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Die Firma Hvalur hat im vergangenen Jahr noch 155 Finnwale erlegt. Das Foto zeigt eine Jagd im Jahr 2009, als Island den Walfang wieder aufnahm.

© Halldor Kolbeins/AFP

Walfang: Island jagt 2016 keine Finnwale

Walfänger begründet den Verzicht auf die Jagd mit japanischen Auflagen, aber Greenpeace sieht einfach keinen Markt. Zumal Finnwale in Island gar nicht konsumiert werden.

Thilo Maack ist ein erfahrener Meeresschützer. Für den Umweltverband Greenpeace verfolgt er seit Jahren die Debatten der Internationalen Walfangkommission (IWC) und ihre Versuche, das schon seit 1986 geltende Walfangverbot auch durchzusetzen. Am Donnerstag war aber auch Thilo Maack ganz aufgeregt: „Endlich setzt Island die grausame Jagd auf Finnwale aus!“ Begeistert sagte er: „Jetzt kapiert es auch Islands letzter Waljäger: Walfang gehört ins Geschichtsbuch und nicht ins 21. Jahrhundert.“ Kristjan Loftsson, Chef der isländischen Walfangfirma Hvalur, sagte die Jagd auf Finnwale für dieses Jahr ab.

Bis 2018 hat Hvalur von der isländischen Regierung eine jährliche Walfangquote von 154 Finnwalen zugeteilt bekommen. Neben Island gehören nur noch Norwegen und Japan zu den Staaten, die weiterhin Walfang betreiben. Loftsson begründete seine Absage mit schikanösen Auflagen für die Einfuhr von Lebensmitteln nach Japan. Er hätte das Walfleisch chemisch analysieren müssen, was zu „endlosen Hindernissen“ geführt hätte. Hätte er das 2009 schon gewusst, hätte er den Walfang gar nicht erst wieder aufgenommen, zitiert ihn die isländische Tageszeitung „Morgunbladid“. Maack sagt aber, „dass sich das Geschäft mit dem Finnwalfang nicht rentiert. In den Kühlhäusern in Japan und Island lagern seit Jahren tausende Tonnen Finnwalfleisch, die keine Abnehmer finden“.

Kristjan Loftsson hat die isländische Finnwaljagd für 2016 abgesagt.
Kristjan Loftsson hat die isländische Finnwaljagd für 2016 abgesagt.

© Yoshikazu Tsuno/AFP

Island hat sich dem Walfangverbot widersetzt und sieht sich deshalb formal nicht daran gebunden. Es gibt noch eine zweite isländische Walfangquote von jährlich 229 Minkewalen, die für den lokalen Markt getötet und nach Greenpeace-Informationen zu etwa 40 Prozent von Touristen, auch Deutschen, verspeist werden.

Mehrere Umweltorganisationen zeigten sich erleichtert, dass zumindest die Finnwalsaison in Island in diesem Jahr ausfallen wird. „Das kann keine einfache Entscheidung für Kristjan Loftsson gewesen sein“, sagt Patrick Ramage, Leiter der Walkampagne des Ifaw (International Fund for Animal Welfare). „Aber es ist die richtige Entscheidung für Island, für die Wale und für Millionen von Menschen, die den kommerziellen Walfang ablehnen.“ Im vergangenen Jahr habe Hvalur noch 155 Finnwale getötet, berichtet Ramage. Doch diese Wale würden auf Island überhaupt nicht konsumiert.

Finnwale gelten weiterhin als bedroht. Sie sind die zweitgrößte Walart. Nach dem fast kompletten Zusammenbruch der weltweiten Walbestände am Anfang des 20. Jahrhunderts begann die Walfangkommission (International Whaling Comission) von 1946 an die Jagd auf die Meeressäuger zu regulieren. Seit 1986 ist sie faktisch zu einer Walschutzorganisation geworden. Doch neben Island und Norwegen wehrt sich vor allem Japan gegen diese Umdeutung der IWC.

Im vergangenen November lief die japanische Walfangflotte trotz aller internationalen Proteste und der Schwierigkeiten, das Walfleisch zu vermarkten, wieder aus. Die Flotte machte sich auf den Weg in die Antarktis, um 333 Minkewale zu jagen. Japan nennt seinen Walfang „wissenschaftlich“. Aber im vergangenen März hatte der Internationale Gerichtshof Japan seinen „wissenschaftlichen Walfang“ verboten. Das hinderte die Walfangflotte allerdings nicht daran, sich doch wieder auf den Weg zu machen.

Die Umweltstiftung WWF weist ebenfalls auf die wirtschaftliche Unvernunft des Walfangs hin. Auf die Frage, warum Japan, Norwegen und Island dennoch weiter darauf beharren, Wale zu jagen, schreibt der WWF: „Vermutlich aus Tradition und nationalem Eigensinn – jedenfalls offenkundig aus nicht rationalen Gründen.“ Es sei sogar so, dass die Staaten umso irrationaler agierten, je stärker der moralische Druck der Weltgemeinschaft werde. Vor wenigen Tagen berichtete die Meeresschutzorganisation Sea Shepherd, dass Japan offenbar das selbst gesetzte Ziel, 333 Zwergwale zu töten, erreicht habe. Die Organisation zeigte sich enttäuscht, dass Australien und Neuseeland, die Japan vor den Internationalen Gerichtshof gebracht hatten, die Jagd nicht verhindert hätten. Die Regierungen hätten Sea Shepherd noch nicht einmal die Koordinaten der japanischen Walfänger im Südpolarmeer zur Verfügung gestellt, damit die Organisation hätte Beweise sammeln können. Jeff Hansen, Leiter von Sea Shepherd Australien kritisierte, dass sich „Australien und Neuseeland vom Geschehen einfach abgewandt“ hätten, obwohl sie den Fall in Den Haag gewonnen hätten und Japan das Urteil ignoriert habe.

Seit Jahren versucht Japan in der Walfangkommission eine Mehrheit für die Wiederaufnahme des Walfangs zu gewinnen. Zu diesem Zweck hat das Land in mehreren karibischen Inselstaaten den Bau neuer Häfen finanziert, und seit Jahren zahlt Japan die Mitgliedsbeiträge einer wachsenden Zahl von Staaten, damit sie bei den IWC-Tagungen für das japanische Anliegen abstimmen können.

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