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Unter den Wissenschaftlern gilt Vulcano als gefährlicher als beispielsweise der benachbarte Stromboli und der ungleich größere Ätna auf Sizilien.

© PantherMedia /Marcin Kosciólek

Vulkanische Aktivitäten auf italienischer Insel: Auf Vulcano wächst die Angst

Steigende Temperaturen, giftige Gase – die italienische Insel Vulcano befindet sich im Notstand. 250 Menschen werden evakuiert.

Lange blieben die Menschen auf Vulcano, eine der sieben Äolischen Inseln, von den Folgen vulkanischer Aktivitäten verschont. Am Montag allerdings sollten rund 250 der etwa 500 permanenten Bewohner der Insel erstmals fern ihrer Häuser und Wohnungen übernachten. Der Grund: Die unzähligen Fumarolen, Felsspalten, aus denen gefährliche Gase austreten, werden immer heißer und immer aktiver.

Nachdem bereits einige Hauskatzen verendet sind, zog der Bürgermeister der Hauptinsel Lipari, Marco Giorgianni, die Konsequenz. Im Staatsfernsehen RAI sagte er, dass die Betroffenen auf Vulcano bleiben können, jedoch in anderen Gebieten der Insel. Die Behörden wollen sich an etwaigen Hotelkosten für die Evakuierten beteiligen. Die Evakuierung soll vorerst für einen Monat gelten. Die Regionalregierung von Sizilien, dem die Äolischen Inseln politisch zugeordnet sind, hat über Vulcano den Notstand verhängt. Für Touristen wurde die Insel bis auf weiteres ganz gesperrt.

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„Die Gas-Konzentrationen in der Luft bereiten uns große Sorgen“, betonte Bürgermeister Giorgianni am Wochenende. Vulkanologen hätten ermittelt, dass aus den Fumarolen derzeit täglich 480 Tonnen Kohlendioxyd austräten – gewöhnlich sind es rund 80 Tonnen.

Sehr viel höher als üblich sei auch die Konzentration von hochgiftigem Schwefelwasserstoff und Schwefeldioxyd. Das CO2 als solches ist zwar nicht giftig, aber schwerer als Luft. Wenn die CO2-Schwaden aus den Fumarolen in geschlossene Räume eindringen, droht der Erstickungstod, das das Gas geruchslos ist und deshalb von den schlafenden Bewohnern nicht bemerkt würde.

Doch letztlich sorgen sich die Bewohner nicht so sehr wegen den Gas-Emissionen. Die bange Frage lautet viel mehr: Sind die derzeitigen Aktivitäten, der Temperaturanstieg und auch die Häufung von kleinen Erd- und Seebeben in den letzten Wochen, die Vorboten eines möglicherweise bevorstehenden großen Vulkanausbruchs?

Die Experten haben darauf keine definitive Antwort. „Aber eines können wir mit Gewissheit sagen: Die geologischen und thermischen Prozesse im Innern des Vulkans sind aus dem Gleichgewicht geraten, was zu den erhöhten Gas-Emissionen geführt hat“, sagte Marco Viccaro, Universitätsdozent und Präsident der italienischen Vulkanologen-Vereinigung. „Die Entwicklung muss auf jeden Fall aufmerksam verfolgt werden.“

Unter den Wissenschaftlern gilt Vulcano als gefährlicher als beispielsweise der benachbarte Stromboli und der ungleich größere Ätna auf Sizilien. Durch die spektakulären Lava-Fontänen dieser ebenfalls aktiven Vulkane wird der Druck in den Magmakammern allerdings immer wieder verringert.

Auf Vulcano tritt keine Lava an die Oberfläche

Der mehr als 3350 Meter hohe Ätna ist in diesem Jahr besonders aktiv gewesen. Seit Mitte Februar brach er regelmäßig und teils spektakulär aus. Für die Menschen in der Umgebung ist die herabregnende Asche oft ein Problem, auch der Flughafen in der Stadt Catania am Fuße des Ätna musste in der Vergangenheit schon den Betrieb vorübergehend einstellen, weil die Start- und Landebahn verschmutzt war. Die Regierung Siziliens sicherte den Kommunen im September zwei Millionen Euro Hilfsgelder für die Asche-Schäden zu.

Auf Vulcano dagegen tritt keine Lava an die Oberfläche. Und der Druck im Innern des Berges nimmt zu – bis es, irgendwann, zu einem explosionsartigen Ausbruch kommen wird. Das war bei Vulcano letztmals 1888 der Fall; der Ausbruch dauerte bis zum Jahr 1890. Die Inselbewohner konnten sich damals mit Schiffen in Sicherheit bringen; für eine Kolonie von Strafgefangenen, die im „Grande Cratere“ Schwefel abbauen musste, endete der Ausbruch tödlich.

Die sieben Äolischen oder Liparischen Inseln – Lipari, Vulcano, Salina, Stromboli, Panarea, Filicudi und Alicudi – sind alle vulkanischen Ursprungs. Lipari, Vulcano und der mehrmals täglich ausbrechende Stromboli sind noch aktiv. Sie befinden sich, wie der Ätna auf Sizilien, tektonisch gesehen auf der Schnittstelle, wo die afrikanische und die eurasische Platte aufeinander treffen.

Für Naturliebhaber ist der Archipel mit seinen vom Vulkanismus geprägten Landschaften, der reichen Pflanzenwelt und dem Kobaltblau des Meeres eines der faszinierendsten Reiseziele Italiens überhaupt. Die Inselgruppe hat ihren Namen von Aeolus, dem antiken Gott der Winde; Vulcano wiederum galt in der römischen Mythologie als die Schmiede des Feuergotts Vulcanus. Der 900 Meter hohe Stromboli wurde in der Antike wegen seiner regelmäßigen und weit herum sichtbaren Ausbrüche, an denen sich die Seefahrer in der Nacht orientieren konnten, auch als „Leuchtturm des Mittelmeers“ bezeichnet. (mit dpa)

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