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Panorama: Vera Brühne: Der Hang zum süßen Leben

"Lebedame" hieß das Wort, das die Öffentlichkeit erregte, damals, 1962, als in München eine hoch attraktive, blondierte Frau vor Gericht stand. Kaum ein Prozess der Nachkriegszeit hat die Menschen so aufgewühlt wie der gegen Vera Brühne.

Von Andreas Oswald

"Lebedame" hieß das Wort, das die Öffentlichkeit erregte, damals, 1962, als in München eine hoch attraktive, blondierte Frau vor Gericht stand. Kaum ein Prozess der Nachkriegszeit hat die Menschen so aufgewühlt wie der gegen Vera Brühne. Am Tag, an dem das Urteil gefällt wurde, strömte bereits am frühen Morgen eine Menschenmenge zum Gericht.

Vera Brühne wurde wie der zweite Angeklagte Johann Ferbach zu lebenslanger Haft verurteilt, wegen Doppelmordes an dem Arzt Otto Praun und dessen Haushälterin Elfriede Kloo. Die Zeitungsberichte über die Frau füllen Wäschekörbe, die Zahl der Fernsehsendungen ist nicht zu überschauen, die Spekulationen über ihre Unschuld halten bis heute an.

Am Dienstag starb Vera Brühne im Alter von 91 Jahren im Münchener Krankenhaus Rechts der Isar. Sie hatte immer ihre Unschuld beteuert, zuletzt vor neun Monaten in einem Interview der "Süddeutschen Zeitung". Seit 1979 hatte sie wieder in Freiheit gelebt, dank Franz Josef Strauß, der sie als Ministerpräsident des Freistaates Bayern begnadigte.

"Sicherlich. Man wollte mich zur Lebedame machen", sagte Vera Brühne der "Süddeutschen Zeitung". "Ich war keine Lebedame. Ich habe ein normales Leben geführt. Ich habe hier meinen Haushalt gemacht und für mein Kind gesorgt und habe Zimmer vermietet. Also, einfacher geht es wirklich nicht. Ich war eben eine auffallende Erscheinung, und das hat mich den Kopf gekostet."

Wechselnde Bekanntschaften

Es war in der Tat die auffallende Erscheinung dieser Frau, die dem Prozess zu dieser Aufmerksamkeit verhalf. Es ging um Sex und um das Leben einer Frau, die wechselnde Bekanntschaften mit Männern hatte, die ihr Geld gegeben haben sollen.

Das Mordopfer Praun hatte Brühne als Erbin eingesetzt. Als die Gefühle der beiden abkühlten, drohte Brühne eine Änderung des Testaments. Das war laut Anklage das Motiv, den Mord in Auftrag zu geben. Die Tat sollte Ferbach ausführen, dem sie ein gemeinsames Leben in Saus und Braus versprochen haben soll.

Als das Urteil verkündet wurde, brach Vera Brühne zusammen. Der Vorsitzende Richter sagte bei der Urteilsbegründung: "Es muss hier mit aller Deutlichkeit gesagt werden, dass sich das Schwurgericht nicht einen Augenblick lang als Sittenrichter gefühlt und den Lebensstil der Vera Brühne mit ihrer Tat in Verbindung gebracht hat."

Das Urteil rief verschiedene Emotionen hervor. Anhänger der Todesstrafe meldeten sich zu Wort, andere glaubten fest an ihre Unschuld.

Recherchen von Journalisten im Fall Brühne führten später auf die Fährte eines angeblichen politischen Komplotts, bei dem die wahren Mörder im Verborgenen blieben. Danach soll Praun sein erhebliches Vermögen als Waffenschieber im Dienst des Bundesnachrichtendienstes (BND) erwirtschaftet haben. Sein Tod soll auf einen vom BND gedungenen Mörder zurückgehen. Beweise für diese Vermutungen wurden aber nie vorgelegt. Auch Hinweise, Franz Josef Strauß, der Vera Brühne begnadigte, sei als damaliger Bundesverteidigungsminister in den Fall involviert gewesen, wurden nie erhärtet. Der WDR-Film "Lebenslänglich für Vera Brühne" deckte zahlreiche Widersprüche und Lügen im Prozess auf.

Hans Ferbach starb im Juni 1970 in einem Straubinger Gefängnis. Der Privatsender SAT.1 im letzten Jahr den TV-Zweiteiler "Vera Brühne" gedreht. In die Hauptrolle schlüpfte Corinna Harfouch, in weiteren Rollen spielen Uwe Ochsenknecht, Ulrich Noethen, Fritz Wepper und Katja Flint. Das Buch schrieb Hark Bohm, der auch Regie führte. Bleibt es wirklich bei dem Ausstrahlungstermin im Herbst? Ein Sprecher des Senders sagt Ja. "Wir bleiben bei diesem Termin und werden die Ausstrahlung aus aktuellem Anlass nicht vorziehen, um einen Schnellschuss zu produzieren".

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