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Mehrere Millionen Menschen weltweit verwenden die TikTok-App.

© REUTERS/Dado Ruvic/File Photo

Update

Wegen eines englischen Schimpfworts: TikTok zensiert die Begriffe „Arbeitslager“ und „Konzentrationslager“

Die App TikTok hat eine neue deutsche Untertitel-Funktion getestet. Doch nicht alle Wörter wurden ausgespielt. Eine mögliche politische Zensur?

Beim Test einer deutschsprachigen Untertitel-Funktion soll das soziale Netzwerk TikTok mehrere Begriffe zensiert haben, darunter die Wörter „Umerziehungslager“, „Konzentrationslager“ und „Arbeitslager“. Dies ergibt sich aus einem Bericht das Online-Mediums „netzpolitik.org“ vom 10. Februar. Mehrere Buchstaben seien mit Sternchen ersetzt worden, sodass statt „Umerziehungslager“ etwa „umerziehung************“ ausgespielt wurde. 

Mit der neuen Funktion sollen Nutzer und Nutzerinnen in deutschsprachigen Ländern künftig automatische Untertitel für ihre Videos generieren können. Im englischsprachigen Raum ist die Untertitel-Funktion bereits verfügbar. 

Von Kritikern wurde die Sternchen-Schreibweise auf der App als mögliche politische Zensur gedeutet. Laut „netzpolitik.org“ würden die zensierten Begriffe „Assoziationen mit dem chinesischen Lagersystem“ wecken.

Einen politischen Zusammenhang bestritt das zum chinesischen Mutterkonzern ByteDance gehörende Unternehmen jedoch. Für die deutsche Testfunktion habe man „fälschlicherweise“ noch „veraltete englische Sprach-Schutzmaßnahmen“ angewendet, teilte die Pressestelle von TikTok mit. Dabei seien auch einschließlich „Einschränkungen für englischsprachige Schimpfwörter“ verwendet worden, hieß es in einem angepassten Statement.

Wie eine TikTok-Sprecherin dem Tagesspiegel mitteilte, seien Begriffe wie „Konzentrationslager“ nicht ausgeschrieben worden wegen des darin enthaltenen englischen Schimpfworts „slag“. In einem angepassten Statement hieß es, dass bei der Test-Funktion auch „Einschränkungen für englischsprachige Schimpfwörter“ verwendet wurden. Vorwürfe einer politischen Motivation wies die Sprecherin entschieden zurück.

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„Netzpolitik.org“ kritisierte die ursprüngliche Erklärung. Die Begriffe „Umerziehungslager“, „Konzentrationslager“, „Internierungslager“, „Arbeitslager“ und „Vernichtungslager“ seien zwar mit Sternchen versehen. An anderer Stelle sei das Wort „Lager“ aber nicht zensiert worden. Eine Verwechslungsgefahr mit der englischen Sprache bestünde hier nicht, behauptete das Online-Medium. 

Tagesspiegel hatte auf einem britischen Handy geprüft, ob bei den englischen Untertiteln der Begriff „concentration camp“ („Konzentrationslager“) mit Sternchen erscheint. Dort wurde die Bezeichnung komplett ausgeschrieben. 

[Lesen Sie auch: Entkommen aus Chinas Lagern: „Ich wünschte mir, am nächsten Morgen nicht wieder aufzuwachen“ (T+)]

Bei seinen Tests hatte das Medium “netzpolitik.org” auch andere zensierte Wörter entdeckt, wie etwa „Prostitution“ und „dick“. Außerdem seien alle Wörter mit der Silbe „-ass„“, wie etwa „Massage“ oder „Hass“, mit Sternchen versehen worden. Hier sei eine englische „Sprach-Schutzeinstellung“ plausibel: „prostitution“, „dick“ und „ass“ sind englische Begriffe, die letzten zwei gelten als Schimpfwörter.  

Die Social-Media-App TikTok steht seit Längerem in der Kritik, Inhalte einzugrenzen, die die Unterdrückung der Uiguren in China verurteilen. „Wir moderieren keine Inhalte aufgrund ihrer politischen Ausrichtung“, bestritt eine TikTok-Sprecherin auf Anfrage von „netzpolitik.org“. „Unsere Moderationsentscheidungen werden von keiner Regierung beeinflusst, auch nicht von der chinesischen.“ (Tsp)

Anmerkung der Redaktion: Wir haben diesen Artikel mit weiteren Informationen von einer TikTok-Sprecherin ergänzt. Dieser Artikel erschien ursprünglich am 16.02.2022 ohne die Anmerkung, dass Begriffe wie „Konzentrationslager“ das englische Schimpfwort „slag“ enthalten.

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