zum Hauptinhalt
Kann auch schöne Handschrift: der Kugelschreiber.

© Fabian Sommer/dpa

Vor 80 Jahren: Wie der Kugelschreiber erfunden wurde

Viele lassen ihn gerne im Büro mitgehen, er ist ein perfekter Werbeträger und feiert jetzt Geburtstag: der Kuli, eine Erfindung des Ungarn Lászlo Bíró.

Kinder beim Murmelspiel sollen ihn auf die Idee gebracht haben: Rollt die Murmel durch eine Pfütze, hinterlässt sie danach eine feuchte Spur. Als der Ungar Lászlo Bíró das sieht, hat er die Lösung. Vor 80 Jahren lässt sich der Erfinder seinen ersten Kugelschreiber patentieren: schreibt leicht, kleckst nicht und lässt die Tinte im Tank nicht trocknen. Der Kuli beginnt seinen Siegeszug um die Welt. Schreibtische ohne Kugelschreiber sind heute kaum vorstellbar – trotz Computern, Digitalisierung und des Traums vom papierlosen Büro.

439 Millionen Euro gaben die Deutschen nach einem Branchenreport der Kölner Marktforscher Marketmedia24 vergangenes Jahr für Kugelschreiber aus, knapp ein Siebtel mehr als fünf Jahre zuvor. Allein als Werbeartikel kommen Jahr für Jahr Millionen Exemplare unters Volk. „Der Kugelschreiber ist für uns immens wichtig“, heißt es beim Gesamtverband der Werbeartikel-Wirtschaft.

WM-Stifte mit Fußball am Clip

Ob Konzern oder Kneipe, Fahrschule, Disco oder Partei – zahllose Institutionen bedrucken Kugelschreiber, um bei Kunden, Partnern und Anhängern im Gedächtnis zu bleiben. „Anders als ein Hörfunk- oder TV-Spot haben sie die Werbebotschaft immer beim Nutzer präsent“, sagt Verbandsgeschäftsführer Ralf Samuel. Die Fachmesse PSI rückt vor der WM in Russland Kulis mit Fußball am Clip in den Blickpunkt.

Man kann mehrere tausend Euro für einen Kuli ausgeben, das Gros ist aber sehr günstig. Werbekulis beginnen bei etwa zehn Cent. Dagegen waren die Stifte früher echte Luxusartikel: Als ein New Yorker Kaufhaus 1945 die ersten Kugelschreiber in die Auslage brachte, kosteten sie 12,30 Dollar. Dafür musste ein Industriearbeiter acht Stunden arbeiten.

Als Füller-Alternative etabliert

Der Kuli war eine kleine Errungenschaft. Über Jahrzehnte hatten immer wieder Tüftler an Füller-Alternativen gearbeitet, die nicht klecksen und austrocknen – meist mit mäßigem Erfolg. Anders als Bíró (1899-1985). Er erhielt im Jahr 1938 ein Patent in Ungarn. Nachdem er mit seiner Familie wegen seiner jüdischen Wurzeln flüchten mussten, ließ er sich in Argentinien nieder. In Buenos Aires erhielt er 1943 ein weiteres Patent – am 10. Juni – und gründete mit seinem Bruder Georg eine Schreibgerätefirma.

Ob der Kuli die Handschrift versaut, wie viele meinen, bleibt wohl ewig umstritten. In vielen Klassenzimmern ist er tabu. Doch die meisten Erwachsenen schreiben nach Umfragen hauptsächlich mit dem Kuli. Es gibt sie in unzähligen Farben und Größen. Sammler hüten zehntausende Exemplare in Schuhkartons und Vitrinen. Allein der hessische Hersteller Senator fertigt nach eigenen Angaben täglich eine Million Kugelschreiber, auch andere Produzenten wie Klio-Eterna und Schneider (Baden-Württemberg), Pelikan (Berlin) und Staedtler (Bayern) produzieren in Deutschland.

80 Prozent der Deutschen schreiben täglich mit der Hand

Zwar tippen heute schnelle Finger Millionen von Nachrichten und Posts in Handys, vom Kalender bis zum Einkaufszettel lässt sich immer mehr digital festhalten. Dennoch schreiben noch knapp 80 Prozent der Deutschen mehrmals täglich mit der Hand, verweist der fränkische Hersteller Stabilo zuversichtlich auf eine eigene Umfrage.

Der Schreibgerätemarkt wächst langsam, aber konstant, wie aus dem Geschäftsbericht des Handelsverbands Büro und Schreibkultur hervorgeht. „Maßgeblich positiv beeinflusst wird die Branchenentwicklung durch die günstigen Arbeitsmarktdaten, die steigende Anzahl an Büroarbeitsplätzen sowie den Anstieg der Schülerzahlen.“

Jeder nimmt mal einen mit

Der Kuli wandelt sich. Es gibt ihn mit eingebautem USB-Stick und auch als digitales Gerät. Die Smartpens speichern die Notizen, damit der Schreiber sie später auf den Computer übertragen kann. Wie bei der Spracherkennung lernt die Software, die Handschrift nach und nach besser zu entziffern – das klappt jedoch nur, wenn man halbwegs ordentlich schreibt.

Verbraucherschützer raten zu Schreibgeräten mit Blauem Engel und zu nachfüllbaren Kugelschreibern, denn der Plastikmüllberg wächst. Es gibt Stifte aus Bio-Kunststoffen etwa auf Cellulose- oder Maisstärke-Basis, die sich recyceln lassen – sofern man sie richtig entsorgt. Anbieter werben auch mit Stiften, für die das Kohlendioxid an anderer Stelle kompensiert wird.

Obwohl viele Kulis recht billig sind, sind sie sehr begehrt. Vor Jahren fragte die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) repräsentativ, wer schon einmal etwas im Büro mitgehen ließ. Jeder fünfte Befragte gab es zu. Und zu den Arbeitsmitteln, die am häufigsten in den Taschen von Mitarbeitern verschwinden, zählt der Kugelschreiber. (Burkhard Fraune/dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false