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Bereit zur Schneeballschlacht? Das winterliche Wetter soll sich noch länger halten.

© imago images / Westend61

Wie viel wiegt eine Schneeflocke?: So kann man Kindern das Winterwetter erklären

Viele Kinder erleben im Moment den ersten Schnee ihres Lebens. Auf die Eltern könnten da einige Fragen zukommen. Eine Hilfestellung.

Von Susanna Nieder

Endlich mal was Schönes statt immer nur Lockdown und Homeschooling! Berliner haben zum Schnee ja ein eher sachliches Verhältnis und befürchten vor allem, dass es dadurch bei den öffentlichen Verkehrsmitteln Chaos gibt. Berliner Kindern verspricht die derzeitige Wetterlage dagegen das reinste Abenteuer.

Die Kleineren haben bis zum vergangenen Wochenende überhaupt noch nie richtig erlebt, dass es in ihrer Stadt auch schneien kann. Der letzte Winter, in dem die Temperaturen monatelang unter dem Gefrierpunkt blieben, war 2012, da lag in Berlin und Brandenburg zu Ostern noch Schnee. Kinder, die heute zehn Jahre oder jünger sind und nicht in einer Familie aufwachsen, die zum Wintersport in die Berge fährt, kennen Schnee höchstens von ein paar flüchtigen kalten Tagen.

Rodeln, Schneeballschlachten und Schneemänner sind das eine, das den Winter für Kinder zu einer Attraktion macht. Das andere sind Beobachtungen, die man sonst nie anstellen kann. Wie sieht so eine Schneeflocke eigentlich aus? Lange dachte man, dass sie alle sechs Ecken haben, bei Temperaturen um null Grad sechszackigen Sternen und bei größerer Kälte Sechsecken gleichen. 2009 fand man heraus, dass Eiskristalle auf Kupfer nur fünf Zacken bilden. In jedem Fall sieht keine Schneeflocke aus wie die andere.

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Wenn Kinder Fragen zum Schnee stellen, können wahrscheinlich die wenigsten von uns aus dem Kopf antworten. Unsere Eltern und Großeltern kannten sich damit noch aus, aber wir haben in vielen milden Wintern unser Wissen über Schnee und Eis verloren. Auch deshalb ist beim Betreten von Eisflächen wirklich Vorsicht angesagt. Bis Seen zuverlässig zufrieren, müssen die Temperaturen viel länger unter dem Gefrierpunkt liegen, als viele sich das wünschen.

Von großen und kleinen Kristallen

Über Schnee kann man dagegen mit wenigen Klicks viel Wissenswertes nachlesen. Zum Beispiel darüber, wie die Flocken sich bilden. Bei Temperaturen unter Null entstehen in Wolken kleine Eiskristalle, die sich mit Kristallisationskeimen verbinden, das sind meistens Staubpartikel. An die Eiskristalle setzen sich weitere Wassermoleküle.

Wie groß die Flocken werden, hängt davon ab, wie viele solcher gefrorenen Teilchen sich ineinander verhaken. Eine große Flocke kann bis zu einen Zentimeter Durchmesser haben. Wenn sich die Kristalle bei wärmeren Temperaturen um den Gefrierpunkt mit Wassertropfen verbinden, entsteht feuchter, schwerer Schnee.

Gegen Langeweile im Lockdown hilft ein Ausflug nach draußen.
Gegen Langeweile im Lockdown hilft ein Ausflug nach draußen.

© imago images/Eckhard Stengel

Eigentlich sind Eiskristalle durchsichtig. Die vielen winzigen, in alle Richtungen verkanteten Kristalle reflektieren das Licht wie Millionen kleiner Spiegel. Aus allen Richtungen fallen Rückstrahlungen ein, so überlagern sich alle Farben, deshalb erscheint der Schnee weiß. Im Gebirge kann Neuschnee Sonnenlicht bis zu 90 Prozent reflektieren, deshalb sollte man dort auch im Winter nicht ohne Sonnecreme und Sonnebrille unterwegs sein.

So leicht Schnee wirkt, wenn er vom Himmel schwebt, so gefährlich schwer kann er werden, ganze Dächer eindrücken und Masten umknicken. Sein Gewicht hängt von der Temperatur in der Wolke, in der Luft und am Boden ab. Trockener Pulverschnee, wie Skifahrer ihn lieben, wiegt 30 bis 50 Kilogramm pro Kubikmeter, feuchter Neuschnee bis zu 200 Kilo und Schnee, der lange am Boden lag, kann sogar 500 Kilo pro Kubikmeter schwer werden.

[Der kollabierte Polarwirbel kann uns extreme Kälte bringen. Die Hintergründe können Abonnenten von T+ hier nachlesen: Polarwirbel kollabiert – Warum der Winter noch richtig kalt werden könnte]

Am Boden verändert sich der Schnee nämlich, die Eiskristalle nehmen eine Form mit möglichst kleiner Oberfläche an. Die feinen Spitzen und Verästelungen verschwinden langsam, wodurch der Schnee dichter und schwerer wird. Als Firn bezeichnet man ihn, wenn er mehrmals getaut und wieder gefroren ist und an der Oberfläche eine feste Kruste gebildet hat. Man sagt, er ist verharscht. Durch das Schmelzwasser, das immer wieder gefriert, wird dieser Altschnee besonders dicht und schwer. Wenn er mehrere Jahre liegt, kann er bis zu 800 Kilo pro Kubikmeter wiegen.

Früher waren es länger kalt

Schneelawinen, haben Forscher aus Davos gemessen, können übrigens bis zu 300 Stundenkilometer schnell werden, das entspricht der Geschwindigkeit eines ICE in voller Fahrt. Dagegen ist es ein Mythos, dass Inuit angeblich 40 unterschiedliche Wörter für Schnee haben. Das wiederum versucht der Linguist Geoffrey Pullum von der Universität Edinburgh, der Menschheit klarzumachen – mit mäßigem Erfolg, denn die Geschichte hält sich hartnäckig. Wer aber wirklich viele Begriffe für Schnee hat, sind die Schotten – nämlich 421!

Das kalte Wetter bleibt uns offenbar noch einige Zeit erhalten. Früher, als es normalerweise schon ab November Schnee und Eis gab, hätte diese Nachricht im Februar Augenrollen ausgelöst, da hatte man zu diesem Zeitpunkt die Kälte und das Kohleschleppen in die Studentenbude mit Außenklo gründlich satt.

Heute kann der Schnee – jedenfalls für Menschen, die über eine gut geheizte Wohnung verfügen – eine wunderschöne Abwechslung sein. Und ein Anreiz, die Kinder öfter mal aus der Lockdownstarre nach draußen zu bugsieren. Hoffentlich haben alle Schneehosen, Winterstiefel und Anoraks in der richtigen Größe, das war in den letzten Jahren ja nicht ganz so wichtig. Und dann nichts wie raus, wenn nötig auf dem Hintern vereiste Wege hinabrodeln wie das letztes Wochenende Kinder im Volkspark Schöneberg gemacht haben. Die Gelegenheit ist günstig!

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