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Im brandenburgischen Landkreis Oder-Spree erhellen Blitze die stockdunkle Nacht (Archivbild vom 24.08.2011).

© Patrick Pleul dpa

Kugelblitze, Stecker ziehen, „Buchen suchen“: Die 10 gängigsten Gewitter-Mythen im Faktencheck

Stimmt die Bauernregel „Buchen sollst du suchen“? Gibt es Kugelblitze wirklich? Und sollte man bei einem Gewitter alle Stecker ziehen? Wir klären die gängigsten Gewitter-Mythen.

Rund um Gewitter und Blitze ranken sich diverse Mythen, Bauernregeln und die wildesten Theorien: So heißt es beispielsweise, dass man während eines Gewitters alle Netzstecker ziehen soll und nicht telefonieren oder duschen dürfe. Auch ältere Volksweisheiten wie „Eichen sollst du weichen, Buchen sollst du suchen“ halten sich hartnäckig.

Ist das Auto wirklich der sicherste Ort bei Blitzeinschlägen? Wie berechnet man die Entfernung eines Gewitters? Und gibt es Kugelblitze wirklich? Wir klären die 10 gängigsten Mythen über Gewitter und Blitze

Mythos 1: Eichen sollst du weichen, Buchen sollst du suchen

Ein bekannter Spruch, der im Zusammenhang mit Gewitter immer wieder auftaucht, lautet: „Eichen sollst du weichen, Buchen sollst du suchen“. Obwohl sich diese Weisheit hartnäckig hält, entpuppt sie sich bei genauerem Hinsehen wohl eher als eine Mär.

Wie die Baumexperten von „Wohllebens Waldakademie“ klarstellen, findet man bei Buchen nie einen sichtbaren Hinweis für einen Blitzeinschlag. Das soll daran liegen, dass Buchen (ganz im Gegensatz zu Eichen) einen glatten Stamm aufweisen, an dem das Regenwasser quasi in einem Guss herunterlaufen könne.

Bitzeinschlag in einer Eiche: Bei einem Gewitters in Potsdam schlug am 31. Juli 2019 ein Blitz in eine alte Eiche auf der Freundschaftsinsel ein.
Bitzeinschlag in einer Eiche: Bei einem Gewitters in Potsdam schlug am 31. Juli 2019 ein Blitz in eine alte Eiche auf der Freundschaftsinsel ein.

© Andreas Klaer

Weil es bei einem Gewitter oft regne, könne der Strom bei einem Blitzeinschlag durch die Wasserschicht direkt in den Boden abgeleitet werden, ohne den Stamm der Buche zu beschädigen. Bei Eichen sei dies anders, da die raue Rinde den Strom nicht so gut in den Boden leiten könne. Entsprechend platze der Eichenstamm bei einem Blitzeinschlag auf.

Weil die Wundmale an Eichen so offensichtlich sind, die Rinde der Buchen bei Blitzeinschlägen aber verschont bleibt, habe sich bei unseren Ahnen dieser „gefährliche Trugschluss“ etabliert, so die Akademie des Försters Peter Wohlleben. Generell soll bei einem Gewitter davon abgesehen werden, unter einem Baum Schutz zu suchen.

Mythos 2: Bei Gewitter soll man alle Stecker ziehen

Nach wie vor hält sich die Annahme, dass man bei einem Gewitter alle Geräte vom Strom trennen und sämtliche Netzstecker ziehen soll. Diese Behauptung ist bedingt richtig.

Wenn im Haus kein sogenannter Überspannungsschutz in Form von speziellen Geräten verbaut ist, kann der Strom bei einem Blitzeinschlag über die Leitungen in die Elektrogeräte gelangen und diese beschädigen. Daher empfiehlt beispielweise das Energieunternehmen „EnBW“ bei Gewitter alle Stecker von Elektrogeräten aus der Steckdose zu ziehen.

Ein sogenannter Überspannungsschutz ist mittlerweile übrigens Pflicht für alle Neubauten, die an das Stromnetz angeschlossen sind. Ob Ihr Haus über ein solches Schutzgerät verfügt, erfahren Sie bei Ihrer zuständigen Hausverwaltung.

Mythos 3: Blitze schlagen nie zweimal hintereinander an derselben Stelle ein

Die Behauptung, dass ein Blitz niemals zweimal hintereinander an der gleichen Stelle einschlägt, ist falsch.

Bereits im Jahr 2003 fanden Wissenschaftler der Universität Arizona heraus, dass nach einem ersten Blitzeinschlag oft in unmittelbarer Nähe ein zweiter folgen kann. Von 386 sogenannten Boden-Blitzen schlugen immerhin ganze 35 Prozent nur wenige Meter von der ersten Einschlagsstelle entfernt ein.

Hin und wieder konnten bei den Videoaufzeichnungen vom fünfstöckigen Campusgebäude aus sogar weitere nachfolgende Blitze beobachtet werden. Dabei schlugen der dritte und vierte nachfolgende Blitz oftmals wieder genau an der gleichen Stelle des ersten Blitzeinschlages ein – auch wenn der zweite Blitzeinschlag einige Meter entfernt lag.

Gewitter in Berlin - der Lustgarten, mit Berliner Dom und Fernsehturm im Hintergrund (Archivbild).
Gewitter in Berlin - der Lustgarten, mit Berliner Dom und Fernsehturm im Hintergrund (Archivbild).

© Imago

Mythos 4: Bei Gewitter wird die Milch sauer

Die alte Bauernweisheit, dass bei Gewitter die Milch sauer wird, stimmt nur bedingt. Zu Zeiten als noch nicht jeder Haushalt einen Kühlschrank besaß, wurde die Milch bei Gewitter tatsächlich schnell sauer. Schuld daran waren aber nicht Donner und Blitz, sondern die schwüle, warme Luft, die häufig mit einem Sommergewitter einhergeht.

Mythos 5: Kugelblitze gibt es nicht

Um sogenannte Kugelblitze ranken sich viele Mythen. Eine von ihnen besagt, dass es die kugelförmige Leuchterscheinung gar nicht geben solle und dass es sich dabei lediglich um Sinnestäuschungen oder Hirngespinste handeln solle. Tatsächlich ist die Frage, ob es Kugelblitze gibt, nicht so leicht zu beantworten.

Schon der weltbekannte Erfinder und Physiker Nicola Tesla soll bei der künstlichen Erzeugung von Blitzen auf das Phänomen Kugelblitz gestoßen sein, wie aus seinen Aufzeichnungen „Colorado Springs Notes“ von 1899 und 1900 hervorgeht. Auch in den nachfolgenden hundert Jahren beschäftigten die mysteriösen Lichtkugeln die Forschung.

Rund um Kugelblitze wurden die verschiedensten Hypothesen und Theorien entwickelt. Denn einen endgültigen Beweis für Kugelblitze oder eine Bild- oder Videoaufnahme blieben die Wissenschaftler lange verwehrt – bis zum Jahr 2012.

Als Forscher der „Northwest Normal University“ in China mithilfe von sogenannten Spektrometern und einer Kamera Gewitter näher untersuchen wollten, gelang ihnen die bahnbrechende Aufnahme eines Kugelblitzes – und zwar völlig unbeabsichtigt. Zu sehen ist eine Lichterscheinung, die direkt nach einem Blitzeinschlag etwa 10 Meter weit über den Boden wanderte.

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Mythos 6: Die Sekundenzahl zwischen Blitz und Donner verrät, wie weit das Gewitter entfernt ist

Der Mythos stimmt nur bedingt und bedarf einer Erklärung. Den physikalischen Gesetzen folgend ist Schall langsamer als das Licht. So kommt es zu dem Phänomen, dass man bei einem Gewitter zuerst den Blitz sieht und erst einige Sekunden später den Donner hören kann. Mithilfe einer einfachen Formel soll man die Entfernung eines herannahenden Gewitters berechnen können.

Bereits Schulkinder kennen die Faustformel: Sieht man einen Blitz, fängt man an, die Sekunden zu zählen – solange, bis der Donner einsetzt. Die Sekundenzahl wird durch Drei geteilt. Das Ergebnis soll schließlich verraten, wie viele Kilometer das Gewitter vom eigenen Standort aus noch entfernt ist. Für grobe Berechnungen kann diese Faustformel (mit einer Teilung durch Drei) also durchaus angewandt werden.

Hintergrund: In einer Sekunde kann der Schall 343,2 Meter zurücklegen, wenn die Luft trocken ist und eine Temperatur von 20 Grad herrscht. Für genauere Berechnungen kann man einen der etlichen Blitzrechner bedienen, die im Internet angeboten werden – zum Beispiel auf blitzrechner.de.

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Mythos 7: Schmuck und Piercings ziehen Blitze an

Ein weitverbreiteter Mythos besagt, dass Personen mit viel Schmuck oder Piercings Blitze mehr anziehen, als Personen ohne Schmuck. Dieser Mythos ist falsch.

Tatsächlich gilt Metall bei Blitzeinschlägen als ein guter Leiter für Strom. Wie Experten und Sachverständige des „VDE Ausschuss Blitzschutz und Blitzforschung“ (VDE ABB) klarstellen, sollen „selbst große Metallteile keine anziehende Wirkung auf Blitze“ zeigen. Dies gelte auch für Schmuckträger, da ein Blitz „die kleinen Metallteile an oder in Personen“ überhaupt nicht „sieht“.

Mythos 8: Bei Gewitter sollte man nicht duschen gehen

Darf man bei einem Gewitter duschen gehen oder nicht? Diese Frage ist immer wieder Bestandteil hitziger Diskussionen. Tatsächlich hängt die Antwort vom Zustand des Gebäudes ab.

In neueren Gebäuden sind die Wasserleitungen bereits häufig aus Kunststoff, so dass bei einem Blitzeinschlag kein Strom in die Dusche geleitet werden kann. Sind die Wasserleitungen (wie in einigen Altbauten) allerdings aus Metall, dann kann das Duschen bei einem Blitzeinschlag in das Haus tatsächlich gefährlich werden.

Mittlerweile wurden allerdings in vielen Gebäuden sogenannte Blitzschutzsysteme installiert, die ein bedenkenloses Duschen oder Baden auch während eines Gewitters ermöglichen.

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Mythos 9: Bei einem Gewitter ist das Auto der sicherste Ort

Einer gängigen Behauptung nach soll man bei einem Gewitter im Auto bleiben, weil man dort vor Blitzen geschützt ist. Dieser Mythos ist tatsächlich wahr.

Wie der „ADAC“ erklärt, dient das eigene Auto bei einem Blitzeinschlag als sogenannter „Faradayscher Käfig“. Dabei wird der Strom bei einem einschlagenden Blitz dank der Karosserie um die Insassen herum gelenkt und direkt in die Erde abgeleitet – allerdings nur, solange man im Auto keine Metallteile direkt berührt.

Das gleiche Prinzip funktioniert übrigens auch für Wohnmobile und Cabrios, solange das Verdeck geschlossen bleibt. Laut des „ADAC“ solle es mittlerweile in „nahezu jeder Verdeck-Konstruktion“ Metallstangen geben, die einen Blitzeinschlag direkt in den Boden leiten.

Fahrradfahrer und Motorradfahrer sollen bei einem Gewitter allerdings lieber absteigen und sich draußen sogar von dem Gefährt entfernen. Der „ADAC“ empfiehlt bei Gewittern mit Blitzeinschlägen Metallkonstruktionen jeglicher Art zu meiden.

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Mythos 10: Bei Gewitter sollte man nicht telefonieren

Die Annahme, dass man bei Gewitter nicht telefonieren sollte, ist nur bedingt wahr.

Tatsächlich bezog sich dieser Mythos damals eher noch auf Festnetz-Telefone, die über ein Kabel verfügen. Im ungünstigsten Fall kann ein Blitzeinschlag bei solchen Telefonen tatsächlich in die Leitung gelangen. Telefonierende sollen in einem solchen Fall aber höchstens einen kleinen Stromschlag spüren, wie der „Focus“ in einem Interview mit dem Blitzschutzexperten Thomas Raphael berichtet.

Seit einigen Jahren hält sich auch der Mythos, dass Blitze vermehrt in Handys einschlagen können. Wie „RP Online“ berichtet, sollen britische Forscher in diesem Zusammenhang auf den Fall eines 15-jährigen Mädchens verwiesen haben, das am Handy telefonierend von einem Blitz getroffen wurde, während es bei Gewitter durch einen Park spazierte.

Blitzschutz-Experten des „VDE ABB“ geben allerdings Entwarnung. So würde die Handy-Nutzung im Freien während eines Gewitters das Risiko eines Blitzeinschlages nicht erhöhen. Die elektromagnetische Strahlung eines Mobiltelefons oder der Umstand, dass das Gerät aus Metall sei, seien bei potentiellen Blitzeinschlägen eher als unrelevant einzustufen, wie es in einer Stellungnahme des „VDE ABB“ heißt.

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