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Volkmarsen-Karneval 2020: Fahrzeuge von Polizei und Feuerwehr stehen am Tatort.

© AFP/INA FASSBENDER

Update

Volkmarsen-Karneval 2020: Verdächtiger in Untersuchungshaft wegen Mordversuchs – Motiv weiter unklar

Im hessischen Volkmarsen lenkt ein 29-Jähriger sein Auto absichtlich in einen Karnevalsumzug. Fast 60 Menschen werden verletzt, darunter 18 Kinder.

Von Frank Jansen

Bei einem Rosenmontagszug im nordhessischen Volkmarsen ist ein Auto in eine Menschenmenge gefahren. Dabei wurden nach Angaben der Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft fast 60 Menschen verletzt. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt wegen eines versuchten Tötungsdelikts.

Gegen den Autofahrer ist Untersuchungshaft angeordnet worden. Ihm werden versuchter Mord, gefährliche Körperverletzung und gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr vorgeworfen, wie die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Dienstagabend mitteilte.

Am Dienstag befanden sich noch 35 Menschen in stationärer Behandlung, wie die Polizei in Kassel mitteilte. Zunächst hieß es, weitere 17 Menschen wurden demnach ambulant behandelt. Später korrigierte die Polizei die Gesamtzahl der Verletzten auf 60.

Das Polizeipräsidium bat alle Menschen, die Verletzungen davongetragen haben – „auch wenn keine ärztliche Behandlung notwendig war“ –, sowie alle Personen, die Hinweise zum Täter und dem Tathergang machen könnten, sich unter der Rufnummer 0800/1103333 zu melden.

Die Zahl der verletzten Kinder liege bei 18, das jüngste sei zwei Jahre alt, teilte die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main mit. Wie stark die Kinder verletzt sind, ist nicht bekannt. Laut dem Hessischen Rundfunk ist das älteste Opfer 85 Jahre alt.

Polizei: „Wir ermitteln in alle Richtungen“

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeigt sich indes „tief erschüttert“ über den Vorfall. „Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen. Ich wünsche den Verletzten von Herzen eine vollständige Genesung“, sagte er laut einer Mitteilung vom Dienstag auf Facebook. Steinmeier dankte zudem den Helfern: „Mein Dank gilt den Einsatzkräften vor Ort.“

Zum Motiv könne man nichts sagen, teilte der Sprecher der Behörde, Alexander Badle, am Montag mit. „Wir ermitteln in alle Richtungen.“ Zuvor hatte es zu den Hintergründen zum Teil widersprüchliche Angaben der Polizei gegeben. Der Fahrer wurde nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft festgenommen, ist deutscher Staatsbürger, 29 Jahre alt und kommt aus Volkmarsen. Er erlitt Verletzungen und soll einem Ermittlungsrichter vorgeführt werden, sobald sein Gesundheitszustand dies zulasse.

Hinweise auf eine politisch motivierte Straftat lagen nicht vor. Das hessische Innenministerium schloss einen Anschlag nicht aus. Ein Sprecher der Behörde begründete das am Montag mit der Situation vor Ort. Der Fahrer war nach ersten Erkenntnissen den Behörden nicht als Extremist bekannt, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Sicherheitskreisen erfuhr. Allerdings war der Mann der Polizei in der Vergangenheit durch Beleidigung, Hausfriedensbruch und Nötigung aufgefallen.

Volksmarsen ist eine Kleinstadt im nordhessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg mit rund 6800 Einwohnern. Sie ist rund 30 Kilometer von Kassel entfernt.

Fahrer war nicht alkoholisiert

Medien- und Augenzeugenberichte, wonach der Tatverdächtige stark alkoholisiert war, bestätigten die Ermittler nicht. Der Mann sei nicht alkoholisiert gewesen – ob er unter Drogeneinfluss gestanden habe, stehe noch nicht fest, sagte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Dienstag. Bislang sei der Mann nicht vernehmungsfähig.

Eine Nachbarin hatte am Montag zu RTL gesagt: „Ich habe ihn heute wegfahren sehen, er sah aus, als stünde er unter Drogen und sagte, „bald stehe ich in der Zeitung“.

Die Polizei war nach dem Vorfall mit einem großen Aufgebot vor Ort. Es wurde umgehend eine „Besondere Aufbauorganisation“ im Polizeipräsidium Frankfurt eingesetzt, von dort wird die Lage geführt. Die Karnevalisten in Hessen sagten eine Reihe geplanter Umzüge für Dienstag ab – viele hielten jedoch auch an ihren Plänen fest. Die polizeiliche Präsenz wurde landesweit verstärkt.

Zweite Festnahme nach Amok-Fahrt in Volkmarsen

Ein sogenanntes Gaffervideo hatte zu einer zweiten Festnahme bei dem Zwischenfall beim Rosenmontagszug geführt. Ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt sagte, gegen den Festgenommenen werde wegen „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Filmaufnahmen“ ermittelt. Ob es darüber hinaus einen Zusammenhang zu dem Vorfall am Montag gegeben habe, müsse noch ermittelt werden.

Daneben hätten sich bereits Zeugen gemeldet, die während des Rosenmontagszuges Handyfotos oder Videos gemacht hatten, um ihre Aufnahmen den Ermittlern zur Verfügung zu stellen.

Das ist bislang über die vorsätzliche Fahrt in den Karnevalsumzug bekannt:

  • Im nordhessischen Volkmarsen ist ein Auto in einen Rosenmontagsumzug gefahren.
  • Die Polizei geht nach bisherigen Erkenntnissen von 52 Verletzten aus. Darunter seien 18 verletzte Kinder.
  • Hinweise auf eine politisch motivierte Tat liegen nicht vor.

Ein Zeuge berichtete laut „Bild“-Zeitung, erboste Menschen seien am Tatort mit erhobenen Fäusten auf den Fahrer zugelaufen, die Polizei habe ihn schützen müssen. Laut dem Vorsitzenden der Volkmarser Karnevalsgesellschaft, Christian Diste, hatten an dem Umzug 700 Menschen in 27 Gruppen teilgenommen.

Die Polizei Nordhessen richtete nach dem Zwischenfall ein Hinweisportal ein. Sie warnte zudem vor dem Verbreiten angeblicher Fotos des Täters. „Bei der abgebildeten Person handelt es sich definitiv nicht um den Täter“, schrieb die Polizei Nordhessen am späten Montagabend bei Twitter.

„Teilen Sie keine Falschnachrichten!“, hieß es. Dazu stellte sie ein Bild, auf dem mehrere Menschen zu sehen sind, die neben einem Auto stehen. Ihre Gesichter wurden unkenntlich gemacht. Es würden derzeit Fotos kursieren, die angeblich die Festnahme des Täters zeigen sollen, hieß es in dem Tweet.

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Die Zeitung „Hessische/Niedersächsische Allgemeine“ berichtete, Zeugen hätten geschildert, dass der Fahrer die Absperrung umgangen habe und dann mit Vollgas auf die Menschenmenge zugerast sei. Die Zeugen hätten den Eindruck gehabt, dass der Fahrer es vor allem auf Kinder abgesehen hatte. Von der Polizei gab es dazu keine Angaben.

Kanzlerin Merkel wünscht „baldige und vollständige Genesung“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat nach Angaben der stellvertretenden Regierungssprecherin Ulrike Demmer den Verletzten des Zwischenfalls in Volkmarsen baldige Genesung gewünscht. „Meine Gedanken sind bei den Verletzten von Volkmarsen und ihren Angehörigen. Ich wünsche allen baldige und vollständige Genesung. Einen herzlichen Dank an die Polizei und alle medizinischen Einsatzkräfte“, zitierte Demmer Merkel bei Twitter.

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Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier sprach von einem Anschlag. Er erklärte jedoch zugleich, die Hintergründe seien „bisher unklar und ich bitte darum, nicht über mögliche Motive zu spekulieren“. Die Ermittler arbeiteten mit Hochdruck „an der Aufklärung dieser Gewalttat“.

Bouffier erklärte, er sei tief betroffen. „Ich bin schockiert über diese schlimme Tat, durch die viele unschuldige Menschen zum Teil schwer verletzt worden sind.“ Er sei mit seinen Gedanken bei den Opfern und ihren Angehörigen und Freunden und wünsche allen eine schnelle und vollständige Genesung.

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Volkmarsens Bürgermeister Hartmut Linnekugel (parteilos) sagte: „Wir sind alle betroffen, alle tief geschockt.“ Im Rathaus sei ein Notlagezentrum mit Seelsorge und Polizeikräften eingerichtet worden, das bis Dienstag geöffnet bleibe.

Das Auto fuhr in die Menge am Straßenrand.
Das Auto fuhr in die Menge am Straßenrand.

© Elmar SCHULTEN / AFP

Bereits am Sonntag hatte es nach Angaben der örtlichen Feuerwehr einen Zwischenfall bei einer Karnevalsveranstaltung in einer Halle in Volkmarsen gegeben: Wegen eines Feueralarms seien der Veranstaltungsort geräumt und der betroffene Bereich kontrolliert worden, schrieb die Feuerwehr auf Facebook.

Der Grund für den Alarm sei nicht feststellbar gewesen, anschließend sei die Veranstaltung nach einer kurzen Unterbrechung fortgesetzt worden. Ob es einen Zusammenhang zwischen den Vorfällen gibt, ist unklar. (dpa, AFP, Reuters)

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