kamen schon von der ganzen anderen Gebäudeseite Flammen hochgelodert. Es glich einem Inferno. Der Wind peitschte die Flammen an – Funken.“

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Kurz darauf sei der erste Feuerwehrwagen eingetroffen. Die Feuerwehrleute seien ins Haus gelaufen und hätten dann gerufen: „Wir brauchen mal Hilfe!“ Diedrich sei dem Aufruf zusammen mit zwei anderen Personen gefolgt. „Dann sind wir hochgelaufen in dem Treppenhaus da, zu dritt. Und da war ein Rollstuhlfahrer, der den Fahrstuhl natürlich nicht mehr benutzen konnte und nicht runtergekommen ist. Da haben wir den zu dritt runtergetragen. Zwei hinten, ich hab vorne angepackt, haben ihn runtergetragen. Dann kam die Polizei, und es wurde alles evakuiert.“

Es sei dann unheimlich schnell gegangen. „Innerhalb von 20 Minuten stand das ganze Haus komplett in Flammen. Man hat das Gefühl, das ist ein Feuer-Inferno, in dem man sich hier befindet.“

Flammen schlagen aus der gesamten Fassade
Flammen schlagen aus der gesamten Fassade

© dpa/Stephan Witte

Eine 69-jährige Bewohnerin einer Dachgeschosswohnung erzählte, dass sie am frühen Morgen durch lautes Klopfen an der Haustür geweckt worden sei. Sie habe sich nur einen Mantel überwerfen und sich Schuhe anziehen können. „Mein Handy habe ich auf dem Nachttisch liegen gelassen“, berichtet sie. Auch ihre Brille sei dort geblieben. Man habe ihr gesagt, dass ihre Wohnung komplett verbrannt sei.

Aufgrund der Löscharbeiten kam es zu Behinderungen im Berufsverkehr. Die Segerothstraße und die Friedrich-Ebert-Straße im Essener Westviertel waren nach Feuerwehr-Angaben voll gesperrt. Das Westviertel grenzt unmittelbar westlich an den Essener Stadtkern an. (dpa)

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